27.03.09
BILD macht aus Kardinal Meisner Aggressor
Rehabilitationslüge der Presse und die Papstschelte der Kanzlerin
Ein Zwischenruf von Kurt J. Heinz
(MEDRUM) Im Interview mit der Bild-Zeitung bestätigt auch Kardinal Meisner, dass die Papstschelte von Bundeskanzlerin Angela Merkel unangemessen war. Das schien BILD nicht ins Bild zu passen. "Kardinal Meisner geht auf Merkel los", lautete dann auch die Überschrift eines Artikels vom 26.03.09.
Was tut BILD? Zuerst fragt BILD bei Kardinal Meisner an, weshalb Angela Merkel für ihre Kritik am Papst von Parteifreunden und Katholiken kritisiert werde, und nachdem Meisner dies der Zeitung zu erklären versucht, stempelt sie den Kardinal prompt als einen Aggressor ab, der auf die Kanzlerin losginge. Ein übler Stil ist diese Art, einen Gesprächspartner an den Pranger zu stellen. Sie ist nicht nur eine journalistische Taktlosigkeit, sondern eine fast schon hinterhältige Art, mit Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens umzugehen.
Kardinal Meisners Erklärung für die Kritik an Angela Merkel setzt dort an, wo angesetzt werden muß: an den blanken Tatsachen. Kardinal Meisner verweist mit Recht darauf, dass die Position von Papst Benedikt zum Holocaust und demzufolge zur Leugnung des Holocausts lange vor Angela Merkels Schelte völlig unstrittig und klar war. Ebenso klar war bereits zuvor, dass die Exkommunikation und ihre Aufhebung in keinerlei Zusammenhang mit der Auffassung von Richard Williamson zum Holocaust stand und eben nicht, wie es in den Medien vielfach und offensichtlich in bewußt falscher Weise dargestellt wurde, als Rehabilitation eines Holocaust-Leugners gewertet werden durfte.
Auch BILD scheinen die nackten Tatsachen indes nicht zu interessieren. Mit der Frage "Wie konnte es überhaupt dazu kommen, dass der Heilige Vater einen notorischen Holocaust-Leugner wie den britischen Bischof Williamson rehabilitierte?" setzt auch BIlD die Kampagne mit der darin enthaltenen Unterstellung fort, dass Papst Benedikt einen Holocaust-Leugner rehabilitiert habe. Die Antwort Meisners liegt daher auf der Hand, wenn er gegenüber BILD die notorische Falschbehauptung zurückweisen muß und klar macht, dass "der Papst keinen Holocaust-Leugner rehabilitiert habe und die Aufhebung einer Exkommunikation auch keine Rehabilitierung sei". Wie MEDRUM berichtete, blieb Richard Williamson trotz Aufhebung der Exkommunikation von der Ausübung aller kirchlichen Ämter weiterhin suspendiert. Eine kirchliche Rehabilitation war dies also keinesfalls, erst recht keine politische, auch wenn insbesondere der SPIEGEL diese falsche Botschaft verbreitet hat und die Bundeskanzlerin ihr aufgesessen, vielleich auch erlegen sein mag.
Angela Merkel hatte gefordert: "Das ist nach meiner Auffassung nicht nur eine Angelegenheit der christlichen, der katholischen und jüdischen Gemeinden in Deutschland, sondern es geht hier darum, dass vonseiten des Papstes und des Vatikans sehr eindeutig klar gestellt wird, dass es keine Leugnung geben kann und dass es natürlich einen positiven Umgang mit dem Judentum insgesamt geben muss. Diese Klarstellungen sind aus meiner Sicht noch nicht ausreichend erfolgt.“
Geradezu widersinnig erscheint diese öffentliche Aufforderung, wenn man bedenkt, dass die Aufhebung der Kommunikation für Richard Williamson lediglich bedeutete, dass die Katholische Kirche ihm nicht länger den Empfang der heiligen Sakramente, das heißt der Beichte, der Heiligen Kommunion und der Letzten Ölung verweigerte. Aber das schien einer Bundeskanzlerin und Angehörigen der Evangelischen Kirche alles andere als klar gewesen zu sein, als sie ihre Verlautbarungen über die Medien erschallen ließ. Die Kritik von Kardinal Meisner ist für Kenner des Sachverhaltes nicht nur mehr als verständlich, sondern geradezu zur Aufklärung um der Sache willen notwendig.
Das Fazit, das BILD nun aus den Äußerungen Kardinal Meisners in seiner Überschrift "Kardinal geht auf Merkel los" zieht, ist dann auch ebenso lächerlich, wie die Haltung vieler Deutscher, allen voran Angela Merkel, die Kardinal Meisner auf den Punkt brachte: "Viele Deutsche merken gar nicht, wie lächerlich wir uns in aller Welt mit dieser Papstmäkelei machen." Angela Merkel fühlte sich offensichtlich dennoch zur "Papstmäkelei" verpflichtet, denn in der Sendung von Anne Will am letzten Sonntag Abend beharrte die Bundeskanzlerin auf der Richtigkeit ihrer Entscheidung, den Papst öffentlich aufgefordert zu haben, seine Position zur Holocaust-Leugnung klar zu stellen mit den Worten: "Es war eine schwierige Entscheidung, aus meiner Sicht aber notwendig, weil ich als deutsches Staatsoberhaupt nach meiner Auffassung die Pflicht habe, klar zu machen, dass die Leugnung des Holocausts und Antisemitismus nicht im Raum stehen bleiben dürfen. Das hat nichts mit der persönlichen Haltung des Papstes zu tun."
Angela Merkel ist hier gleich zwei Mißverständnissen erlegen. Zum einen dem Mißverständnis über ihre Rolle als Bundeskanzlerin, in der sie die Regierungsgeschäfte der Bundesrepublik Deutschland zu führen hat, nicht aber die Auffassungen eines deutschen Staatsoberhauptes gegenüber dem heiligen Stuhl zu vertreten hat. Und zum zweiten dem Mißverständnis über die Rolle eines deutschen Staatsoberhauptes, dessen Aufgabe es ist, Deutschland international zu repräsentieren, der aber nicht öffentlich Klarstellungen in der kirchlichen Frage der Exkommunikation von einem deutschen Papst abverlangen sollte, der Oberhaupt einer Weltkirche ist. Hätte nicht eine Anfrage aus dem Mitarbeiterstab der Bundeskanzlerin beim Vatikan genügt, wenn tatsächlich Fragen bestanden hatten, die man sich nicht selbst beantworten konnte oder wollte? Musste sich Angela Merkel diese diplomatische Fehlleistung erlauben? Auch Angela Merkel dürfte ihrerseits zu Recht doch kaum Verständnis dafür haben, wenn der Heilige Stuhl öffentliche Klarstellungen über ihre Haltung abfordern würde, falls sich ein abtrünniger CDU-Landtagsabgeordneter in den Medien verharmlosend über den Holocaust äußern würde. So etwa liegen die Verhältnisse, einmal aus der Perspektive des Gegenübers betrachtet. Auch das Beharren auf einem dilettantischen Mißgriff ändert an der Tatsache des Mißgriffs selbst nicht das Geringste.
Auch vor dem Hintergrund, dass Angela Merkel an ihrer Papst-Kritk festhält, wird erst recht verständlich, wenn Kardinal Meisner von Angela Merkel fordert: "Ich kann da nur sagen: Zeigen Sie Größe und entschuldigen Sie sich, Frau Bundeskanzlerin!" Kardinal Meisner nennt den Fehlgriff von Angela Merkel dann auch beim Namen. Für ihn war dies eine ihrer größten Fehlleistungen, so Meisner zu BILD.
BILD-Artikel -> Kardinal Meisner geht auf Kanzlerin los
MEDRUM-Artikel -> Norbert Geis (CSU) unterstützt Versöhnungs-Akt des Papstes
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