15.10.20
Neuer Höchststand bei Corona-Neuinfektionszahlen
Dringender Appell der Bundes- und Landesregierungen an die Bevölkerung
(MEDRUM) Die täglich an das Robert-Koch-Institut (RKI) gemeldeten Coronafälle haben einen neuen Höchststand erreicht.
6.638 Neuinfektionen wurden am 14.10.2020 an das RKI gemeldet. Damit wurde der bisherige Höchstwert von 6.294 Neuinfektionen vom 28. März 2020 um mehrere Hundert Infektionen überschritten. Zugleich stieg die Fallzahl von 5.132 gemeldeten Neuinfektionen am 13. Oktober 2020 innerhalb eines Tages um 1.506 Neuinfektionen sprunghaft an.
Beschleunigter Anstieg
Das RKI führte unter anderem dazu aus:
"Aktuell ist ein beschleunigter Anstieg der Übertragungen in der Bevölkerung in Deutschland zu beobachten. Daher
wird dringend appelliert, dass sich die gesamte Bevölkerung für den Infektionsschutz engagiert.
• Die Inzidenz der letzten 7 Tage ist deutschlandweit auf 31,5 Fälle pro 100.000 Einwohner angestiegen.
• Die 7-Tage-Inzidenz liegt in den Bundesländern Berlin und Bremen sehr deutlich, in Nordrhein-Westfalen, Hessen
und im Saarland deutlich und in Baden-Württemberg leicht über dem bundesweiten Durchschnittswert."
Zu bedenken ist bei den jetzt gemeldeten Höchstständen, dass diese Zahlen nicht unmittelbar mit den Fallzahlen im Frühjahr vergleichbar sind, weil sie in das Verhältnis zu den ebenfalls nunmehr stark angestiegenen Zahlen für die durchgeführten Tests sind. Dies relativiert die Bedeutung der jetzigen Fallzahlen. Alarmismus ist deshalb nicht angezeigt.
Gegenmaßnahmen der Bundes- und Landesregierungen
Als ein entscheidendes Kriterium legen die staatlichen Stellen zur Zeit die sogenannte Inzidenz zugrunde. Unter der Inzidenz verstehen die Epidemiologen die Häufigkeit, mit der ein infektiöses Ereignis auftritt. Besondere Maßnahmen werden zur Zeit getroffen, sobald ein Wert von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in einer Stadt oder einem Landkreis überschritten wird. Da dieser Wert gegenwärtig in vielen Städten bereits überschritten worden ist, (z.B. Berlin, München, Stuttgart, Frankfurt u.a.) besteht die Befürchtung, dass ein nicht mehr beherrschbarer Ausbruch von Covid-19 Erkrankungen mit dramatischen Folgen auftreten könnte, wenn keine einschneidenden Maßnahmen getroffen werden. Deshalb haben die Bundes- und Landesregierungen gestern in einer vielstündigen Konferenz beraten, wie die Corona-Pandemie in Deutschland weiter bekämpft werden soll. Dazu stellte die Bundeskanzlerin fest:
"Es ist ganz wichtig, dass alle mitmachen." ..."Wir müssen die Zahl der Kontakte da reduzieren, wo die Infektionszahlen hoch sind, um unser Gesundheitssystem nicht zu überlasten", sagte die Kanzlerin. bei der gestrigen Pressekonferenz. Bund und Länder seien mit ihrem Beschluss einen wichtigen Schritt gegangen.
Beschluss zur "Bekämpfung der SARS-Cov2-Pandemie"
Zu ihrem Beschluss zur "Bekämpfung der SARS-Cov2-Pandemie" vom 14. Oktober 2020, der 14 Eckpunkte enthält, führten die Bundeskanzlerin und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder aus:
"Deutschland hat während der Sommermonate die Herausforderungen der SARS-CoV2-Pandemie dank engagierten Zusammenwirkens aller gesellschaftlichen Akteure und vor allem der Bürgerinnen und Bürger gut bewältigt. In den letzten Wochen sind die Infektionszahlen jedoch in weiten Teilen Deutschlands wieder gestiegen, gerade in einigen Großstädten und Metropolregionen besonders deutlich. Dabei hat sich bestätigt, dass bei einem dynamischen Infektionsgeschehen oberhalb der von Bund und Ländern gemeinsam definierten Schwelle von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern in einer Woche nach den vom RKI veröffentlichten Daten die Nachverfolgung der Kontakte aller Infizierten vor Ort bestenfalls mit erheblicher Unterstützung von Bund und Ländern noch gewährleistet werden kann. Es ist jedoch der großen Leistung des öffentlichen Gesundheitsdienstes in der Kontaktnachverfolgung vor Ort zu verdanken, dass in Deutschland nach der Aufhebung zahlreicher Beschränkungen nach Ostern die Infektionszahlen niedrig geblieben sind - anders als in anderen europäischen Ländern, die nicht über eine so flächendeckende öffentliche Gesundheitsdienststruktur verfügen. Deshalb sind sich Bund und Länder einig, dass die Infektionszahlen auch im Herbst und Winter so niedrig gehalten werden müssen, dass die Kontaktnachverfol-gung und damit die Infektionskontrolle möglich bleibt.
Dies erfordert zum einen die kurz- und langfristige Verstärkung der Gesundheitsämter und zum anderen, dass die Zahl der Kontakte in der Bevölkerung trotz des Beginns der kalten Jahreszeit und der damit verbundenen Verlegung vieler Aktivitäten in Innenräume wieder gezielt da reduziert werden, wo besondere Ansteckungsgefahren bestehen.
Besonderer Dank von Bund und Ländern gilt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Gesundheitswesen. Ihrem besonderen Einsatz ist es zu verdanken, dass in den letzten Monaten besonders vulnerable Gruppen in Krankenhäusern, Pflegeheimen, Senioren‑ und Behinderteneinrichtungen gut vor Ansteckungen geschützt haben. Wie der internationale Vergleich zeigt, ist die niedrige Zahl der durch SARS-CoV2-Patienten belegten Krankenhaus- und Intensivbetten in den letzten Monaten nicht auf die vermeintliche Harmlosigkeit des Virus, sondern neben einem Infektionsgeschehen besonders in der jüngeren Bevölkerung insbesondere auf die professionelle Leistungskraft unseres Gesundheitswesens bei Prävention und Hygiene zurückzuführen. Bei steigenden Infektionszahlen wird auch diese Aufgabe schwieriger, was sich bereits durch wieder steigende Belegungszahlen der Krankenhaus- und Intensivbetten andeutet. Deshalb werden Bund und Länder in den kommenden Monaten diesem Bereich weiter besondere Priorität einräumen.
Ziel allen staatlichen Handelns in den kommenden Wochen wird es also bleiben, die Infektionsdynamik in Deutschland unter Kontrolle zu behalten. Der Maßstab dafür ist, dass die Inzidenz in allen Regionen Deutschlands unter 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern in einer Woche liegt oder nach Ausbrüchen zügig wieder unter diese Schwelle gesenkt wird. Für letzteres ist die zwischen Bund und Ländern vereinbarte Hotspotstrategie das geeignete Mittel. Höhere Infektionszahlen würden erst die Kontaktnachverfolgung unmöglich machen, was zur Beschleunigung des Infektionsgeschehens führen würde. Ein weiterer Anstieg würde dann zur Verknappung der Testkapazitäten führen mit weiteren negativen Effekten auf die Infektionskontrolle. Aufgrund der gut ausgebauten Krankenhausinfrastruktur wäre mit einer Überlastung des Gesundheitswesens erst danach zu rechnen, allerdings bereits mit erheblichen Folgen für die Gesundheit vieler Betroffener. Eine Rückkehr zu einem kontrollierten Infektionsgeschehen ist zu einem solchen Zeitpunkt jedoch nur mit umfassenden Beschränkungen zu erreichen, die schwere Folgen für die wirtschaftliche, soziale und gesundheitliche Situation in Deutschland hätten. Eine Rückkehr zu solchen umfassenden Beschränkungen wollen Bund und Länder unter allen Umständen vermeiden. Es gilt, neben dem Gesundheitswesen auch prioritär die Bereiche Bildung und Betreuung aufrecht zu erhalten sowie die Erholung der deutschen Wirtschaft nicht zu gefährden. Deshalb ist es notwendig und verhältnismäßig, die Infektionskontrolle hinsichtlich Kon-taktnachverfolgung und Testkapazität zu behalten und sich dabei für die zu ergreifenden Maßnahmen am gewählten Maßstab der Inzidenz weiter zu orientieren. Die Maßnahmen müssen dabei bei steigenden Infektionszahlen frühzeitig ergriffen werden, weil umso länger bzw. umso einschneidender gehandelt werden muss, je später die Maßnahmen ergriffen werden.
14 Eckpunkte vereinbart
In diesen Tagen entscheidet sich die Frage, ob wir in Deutschland die Kraft haben, den Anstieg der Infektionszahlen wieder zu stoppen. Wir haben es nun in der Hand, das Infektionsgeschehen in Deutschland positiv zu beeinflussen. Dies setzt aber große Entschlossenheit und den Willen der Gesellschaft als Ganzes voraus. Diese Aufgabe hat auch eine historische Dimension: Die Staaten, denen es gelingt, die Infektionskontrolle zu erhalten, werden wirtschaftlich und sozial besser durch die Krise kommen und damit auch eine erheblich bessere Ausgangslage nach der Krise haben."
Vor diesem Hintergrund vereinbaren Bund und Länder folgende Eckpunkte für das weitere gemeinsame Vorgehen bei der Eindämmung der COVID19-Pandemie:
3. Die Einschränkungen führen dazu, dass einige Wirtschaftsbereiche auch in den kommenden Monaten erhebliche Einschränkungen ihres Geschäftsbetriebes hinnehmen müssen. Deshalb wird der Bund Hilfsmaßnahmen für Unternehmen verlängern und die Konditionen für die die hauptbetroffenen Wirtschaftsbereiche verbessern.
4. Wie in der Hotspot-Strategie vorgesehen, ergreifen die Länder konsequent verschärfende lokale Beschränkungsmaßnahmen spätestens, sobald das Infektionsgeschehen über die Grenze von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb der letzten 7 Tage steigt. Die lokalen Maßnahmen müssen zielgerichtet und überregional vergleichbar sein. Dazu gehören insbesondere:
5. Kommt der Anstieg der Infektionszahlen unter den vorgenannten Maßnahmen nicht spätestens binnen 10 Tagen zum Stillstand, sind weitere gezielte Beschränkungsschritte unvermeidlich, um öffentliche Kontakte weitergehend zu reduzieren. In diesen Fällen ist insbesondere im ersten Schritt eine Kontaktbeschränkung einzuführen, die den Aufenthalt im öffentlichen Raum nurmehr mit 5 Personen oder den Angehörigen von zwei Hausständen gestattet.
Die 14 Eckpunkte sind im Anhang dieses Artikels als pdf-Datei verfügbar und können heruntergeladen werden.
10-03-20 | Panikmache oder Vorsorge - Was ist beim Coronavirus anders? | MEDRUM |
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14 Eckpunkte Beschluss Bundes- und Länderregierungen | 70.33 KB |
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