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AUF, PBC und ZENTRUM konkurrieren bei den Wahlen 2009 um christliche Wählerstimmen


16.11.08

AUF, PBC und ZENTRUM konkurrieren bei den Wahlen 2009 um christliche Wählerstimmen

Bundesvorsitzender der AUF-Partei wechselt 9 Monate nach Parteigründung

(MEDRUM) Drei so genannte Kleinparteien - AUF, PBC und ZENTRUM -, sind Bestandteil der Parteienlandschaft in Deutschland, die um christliche Wähler wirbt. Walter Weiblen, der im Januar 2008 bei der Gründung der AUF-Partei für das Amt des Bundesvorsitzenden der jüngsten christlichen Partei gewählt wurde, hat erst vor wenigen Tagen den Rücktritt von seinem Amt erklärt. Sein Rücktritt deutet darauf hin, dass Gründung und Aufbau einer weiteren christlichen Partei, die christliche, politische Kräfte jenseits von CDU/CSU bündeln will, eine große Herausforderung ist.

Christliche Parteien und Werteverschiebung

Die Parteien AUF (Arbeit, Umwelt und Familie) , PBC (Partei Bibeltreuer Christen) und ZENTRUM (Deutsche Zentrumspartei) kämpfen vor dem Hintergrund zunehmender Identifikationsprobleme nicht weniger christlich orientierter Bürger mit der Politik von CDU und CSU um den Zuspruch von Wählern, die eine Politik mit klarem christlichem Profil suchen und unterstützen wollen. Denn immer wieder fragen sich prominente und weniger prominente christlich geprägte Bürger, ob CDU und CSU noch vorbehaltlos als Parteien gesehen werden können, deren Politik noch in christlichem Glauben und Werten wurzelt. Solche Diskrepanzen werden besonders an kritischen Fragestellungen des Kölner Erzbischofs Kardinal Meisner und des Bischofs von Augsburg Walter Mixa deutlich, die in etlichen Politikfeldern eine klare, konservativ-christliche Haltung wie etwa in der Familienpolitik vertreten, in der die Konturen eines traditionellen christlichen Familienbildes als der Normalfamilie aber kaum noch sichtbar sind. Auch viele Menschen, die sich einem stärkeren Schutz des ungeborenen Kindes verpflichtet fühlen, stellen sich immer wieder diese Frage. Und schließlich lösen auch solche Rufe wie der von Jürgen Rüttgers  bei der Eröffnung der Großmoschee in Duisburg nach vielen Moscheen im Lande Irritationen bei Bürgern aus, die - bei aller Toleranz anderer Religionen - die christlich-abendländische Kultur und ihre Werte bewahrt wissen wollen und sich fragen, ob die Ausrichtung der Politik der CDU/CSU damit noch im Einklang steht. Hubert Gindert, Vorsitzender und Sprecher des Forums Deutscher Katholiken, verweist in der neuesten Ausgabe der Zeitschrift "Fels" auf eine Schwächung des religiös-geistigen Fundamentes als Ursache für eine moralische Wertekrise, weil sich die Wertvorstellung zu Ehe und Familie, zum Wert des Lebens und zur Verbindlichkeit der christlichen Botschaft immer mehr verschoben haben. Dieser Werteverschiebung wollen AUF, PBC und ZENTRUM entgegentreten.


Die AUF-Partei

Vor diesem Hintergrund wurde am 26. Januar in Berlin die AUF-Partei als jüngste christliche Partei in Deutschland gegründet. Auf den Feldern Arbeit, Familie und Umwelt wolle sich die Partei besonders engagieren, erklärte Dr. Walter Weiblen zur Parteigründung. Mit der AUF-Partei sollte eine moderne christliche Partei mit klaren christlichen Wurzeln entstehen, in der die christlichen Kräfte und Parteien außerhalb der Parteien CDU und CSU in einer neuen Partei zusammengeführt werden sollten. Damit sollte ein breiter Kreis von Christen angesprochen werden, die nicht mehr CDU/CSU wählen und sich stattdessen einer Partei zuwenden wollen, die eine aussichtsreiche Alternative für eine konsequenter christlich ausgerichtete Politik bieten will.

Als Grundlage für ihr Selbstverständnis und ihre Politik erklärt die AUF die jüdisch-christliche Ethik und das deutsche Grundgesetz von 1949, in dem sich das deutsche Volk in die Verantwortung vor Gott und den Menschen stelle und sich zur Unantastbarkeit der Würde des Menschen, zu Menschenrechten, Frieden, Gerechtigkeit und Freiheit verpflichte.

Zu ihren drei Säulen, Arbeit, Umwelt und Familie, die übrigens identisch sind mit den zentralen Politikfeldern der deutschen Familienpartei, sagt die AUF-Partei:

  • ARBEIT: Basis einer sicheren Lebensgrundlage für die in Deutschland lebende Bevölkerung ist eine stabile Wirtschaft. Das Recht auf Arbeit sichert nicht nur die Versorgung des Einzelnen, sondern dient auch seinem Sozialverhalten und Teilhaben an der Gesellschaft. Wer für Arbeit sorgt, schafft nicht nur Bedingungen zum Bestreiten des Lebensunterhalts, sondern trägt auch zur Würde des Einzelnen bei. Erste Priorität: Eine fundierte Arbeitsmarktpolitik. Schuldenfreiheit im Staatshaushalt bis 2030.
  • UMWELT:  AUF fördert eine nachhaltige und gesunde Umwelt ohne ideologische Überhöhungen. Chancen, die sich eröffnen durch Erfindungsreichtum, Innovationskraft und moderne Technologien sind beim Erreichen dieses Ziels von großem Nutzen. AUF hat das Ziel: Weitgehende Unabhängigkeit der Bundesrepublik Deutschland vom Import fossiler Energieträger bis 2030.
  • FAMILIE: Ehe und Familie bilden den wichtigsten, langfristigsten und innersten sozialen Verantwortungsrahmen unserer Bevölkerung. Kinder sind das höchste Gut unserer Gesellschaft. Angesichts des demographischen Wandels sollen Menschen in Verwandtschaft, Nachbarschaft, sozialen Gruppierungen sowie Lebens- und Wohngemeinschaften, etc. mehr Verantwortung füreinander übernehmen. Dieses zwischenmenschliche Potenzial soll permanent weiterentwickelt und in die Nachfolgegeneration investiert werden.

In Vorbereitung auf die Bundestagswahl hat die AUF zwischenzeitlich mehrere Landesverbände gegründet, zuletzt am Reformationstag 31. Oktober in Dresden den sächsischen Landesverband. Die Führungsmannschaft von AUF rekrutiert sich aus Personen, die bereits in den Parteien PBC, ÖDP (Ökologisch-Demokratische Partei) und ZENTRUM tätig waren. Nach 9-monatiger Amtsführung gibt nun Walter Weiblen sein Amt als Bundesvorsitzender jedoch aus persönlichen und gesundheitlichen Gründen wieder ab. Weiblen war vordem von Oktober 2005 bis Dezember 2007 Bundesvorsitzender der Partei Bibeltreuer Christen (PBC) und ging 2005 noch als Bundestagskandidat der PBC im Wahlkreis Stuttgart ins Rennen. Mit dem ungeplanten Rücktritt von Weiblen muss nun die Führung der AUF in neue Hände gelegt werden. Der Bundesvorstand und die Vorsitzenden der Landesverbände wollen am 17. November über die Nachfolge an der Parteispitze beraten. Die Wahl des neuen Bundesvorsitzenden soll dann beim Bundesparteitag im Januar 2009 stattfinden, der den Aufbau der AUF in den Bundesländern fortsetzen und die Partei in den Bundestagswahlkampf führen muss.

Weiblen und die Mitbegründer der AUF-Partei wollten vor allem die Kräfte anderer christlicher Kleinparteien wie der PBC und dem ZENTRUM in der AUF bündeln. Diese Zielsetzung wurde jedoch bei Gründung der AUF wie seither noch nicht erreicht. Die Parteien PBC und ZENTRUM haben sich nicht - wie es beispielsweise PDS und WASG bei ihrem Zusammenschluss zur Partei DIE LINKE getan haben - zur AUF-Partei zusammengeschlossen, sondern bestehen unverändert als eigenständige Parteien neben der AUF-Partei weiter und wollen wie die AUF bei Europawahl und Bundestagswahl 2009 um die Gunst christlicher Wähler werben.


Die Partei Bibeltreuer Christen (PBC)

Auch die PBC will unter ihrem Bundesvorsitzenden Ole Steffes bei den Wahlen im kommenden Jahr antreten und besteht neben der AUF mit ihren bisherigen Landesverbänden in den Bundesländern weiter, die sich auf Europawahl und Bundestagswahl vorbereiten. So wird der Landesparteitag NRW am 22. November 2008 über seine Bundestagswahlliste befinden. Lediglich im Saarland, in Brandenburg und Sachsen-Anhalt fehlen derzeit Landesverbände. Auf regionaler Ebene gibt es Neubelebungen bei der PBC, wie die Wiedergründung einer Kreisverbandes im baden-württembergischen Asperg vor wenigen Tagen mit der Aufstellung von Hans-Dieter Voellm als Bundestagskandidat gezeigt hat.

Im Grundsatzprogramm aus dem Jahr 2000 hat die PBC ihr Selbstverständnis definiert; dort heißt es:

  • In der PBC finden sich Bürger aus allen gesellschaftlichen Schichten und Gruppen zusammen, die aus Liebe und Gehorsam Gott gegenüber für ihre Mitmenschen politische Verantwortung übernehmen.
  • Richtschnur ihrer Entscheidungen ist ausschließlich die Heilige Schrift und die daraus abgeleiteten Menschenrechte.
  • Die PBC bekennt sich zum demokratischen Rechtsstaat und zum Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland.
  • Wir danken Gott für die Wiedervereinigung Deutschlands unter dieser Verfassung.
  • Die PBC hat das Ziel, Gottes ewig gültiges Wort zur Richtschnur nicht nur für das private Leben der Bürger, sondern auch für die Politik unseres Landes werden zu lassen.
  • Als die für die Politik unseres Landes mitverantwortlichen bekennenden Christen wollen wir treu zu Gott und Seinem Wort, der Bibel, stehen. Hier gilt das Wort Jesu Christi aus Johannes 15, 14: „Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch gebiete!“
  • Die Partei Bibeltreuer Christen will das Bewusstsein fördern, dass sich jeder Mensch für sein Handeln in Familie, Gesellschaft und Politik vor dem Schöpfer des Himmels und der Erde verantworten muss.


Die Deutsche Zentrumspartei (ZENTRUM)

Wie die AUF und die PBC bereitet sich ebenso die Deutsche Zentrumspartei auf die Wahlen im nächsten Jahr vor. So hat das ZENTRUM als älteste Partei Deutschlands (gegründet 1870) gerade Anfang Oktober ein neues Grundsatzprogramm verabschiedet, in dem diese Partei ihre Identität und ihr christliches Selbstverständnis neu justiert hat:

  1. Das ZENTRUM bekennt sich zu den christlichen Wurzeln Europas und verteidigt die freiheitlich demokratische Grundordnung des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland.
  2. Das ZENTRUM ist fest entschlossen, christliche Grundsätze für Staat und Gesellschaft in der politischen Arbeit umzusetzen.
  3. Das ZENTRUM will den umfassenden Schutz und die Achtung jeden menschlichen Lebens, das von Anfang an Person ist und damit Ursprung, Träger und Ziel der gesellschaftlichen Ordnung.
  4. Ehe und Familie sind die Grundlage der menschlichen Gemeinschaft. Daher sind ihr jene Mittel bereit zu stellen, die sie zur Erfüllung ihrer naturgegebenen Aufgabe benötigen und der Freiraum zu gewähren, dieser gerecht werden zu können.
  5. Subsidiarität, Solidarität und das Gemeinwohl sind die Quellen der politischen Arbeit des ZENTRUMs.
  6. Das ZENTRUM fordert den verfassungsmäßigen Freiraum der christlichen Kirchen zu achten und ihre gesellschaftliche Aufgabe der Rückbindung an gemeinsame letzte Werte und Normen zu fördern und zu wahren.

Das ZENTRUM unterhält ebenfalls Landesverbände in den meisten Bundesländern, die Landesverbände Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Freie und Hansestadt Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig Holstein. Seit 2006 verzeichnet die Zentrumspartei einen Mitgliederzuwachs und will auch in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg weitere Landesverbände gründen. Bundesvorsitzender des ZENTRUMS ist Gerhard Woitzik.


Steiniger Weg

Mit der Gründung der AUF-Partei ist die Parteienlandschaft christlicher Parteien also bislang nicht gestrafft, sondern um eine Partei reicher und noch vielgestaltiger geworden. Dies zeigt zum einen, dass das Potenzial christlich orientierter Wähler außerhalb von CDU/CSU in den letzten Jahren eher zugenommen als abgenommen hat. Zum anderen ist erneut deutlich geworden, wie schwierig es trotz aller Ähnlichkeiten und Gemeinsamkeiten in den Zielvorstellungen ist, Parteien mit ihren Programmen und Strukturen zu einer politischen Kraft zu vereinen. Die Ergebnisse bei den Wahlen im nächsten Jahr werden zeigen, ob es einer der drei Parteien gelingt, größere Bedeutung zu erlangen und sich vielleicht als eine zweite christliche, politische Kraft außerhalb von CDU/CSU in nächster Zeit etablieren zu können, die über den Status einer Kleinpartei hinausgeht. Wie die Gründung der AUF und jetzige der Rücktritt von Walter Weiblen zeigen, ist dies ein steiniger und dornenreicher Weg, der einen langen Atem verlangen könnte.


Weitere Information:

AUF -> www.AUF-Partei.de

PBC -> www.pbc.de

ZENTRUM -> www.zentrumspartei.de