Sie sind hier

Unter dem Druck von Parteivertretern bezieht Bundesbank Stellung gegen Sarrazin


30.08.10

Unter dem Druck von Parteivertretern bezieht Bundesbank Stellung gegen Sarrazin

(MEDRUM) Die Bundesbank hat sich entschieden von den Äußerungen Thilo Sarrazins distanziert und will in Kürze über weitere Schritte entscheiden.

In einer Pressemitteilung erklärte die Bundesbank heute:

Der Vorstand der Deutschen Bundesbank distanziert sich entschieden von diskriminierenden Äußerungen seines Mitglieds Dr. Thilo Sarrazin. Dr. Sarrazin, ein ehemaliges Mitglied des Berliner Senats, hat sich mehrfach und nachhaltig provokant geäußert, insbesondere zu Themen der Migration. Diese Äußerungen stehen in keinem Zusammenhang mit den Aufgaben der Deutschen Bundesbank. Dr. Sarrazin gibt darin nicht die Ansichten der Deutschen Bundesbank wieder.

Aufgrund ihrer besonderen Stellung sind die Mitglieder des Vorstandes der Deutschen Bundesbank verpflichtet, bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Gesamtheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergeben. Diese Verpflichtung missachtet Dr. Sarrazin mit seinen Äußerungen fortlaufend und in zunehmend schwerwiegendem Maße.

Nach dem Verhaltenskodex für Vorstandsmitglieder der Deutschen Bundesbank müssen sich die Vorstandsmitglieder jederzeit in einer Weise verhalten, „die das Ansehen der Bundesbank und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Bundesbank aufrecht erhält und fördert" (Nummer 1 Absatz 3). Der Vorstand der Bundesbank stellt fest, dass die Äußerungen von Dr. Sarrazin dem Ansehen der Bundesbank Schaden zufügen. Obwohl diese Äußerungen als persönliche Meinung deklariert sind und Dr. Sarrazin ausdrücklich nicht für die Bundesbank spricht, werden sie zunehmend der Bundesbank zugerechnet.

Die Bundesbank ist eine Institution, in der Diskriminierung keinen Platz hat. Die abwertenden Äußerungen von Dr. Sarrazin sind geeignet, den Betriebsfrieden erheblich zu beeinträchtigen, zumal zahlreiche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen Migrationshintergrund haben. Die Bundesbank dankt ausdrücklich allen Beschäftigten für ihren Beitrag zur Erfüllung der Aufgaben der Bundesbank und für die Loyalität, die sie der Institution erweisen.

Der Vorstand der Deutschen Bundesbank wird unverzüglich ein Gespräch mit Herrn Dr. Sarrazin führen, ihn anhören und zeitnah über die weiteren Schritte entscheiden.

Wie aus dieser Erklärung hervorgeht, wertet die Bundesbank die Äußerungen von Sarrazin als "diskriminierend" und geht davon aus, daß das Vertrauen der Öffentlichkeit beeinträchtigt ist. Allerdings wird keine Aussage darüber gemacht, wie der Vorstand zu dieser Aussage kommt, ob er sich dabei auf eine mehrheitliche Auffassung in der Bevölkerung bezieht oder auf die Aussagen prominenter Parteipolitiker und Medienvertreter. Einer Umfrage von WELT-Online zufolge würde die Bundesbank das Gegenteil von dem bewirken, was sie behauptet, denn 90 Prozent der Umfrage-Teilnehmer sprechen sich dagegen aus, Sarrazin als Vorstandsmitglied zu entlassen. Zum selben Ergebnis kommt auch eine Leserumfrage der BERLINER MORGENPOST. Hier sprechen sich fast 80 Prozent der Befragten gegen eine Entlassung von Sarrazin aus. Dies erklärt, weshalb das Buch von Sarrazin reißenden Absatz findet.

Die Bundesbank würde den Umfragen der WELT und BERLINER MORGENPOST zufolge kein Vertrauen erhalten oder gewinnen, sondern das in die Bundesbank gesetzte Vertrauen der Öffentlichkeit mit einem Ausschluß Sarrazins erschüttern. Diese Einschätzung wird auch durch eine repräsentative Umfrage aus 2009 belegt, die das Emnid-Institut im Auftrag von BILD durchgeführte. Nach dieser Umfrage finden 69 Prozent der Bundesbürger, es sei richtig, dass Sarrazin eine Debatte über Integration angestoßen hat. Nur 22 Prozent meinen, er hätte besser seinen Mund gehalten. Nicht erschüttert hingegen wäre das Vertrauen der Grünen-Politikerin Claudia Roth. Die ehemalige Managerin der Band TON STEINE SCHERBEN beschimpfte Sarrazin in der "Leipziger Volkszeitung" als "Quartalsirren".


MEDRUM -> Thilo Sarrazin bei Beckmann zu Gast

MEDRUM -> SPD-Parteivorstand will Thilo Sarrazin aus Partei ausschließen


30.08.10 FAZ Thilo Sarrazin: „Böswillige Interpretation“
11.10.09 Bild Das Grob-Maul
01.10.09 Frankfurter Rundschau Staatsanwalt ermittelt gegen Sarrazin