Nichts zieht die Kirche mehr in die Tiefe als der sexuelle Missbrauch durch Kleriker, Ordensleute und Gemeinschaftsleiter und seine Vertuschung durch Verantwortungsträger und Mitwisser. Manche behinderten seine Aufklärung, weil sie das Ansehen der Kirche nicht beschädigen wollten; dadurch leisteten sie aber einer weiteren Ausbreitung übergriffigen Verhaltens Vorschub.
Der Synodale Weg - nur um diesen geht es hier, nicht aber um alle seriösen Bemühungen, um Prävention und Aufarbeitung - wurde angekündigt als ein Reform- und Erneuerungsprojekt, das endlich die nötigen Konsequenzen aus Missbrauch und Vertuschung ziehe. In Wahrheit wurde dort Missbrauch zur Durchsetzung einer lang bekannten, kirchenpolitischen Agenda instrumentalisiert. Man kann das mit Fug und Recht „Missbrauch mit dem Missbrauch“ nennen. Denn Sexueller Missbrauch wird auf dem Synodalen Weg benutzt, um sachfremde Ziele und Positionen kirchlich durchzusetzen. Dies jedoch führt zu einer völlig unverantwortlichen Verzerrung bei einer Diskussion, die größte Sorgfalt braucht.
Bis heute wurde der Tatsache nicht Rechnung getragen, dass ca. 80 Prozent der Übergriffe im „katholischen“ Raum gleichgeschlechtlicher Natur sind (wie das international vorliegende Zahlenmaterial zeigt). Überhaupt ist an dieser Stelle die Verweigerung gegenüber Fakten ein Merkmal der Diskussionen auf dem synodalen Weg. Etwa wird nicht berücksichtigt, dass andere Kirchentypen (auch theologisch liberale und solche ohne hierarchische Struktur) in ähnlichem Umfang von - allerdings überwiegend heterosexuellem - Missbrauch betroffen sind.
Die Reaktion auf den Missbrauch wurde zum Stellvertreterkrieg, auf dem es in Wahrheit um Claims einer liberalen Kirchenagenda ging. Damit aber wird eine angemessene kirchliche Reaktion auf den Missbrauch behindert und gleichzeitig die Möglichkeit tiefer Reform und Erneuerung der Kirche verstellt. Letztlich zeigt sich auch hier wieder die um sich selbst kreisende Kirche, der es mehr um ihr Image als um die Opfer geht. Darin nämlich liegt der tatsächliche, systemische Hintergrund der Vertuschung! Der Synodale Weg und seine Vorschläge haben das nicht aufgebrochen, sondern eher noch verstärkt. Die hier immer noch wirksamen Logiken kirchlicher Selbsterhaltung führen nicht zur Reform, sondern in letzter Konsequenz in den ekklesialen Atheismus – in ein Handeln als gäbe es keinen Gott, der sich in Jesus Christus als Liebe lebendig offenbart hat und im Geist gegenwärtig ist. Dagegen hilft nur Erneuerung aus der Tiefe des Evangeliums. „Was er euch sagt, das tut!“