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Theologin Regina Ammicht-Quin poltert gegen Bischof Fürst


19.06.11

Theologin Regina Ammicht-Quin poltert gegen Bischof Fürst

Bischof von Rottenburg-Stuttgart sagt Studientagung "Let's think about sex" wegen mangelnder Ausgewogenheit ab

(MEDRUM) Der Bischof von Rottenburg-Stuttgart, Gebhard Fürst, hat eine Studientagung an der Akademie seines Bistums abgesagt, die sich unter der Überschrift "Let's think about sex" einseitig gegen die katholische Auffassung von Geschlechtlichkeit und Sexualität zu richten drohte. Die bischöfliche Entscheidung bezeichnete Regina Ammicht-Quin, Professorin am Institut für Ethik der Universität Tübingen und ehemals Staatsrätin der Landesregierung Baden-Württembergs im Kabinett von Stefan Mappus, als "skandalös".

Die Frankfurter Rundschau berichtet am 18. Juni 2011 unter der Überschrift "Kein Sex bitte, wir sind katholisch" über die Absage der Studientagung "Let's think about sex", die vom 4. bis 6. Oktober 2011 als Fachtagung an der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart in Stuttgart-Hohenheim stattfinden sollte. In einer Stellungnahme werde die Absage mit der Befürchtung von Bischof Fürst begründet, dass die Tagung zu Polarisierungen führe, die ein Gespräch zwischen den Vertretern der unterschiedlichen theologischen und kirchenpolitischen Richtungen sehr erschweren oder unmöglich machen würde, schreibt die Frankfurter Rundschau. Uwe Renz habe als Sprecher des Bistums vor allem auf die einseitige Besetzung der Tagung hingewiesen. Sie sei aus Sicht des Bischofs nicht ausgewogen. Der SWR berichtete, es habe zuvor aus konservativer Richtung erhebliche Kritik an der Einseitigkeit der Tagung gegeben.

Als Kritikerin der bischöflichen Entscheidung führt die Frankfurter Rundschau vor allem die Theologin Regina Ammicht-Quin ins Feld. Sie will die Sorge des Bischofs nicht gelten lassen und wies den Vorwurf der Einseitigkeit mit dem Argument zurück, es handele sich um eine wissenschaftliche Tagung. Die Absetzung sei skandalös, so Ammin-Quinn laut Frankfurter Rundschau. Ammicht-Quinn war selbst als Referentin der Tagung vorgesehen. Sie wollte zum Thema "Die Beziehung zwischen Sexualität und Moral - A Marriage made in Heaven?" sprechen.

Inhaltliche Konzeption der Studientagung

Die Studientagung trug den Untertitel "Obsessionen der Moderne, Katholische Sexualmoral, ‚Guter Sex’ ". Im ersten Teil sollte es darum gehen, "Denkfiguren und Leitbilder, ihre historischen Voraussetzungen und in der Folge auch den hermeneutischen Prozess unterschiedlicher Vorstellungen von Körper und Sexualität zu entfalten". In der Ausschreibung war die Studientagung in vier Blöcke aufgeteilt. Der Sinn dieser Veranstaltungsteile wurde wie folgt beschrieben:

I. DENKFIGUREN UND LEBENSBILDER

Im geschlossenen System der (Neu)Scholastik kommt die katholische Sexualmoral zu stringenten und problematisch zeitlosen Schlüssen. Erst die dahinter liegenden Gedankenkonstrukte, inklusive eines Blickes in die Historie, erlauben es, diese hermeneutischen Gebilde nach ihrer Lebenstauglichkeit und nach ihrer moralischen Kompetenz zu befragen - damals wie heute.

II. WER DARF MIT WEM, WIE UND WANN BESSER NICHT?

Wie sehr Sexualität ein Produkt historisch-kultureller Prozesse ist, zeigt die Beschäftigung mit den sexuellen Gepflogenheiten unterschiedlicher Epochen und Kulturen. Es bleibt dabei aber nicht bei der Beschreibung, denn die Weitergabe solcher sexueller Normierungen führt nicht nur zu moralischen Bewertungen, sondern diese prägen auch selbst wieder sexuelles Verhalten und sexuelles Empfinden. Ein Kreislauf aus Lust und Bewertung nimmt seinen Lauf...

III. BESONDERE LEBENSFORMEN UND LEBENS﷓PHASEN BRAUCHEN BESONDERE PFLEGE

Ein Blick in die Geschichte, ein Blick in andere Kulturen, ein Blick in unser Umfeld zeigt, dass es nicht die Sexualität, sondern Sexualitäten gibt. Sexualität verändert sich im Laufe eines Lebensprozesses durch die Reifungsphasen, Erfahrungen, Umwelt usw. Die Sexualwissenschaft weiß aus dem Blickwinkel der Entwicklungspsychologie heraus, was gute und weniger gute Bedingungen sind, damit Menschen ihre Form der Sexualität entwickeln können und dabei psychisch gesund bleiben - und dies auch unter besonderen Bedingungen und in besonderen Lebensformen.

IV. MACHT - SEXUALITÄT - KIRCHE

Sexualität hat aber nicht nur eine individualpsychologische Komponente und Wirkung, sondern die Wertsysteme etablieren sich auch in der Gruppe und somit in Institutionen, die damit das Verhalten von Menschen steuern möchten. Soziologisch gesehen übt die katholische Kirche den Versuch aus, Menschen mit ihren sexuellen Wertvorstellungen so zu beeinflussen. Kirchliches Handeln verursacht hier jedoch zunehmende Ablehnung, weil es in den privatesten Bereich des Menschen vordringt.

Die umstrittene Referentenliste

Als Referenten waren für die Studientagung vorgesehen:

  • Prof. Dr. Hubertus Lutterbach, Essen: Sexualität macht unrein? Ein religionsgeschichtlicher Durchblick zwischen Antike und Gegenwart. (Hubertus Lutterbach ist Autor des Buches "Sexualität im Mittelalter" und gehört zu den Erstunterzeichnern des Theologen-Memorandums)
  • Prof. Dr. Saskia Wendel, Köln: Kritischer Diskurs - Die philosophischen Voraussetzungen des naturalistischen Denkens, Weiterentwicklungen auf dem Hintergrund der Gender/Queerstudy-Debatte. (Saskia Wendel ist Autorin des Buches "Feministische Ethik zur Einführung.")
  • Prof. Dr. Nina Degele, Freiburg: Checking Bodies - Körper zwischen Kultisierung, Tabuisierung und Funktionalisierung. (Nina Degele ist Autorin des Buches "Einführung Gender/Queer Studies")
  • Prof. Dr. Erwin J. Haeberle, Berlin: Sexualmoral und Sexualwissenschaft. (Erwin J. Haeberle ist Mitherausgeber des Buches "Bisexualitäten - Ideologie und Praxis des Sexualkontaktes mit beiden Geschlechter.")
  • Prof. Dr. Ilka Quindeau, Frankfurt/M: Jenseits der Geschlechterdichotomie - Eine alteritätstheoretische Konzeptualisierung von weiblicher und männlicher Sexualität. (Ilka Quindeau ist zusammen mit Volkmar Sigusch Herausgeber des Buches "Freud und das Sexuelle. Psychoanalytische und sexualwissenschaftliche Perspektiven.")
  • Dr. theol. Norbert Reck, München: Zwischen Funktionalisierung und Dämonisierung - Gleichgeschlechtliches Verlangen im Christentum. (Norbert Reck ist Autor des Buches "Abenteuer Gott. Den christlichen Glauben neu denken")
  • Dr. Wunibald Müller, Münsterschwarzach: Was sein muss - kann das auch sein?! Die zölibatäre Lebensform und ihre Risiken
  • Prof. Hertha Richter-Appelt, Hamburg: Sexuelle Traumatisierungen und ihre Folgen. (Richter-Appelt ist Mitherausgeberin des Buches "Geschlecht zwischen Spiel und Zwang")
  • Prof. Ottmar Fuchs, Tübingen: Die Macht der Reinheit - Praktisch-theologische Kritik kirchlicher Realitäts- und Humanitätsdefizite. (Ottmar Fuchs ist Autor des Buches "Im Innersten gefährdet - Für ein neues Verhältnis von Kirchenamt und Gottesvolk")
  • Joachim Frank Lic., Chefkorrespondent der DuMont-Mediengruppe: Gewalt, Sexualität und Kirche in den Augen der Öffentlichkeit
  • Prof. Erik Borgman, Tilburg NL:  Die Kirche und die Erbsünde: Lässt sich eine sündige Kirche zusammen denken mit der Erlösung? (Erik Borgman ist zusammen mit Regina Ammicht-Quinn und Norbert Reck Herausgeber des Buches "Homosexualitäten")
  • Prof. Dr. Konrad Hilpert, München: Neue Wege in der katholischen Sexualmoral! (Konrad Hilpert gehört zu den Erstunterzeichnern des Theologen-Memorandums)
  • Prof. Dr. Regina Ammicht-Quinn, Tübingen: Die Beziehung zwischen Sexualität und Moral - A Marriage made in Heaven? (Regina Ammicht-Quinn ist Mitherausgeberin der Zeitschrift Consilium, die u.a. von Hans Küng gegründet wurde)

Ziel: Formulierung von "Eckpunkten gelungener Sexualität"

Im zweiten Teil sollten aus der Betrachtung von unterschiedlichen Perspektiven "mit Unterstützung aus den Bereichen der Geschichte, Philosophie, Sexualwissenschaft, Psychologie und Theologie" Eckpunkte für ein neues Sprechen zeitgemäßer Sexualmoral gewonnen werden, um Orientierung zu bieten. Im Programm hieß es dazu: "Formulierung von Eckpunkten gelungener Sexualität". Nicht ohne Grund habe das Memorandum "Kirche 2011: Ein notwendiger Aufbruch" dringenden Diskussionsbedarf in Fragen der Sexualmoral erklärt, hieß es in der Ausschreibung der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart.

Regina Ammicht-Quin - Widersacherin von Bischof Fürst und der katholischen Lehre

Die Kritik von Regina Ammicht-Quin kommt kaum überraschend. Sie ist keine Unbekannte. Schon seit etlichen Jahren vertritt sie eine Auffassung von der Geschlechtlichkeit des Menschen, die in zentralen Punkten dem biblischen Geschlechterethos widerspricht. So meinte Ammicht-Quin beispielsweise in einem Interview mit dem Kölner Stadtanzeiger 2008, es gebe mehr als zwei Geschlechter. Die römisch-katholische Kirche bezeichnete sie als eine Unterdrückungsinstanz. Vor diesem Hintergrund kann durchaus vermutet werden, daß die studierte Theologin Ammicht-Quinn bei der abgesagten Studientagung vermutlich als Protagonistin einer neuen Lehre von der Geschlechtlichkeit und Sexualität des Menschen auftreten wollte. Doch aus dem geplanten Auftritt an der Akademie des Bistums wird nun - zumindest vorerst - nichts. Das Bistum wird Ammicht-Quin nicht das von ihr erhoffte Podium bieten.

Ammicht-Quin machte bereits in der Vergangenheit Schlagzeilen. Zweimal scheiterte sie als sie versuchte, die Lehrbefugnis als Professorin für katholische Theologie zu erhalten. In beiden Fällen erhielt sie jedoch nicht die dafür notwendige Unbedenklichkeitsbescheinigung "nihil obstat" (nichts steht entgegen) von der katholischen Kirche. Als Bischof von Trier erteilte 2004 der heutige Kardinal Reinhard Marx der Theologin Ammicht-Quinn nicht die Lehrbefugnis, um an der Universität Saarbrücken katholische Theologie lehren zu können. Auch im Jahr 2000 hatte Ammicht-Quinn vergeblich versucht, die katholische Lehrbefugnis zu erhalten.

Während es Ammicht-Quinn nicht gelang, als Professorin für katholische Theologie tätig zu werden, waren ihre Bemühungen auf dem politischen Parkett von größerem Erfolg gekrönt. Der ehemalige Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Stefan Mappus, hatte sie 2010 als "Staatsrätin für interkulturellen und interreligiösen Dialog sowie gesellschaftliche Werteentwicklung" in sein Kabinett berufen.

Ammicht-Quinn gibt sich mit der Absetzung der Studientagung nicht zufrieden. Laut Frankfurter Rundschau ist sie gemeinsam mit weiteren Referenten, unter ihnen FR-Chefredakteur Joachim Frank, bemüht, die Veranstaltung in einem anderem Rahmen durchführen zu lassen.


18.06.11 Frankfurter Rundschau Kein Sex bitte, wir sind katholisch
18.06.11 SWR Bischof sagt Tagung über Sex und Kirche ab
07.04.08 Kölner Stadtanzeiger Regina Ammicht Quinn: „Es gibt mehr als zwei Geschlechter”

Leserbriefe

Vor allem für einen kathol. Christen liegt die entscheidende Verantwortung betr. Lehrauffassungen letztlich beim Bischof, der auf Grund seines Weihesakramentes dem Lehramt der Kirche vor seinem Gewissen Christus dem Herrn und dem Haupt Seiner Kirche, unterstellt und verpflichtet ist. Ein kath. Bischof untersteht darin nicht den noch so vielen Professoren und hätten diese auch jede Menge akademische Titel der Theologie. Diese unterstehen aber immer noch dem Wort Gottes, wie es in der Hl. Schrift offenbart ist. Zum Thema "Geschlechtlichkeit" liest man im Buch GENESIS, Kap. 1, 27: Gott schuf den "Menschen als sein Abbild... als Mann und Frau schuf er sie." Dagegen vertritt die obengen. Professorin ihren Standpunkt, es gebe mehr als zwei Geschlechter! Sind Theologieprofessoren eigentlich nicht dazu da, den christl. Glauben an das Wort Gottes noch leuchtender darzustellen u. zu stärken, statt Verwirrung zu stiften bei den Gläubigen. Gerade unter diesem entscheidendem Gesichtspunkt hat ja ein Bischof mit seinem Hirten- u. Wächteramt die Verpflichtung, die im anvertrauten Gläubigen vor seelischem Schaden und Verwirrung zu schützen und zu bewahren. Es ist so absolut unverständlich, daß die hier aufgezählten, vorgesehenen 13 Referenten dieses offenbar einfach nicht voraussetzten und auch nicht selbstkritisch sich fragten, ob sie nicht infolge ihrer wohl mitunter neuen Morallehren bei den ihnen zuhörenden Christen seelischen Schaden anrichten könnten. Sollten sie etwa für eine solche Frage an sich selbst wohl zu stolz sein und überheblich sein?