30.06.09
Familienpolitische Vorstellungen im Wahlprogramm der CDU und CSU
(MEDRUM) Die Familienpolitik der Parteien gehört zu den wichtigsten Gestaltungsfeldern der Politik. Welche Aussagen dazu von der Christlich-Demokratischen und Christlich-Sozialen Union gemacht werden, wird hier zur Information als Beitrag für die Meinungsbildung abgedruckt.
Auszug aus dem "Regierungsprogramm 2009 - 2013" von CDU und CSU, das von den Spitzen der Parteien am 28.06.09 beschlossen wurde:
"CDU und CSU wollen eine familiengerechte und kinderfreundliche Gesellschaft in Deutschland. Wir werden es den Familien leichter machen, so zu leben, wie sie es selbst wollen. Jedes Kind ist willkommen. Wir wollen, dass sich mehr junge Menschen in Deutschland für Kinder entscheiden. Wir wollen Zuversicht und Optimismus stärken und objektive Hürden im Alltag senken – denn die Entscheidung für Kinder fällt leichter, wenn die Eltern Vertrauen in die Zukunft haben. Ein Leben mit Kindern macht Freude. Wir wollen, dass Familien mehr finanzielle Gerechtigkeit erfahren und Mütter, Väter und Kinder mehr Zeit füreinander finden. Wir vertrauen den Eltern, dass sie nur das Beste für die Kinder wollen und mit Liebe, Zuwendung und Zeit ihre Kinder ins Leben begleiten. Starke Familien sind der beste Kinderschutz. Deshalb wollen wir Familien unterstützen und ermutigen, die nötigen Fähigkeiten zu erwerben, um Kinder zu verantwortungsbereiten Menschen zu erziehen.
- Wir respektieren die Entscheidungen von Menschen, in vielfältigen Formen des Zusammenlebens ihren Lebensentwurf zu verwirklichen. Dies gilt für die Ehe und für nichteheliche Lebensgemeinschaften von Frauen und Männern ebenso wie für gleichgeschlechtliche Partnerschaften. Eine vollständige rechtliche Gleichstellung solcher Lebensgemeinschaften mit der Ehe lehnen CDU und CSU ab.
- Kinder zu haben, darf nicht zu Benachteiligung führen. Gemeinsam mit der steuerlichen Besserstellung von Familien durch die Anhebung des Grundfreibetrages ist auch das Kindergeld anzuheben. Weil es Familien mit mehreren Kindern besonders schwer haben, wollen wir das Kindergeld für das dritte Kind und für jedes weitere Kind verbessern.
- Wir wollen das Elterngeld weiterentwickeln und Eltern sowie Betriebe durch die Einführung eines Teilelterngeldes unterstützen: Eltern können wählen, ob sie einen vollen oder einen halben Elterngeldmonat nutzen. Teilelterngeld kann dann bis zu 28 Monate bezogen werden. Die Eltern arbeiten reduziert, erhalten für das ausfallende Einkommen Teilelterngeld und können sich Zeit für ihr Neugeborenes nehmen. Die Unternehmen halten ihre Fachkräfte. Auch Alleinerziehende und Selbständige profitieren ohne Abstriche.
- Wir wollen nicht, dass Eltern zu einem Lebensmodell gedrängt werden, das sie nicht wollen. Vielmehr sollen sie selbst entscheiden, wie sie ihre Kinder erziehen. Wir sorgen deshalb für mehr und bessere Betreuungsangebote. Für Kinder unter drei Jahren wird bis 2013 mit Unterstützung des Bundes durch Länder, Kommunen und freie Träger ein bedarfsgerechtes Angebot geschaffen. Danach gilt ein Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab dem ersten Lebensjahr. Wir werden die Zusage einlösen, dass Eltern ab 2013 ein Betreuungsgeld monatlich erhalten, wenn sie keinen Krippenplatz in Anspruch nehmen. Das Betreuungsgeld ist unbürokratisch auszugestalten. Wenn die Ausbauziele für die Kinderbetreuungseinrichtungen bereits vor 2013 erreicht werden, wollen wir auch das Betreuungsgeld vorzeitig einführen.
- Die frühe Kindheit ist eine Zeit der Prägung, die genutzt werden soll. Zugleich ist es aus Sicht der Kinder eine Zeit der Entwicklung und der spielerischen Entfaltung, die nicht mit Ansprüchen überfrachtet werden darf. Eltern müssen sich darauf verlassen können, dass Erzieherinnen und Erzieher, Tagesmütter und -väter dem gerecht werden. Wir wollen die Qualität in der Aus-, Fort- und Weiterbildung der pädagogischen Kräfte, in der pädagogischen Konzeption und auch in der Zusammenarbeit mit den Eltern fördern. Unser Ziel ist es, diese Inhalte für Fachkräfte in der Kinderbetreuung gemeinsam mit Ländern und Kommunen praktisch und alltagstauglich zu machen. Wir wollen zwischen Bund, Ländern und den Tarifpartnern konkrete Schritte verabreden, um gut qualifizierte Erzieherinnen und Erzieher zu gewinnen und zu halten.
- Den Kindergartenbesuch wollen wir langfristig beitragsfrei ermöglichen. Voraussetzung ist eine solide und nachhaltige Finanzierung.
- Wir wollen die Bedingungen für den Kinderzuschlag weiter verbessern. Es darf nicht sein, dass erwerbstätige Eltern auf die Grundsicherung angewiesen sind, nur weil sie Kinder haben.
- Wir wollen die von den öffentlichen Händen für Familien und Kinder aufgewendeten Mittel pro Kind erhöhen. Sinkende Kinderzahlen sollen nicht zu Minderausgaben für Familienförderung, Kinderbetreuung oder Bildung führen. Wir wollen die Zuständigkeiten für einzelne Maßnahmen der Familienförderung besser auf einander abstimmen. Familienleistungen sollen den Eltern möglichst aus einer Hand angeboten werden.
- Wir werden die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern. Gefragt sind familiengerechte Arbeitsplätze und nicht arbeitsplatzgerechte Familien. Dazu gibt es viele Wege: Familienbedingte Teilzeit, abgestufte Teilzeit nach Erziehungsfreistellung, Kinder-Bonuszeit, Zeitkonten, Telearbeitsplätze, Familienphasen für Mütter und Väter für die Betreuung der Kinder, aber auch von Pflegebedürftigen. Die bisher dominierende starre Ausrichtung der Arbeitswelt auf Vollzeitstrukturen lässt zu wenig Raum, die berufliche Entwicklung mit einer Familienphase zu verbinden. Wir wollen Anreize geben, mit regelmäßigen und umfassenden Audit-Verfahren (selbst gewählte Prüfungsverfahren) die Entwicklung familienfreundlicher Arbeitsbedingungen voranzubringen. Dabei muss der Öffentliche Dienst beispielgebend vorangehen.
- CDU und CSU wollen den unterschiedlichen Lebensumständen und Lebensentwürfen von Alleinerziehenden ebenso gerecht werden wie jedem Kind. Alleinerziehende sind in der Mehrzahl nicht nur ebenso gut ausgebildet wie Eltern in einer Partnerschaft, sie wollen auf eigenen Beinen stehen und ihre Kinder fördern. Weil sie den Alltag mit ihren Kindern allein meistern müssen, brauchen sie Unterstützung.
- Eltern brauchen Solidarität. Die Verantwortung für die eigenen Kinder ist – bei aller Hilfe – letztlich unaufhebbar. Die Erfahrung von Liebe, Bindung, Verlässlichkeit und Rücksichtnahme vermittelt wichtige soziale und gesellschaftliche Werte. Dabei wollen wir die Familien unterstützen. Wir werden dazu beitragen, Angebote der Familienbildung und der Erziehungs- und Familienberatung weiterzuentwickeln, besser zu vernetzen und breiter bekannt zu machen. Sie sollen allen Eltern und Großeltern offen stehen. Mütter- und Väter-Kind-Kuren müssen Kassenleistung bleiben.
- Der Rückhalt, den Menschen mit Behinderung in ihren Familien finden, verdient hohen Respekt. Wir erkennen insbesondere die hohe Erziehungs- und Fürsorgeleistung an, die Eltern behinderter Kinder erbringen. Wir wollen Angehörige von Behinderten von Bürokratie entlasten und den Behindertenpauschbetrag erhöhen.
- Zur notwendigen Solidarität mit den Eltern gehört auch, grundlegende Wertentscheidungen unmissverständlich deutlich zu machen, die für die Erziehung wichtig und unverzichtbar sind. Der Staat hat die Verpflichtung, durch geeignete gesetzgeberische Maßnahmen und einem konsequenten Vollzug dafür Sorge zu tragen, dass gewaltverherrlichende Computerspiele Kindern und Jugendlichen nicht zugänglich gemacht werden.
- Kinder haben ein eigenständiges Grundrecht auf Pflege und Erziehung, auf Förderung und auf Schutz vor Gefahren für ihre körperliche, geistige und seelische Entwicklung. Das hat das Bundesverfassungsgericht unmissverständlich klargestellt. In Fällen von Misshandlung oder Verwahrlosung muss den Kindern gezielt geholfen werden. Wir wollen für diese Kinder ein wirksames Netz früher Hilfen knüpfen. Gleichzeitig wollen wir die Kooperation zwischen Gesundheitswesen mit Geburtshilfe, Kinderärzten, Hebammen über die Kinder und Jugendhilfe bis zu den Kindergärten, Schulen, der Polizei und der Justiz darauf ausrichten.
- Wir werden die Dreifachstrategie gegen Kinderpornografie im Internet weiter vorantreiben: Täter verfolgen, auch solche, die sich außerhalb des Internets, in geschlossenen Foren oder auf anderen Wegen bewegen, Quellen im In- und im Ausland schließen und den Zugang zu den Seiten sperren, so wie dies seit vielen Jahren erfolgreich in vielen Ländern erfolgt. Deutschland wird einen engen Austausch im internationalen Netzwerk sicherstellen und die Opferforschung ausbauen. Wir werden die Präventionskette durch verbesserte Therapieangebote weiter knüpfen und den Aktionsplan zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt und Ausbeutung fortschreiben
- Wir wollen im Immissionsschutz- und Bauplanungsrecht gesetzlich klarstellen: „Kinderlärm“ darf kein Grund für Nachbarschaftsklagen gegen Kindergärten, Spielplätze und ähnliche Einrichtungen sein.
- Wir bekennen uns dazu, dass dem Menschen in allen Stufen seines Lebens – von der Verschmelzung der Samen- und Eizelle bis zu seinem Tod – ungeteilte Menschenwürde zukommt. Unser Ziel ist es, Schwangerschaftsabbrüche aus finanzieller Bedrängnis zu vermeiden und deshalb gerade junge Mütter zu unterstützen. Die Einführung der Großelternzeit war bereits ein erster Schritt dazu.
- Wir halten an den strengen Grundsätzen des deutschen Embryonenschutzgesetzes fest. Wir lehnen eine Legalisierung der aktiven Sterbehilfe ab. Nützlichkeitserwägungen dürfen nicht über den Schutz allen menschlichen Lebens gestellt werden. Wir unterstützen nachdrücklich den Einsatz für ein Sterben in Würde wie etwa in der Hospizbewegung.
- Wir wollen Müttern von neugeborenen Kindern helfen, die sich in einer verzweifelten Notlage befinden. Durch das Angebot einer „vertraulichen“ Geburt wollen wir drohende Kindstötungen oder -aussetzungen oder heimliche Entbindungen mit den damit einhergehenden Gefahren für Mutter und Kind verhindern.
Leserbriefe
Familienpolitik im Parteiprogramm CDU/CSU
Danke für die Veröffentlichung! Nach dem ersten Lesen gefällt mir das sehr gut. Einige Befürchtungen sind nicht eingetroffen, stattdessen positiv:: Klares Bekenntnis zur Menschenwürde von der Verschmelzung der Eizelle mit der Samenzelle! Das ist super. Bis zum Tod (hier fehlt "natürlichen"). Gut, dass nicht ein kostenloser Platz in der Kinderkrippe versprochen wird. Dies wäre nämlich kontraproduktiv. D. h. es wäre ein finanzieller Druck für eine Fremdbetreuung, und damit ein Druck in Richtung Erwerbsarbeit. Sehr vielfältig die Ideen, um Eltern und Kindern mehr Zeit miteinander zu besorgen. Klare Aussage, gleichgeschlechtliche Partnerschaften nicht gleichzustellen (Es wäre noch klarer: "keine Adoption"!) Natürlich kann man nicht alles hineinschreiben, z. B: die großen Vorteile der Mutterliebe in den ersten drei Jahren(vgl. die neuesten Ergebnisse der Bindungsforschung!). Hierzu möchte ich auf das sehr wichtige Symposion hinweisen, der am Montag, 29. Juni, in Berlin stattgefunden hat. Vorschau stand in "Die Tagespost" vom Sonnabend, 27.6., S. 2: "Nicht nur eine Frage des Geldes" Organisiert vom Institut für Demographie, Allgemeinwohl und Familie e. V. und hat stattgefunden in der Landesvertretung von Nordrhein-Westfalen (www.i-daf.org). Gottes Segen allen Lesern! Nikolaus Timpe