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Desorientierter Henning Scherf wirft Katherina Reiche bei Günther Jauch verfassungswidriges Verhalten vor


04.03.13

Desorientierter Henning Scherf wirft Katherina Reiche bei Günther Jauch verfassungswidriges Verhalten vor

CDU-Familienpolitikerin Reiche setzt sich in der Gleichstellungsdebatte um Ehe und homosexuelle Partnerschaften vehement für den Verfassungsauftrag ein, "Ehe und Familie" zu schützen und zu fördern, und sah sich in Jauchs Talkrunde dem Vorwurf von Scherf ausgesetzt, sich angeblich verfassungswidrig zu verhalten

von Kurt J. Heinz

(MEDRUM) Mit vehementem Engagement vertrat Katherina Reiche in der Sonntagabendsendung von Günther Jauch zum Thema "Kinder, Steuer, Ehe – gleiches Recht für Homosexuelle?" die Notwendigkeit, "Ehe und Familie" besonders zu schützen und zu fördern. Ihre Beweggründe und Argumente stießen besonders bei Hennig Scherf, der sich für die Gleichstellung von schwulen und lesbischen Lebensgemeinschaften mit der Ehe aussprach, auf Ignoranz und heftigsten, aber irrigen Widerspruch. Scherf zeigte sich hinsichtlich der Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichtes über die eingetragene Lebenspartnerschaft als völlig desorientiert.

Gegen Diskriminierung, aber für besondere Förderung der Ehe

Katherina Reiche stellte in ihren Gesprächsbeiträgen in der Runde von Günther Jauch wiederholt klar, dass sie gegen die Diskriminierung Homosexueller, zugleich aber für die besondere Förderung der Ehe ist, weil diese verfassungsrechtlich durch Art. 6 Abs 1 GG geboten sei. Dabei verwies die Bundestagsabgeordnete (Bild links) auch aImageuf die Tatsache, dass nur auf der Verbindung von Mann und Frau - und in der überwiegenden Mehrzahl der Kinder auf Ehepaaren - der Fortbestand der Gesellschaft beruhe. Mit Blick auf die Debatte in der CDU und ihrer Anhängerschaft meinte Reiche: "Unsere Mitgliedschaft macht sich Sorgen, Sorgen, dass drei Viertel der Deutschen, die entweder mit Kindern zusammenleben oder in einer Ehe leben, sich nicht mehr repräsentiert fühlen." Es gehe jetzt am Ende darum, was noch von Ehe und Familie übrig bleibe. Es frage sich, wie  eigentlich der besondere Schutz von Ehe und Familie noch gelebt werde. Reiche: "Das fragen sich unsere Wähler." Man müsse die Kraft, die jetzt für eine sehr kleine Gruppe verwendet werde, noch weiterreichende Rechte zu schaffen, mehr darauf verwenden, wie Familien im Alltag geholfen werden könne. Reiche erklärte dazu weiter: "Die Väter und Mütter des Grundgesetzes haben sich etwas dabei gedacht, das Grundgesetz so zu stricken, wie es ist. ... Und ich frage mich angesichts der Rechtsprechung, wie wir den besonderen Schutz des Grundgesetzes für Familie und Ehe auch in Zukunft aufrechterhalten können."

Henning Scherf: "... Sie verhalten sich verfassungswidrig."

Die Position von Katherina Reiche wollte Henning Scherf, ehemals Bürgermeister von Bremen (SPD), keinesfalls als akzeptabel erscheinen lassen. In seinem Plädoyer für die Beseitigung von Unterschieden kreidete er Katherina Reiche sogar angeblich verfassungswidriges Verhalten an. Scherf, dessen Tochter in einer lesbischen Partnerschaft lebt und Mutter eines durch eine künstliche Fremdbefruchtung gezeugten Sohnes ist, suggerierte, Reiche mache für Familien mit schwulen und lesbischen Partnern unzulässige Unterschiede. Reiche sei nicht verfassungskonform. Sie schaffe es nicht, die Verfassungswirklichkeit so anzunehmen, wie es das Bundesverfassungsgericht fordere. Scherf steigerte sich zu der Zurechtweisung: "Ich könnte auch sagen, Sie verhalten sich verfassungswidrig."

Verfassungsgerichtsurteil: Henning Scherf ahnungslos - Katherina Reiche bestens informiert

Mit seinen Vorwürfen gegen Reiche demonstrierte Scherf zwar vollmundig Angriffslustigkeit, stellte sich aber selbst ein Zeugnis schier unglaublicher und unverfrorener Ahnungslosigkeit aus. Der Ex-Politiker, der sich anmaßte, Reiche über die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes (BVG) zurechtzuweisen, war offenbar selbst in zentralen Fragen uninformiert oder wollte - vielleicht bewußt - die Talkrunde dazu nutzen, Desinformation zu betreiben. Dies zeigt ein Blick in das Urteil des BVG aus dem Jahr 2002. Die Entscheidungsbegründung des BVG belegt, dass Reiches Haltung zur Unterschiedlichkeit von Ehe und Lebenspartnerschaft nicht nur verfassungskonform ist, sondern - im Gegensatz zu Henning Scherf und seinen geistigen Mitstreitern - die Normen des Grundgesetzes und die dazugehörigen Erläuterungen des BVG ernst nimmt. Die Aussagen des BVG über die unterschiedliche Behandlung von Ehe und Lebenspartnerschaft weisen dies unmissverständlich nach.

BVG: eingetragene Lebenspartnerschaft ist keine Ehe

So machte das BVG zum Schutz der Ehe gem. Art. 6 Abs. 1 GG einen strikten Unterschied zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft: "Von diesem Schutz wird das Institut der eingetragenen Lebenspartnerschaft nicht erfasst. Die Gleichgeschlechtlichkeit der Partner unterscheidet es von der Ehe und konstituiert es zugleich. Die eingetragene Lebenspartnerschaft ist keine Ehe im Sinne von Art. 6 Abs. 1 GG."

Doch nicht nur Schutz, sondern auch Förderung der Ehe ist, wie Reiche bei Jauch zu Recht erklärte, Aufgabe des Staates; das BVG führte dazu aus: "Der Schutz der Ehe erschöpft sich jedoch nicht darin, die Ehe in ihrer wesentlichen Struktur zu gewährleisten, sondern gebietet als verbindliche Wertentscheidung für den gesamten Bereich des Ehe und Familie betreffenden privaten und öffentlichen Rechts einen besonderen Schutz durch die staatliche Ordnung. Um dem Schutzauftrag Genüge zu tun, ist es insbesondere Aufgabe des Staates, einerseits alles zu unterlassen, was die Ehe schädigt oder sonst beeinträchtigt, und sie andererseits durch geeignete Maßnahmen zu fördern." Ebenso unterstrich das BVG, dass die Ehe im Verhältnis zur Lebenspartnerschaft (LPart) auch begünstigt werden darf. Das BVG wörtlich:"Dem Gesetzgeber ist es wegen des verfassungsrechtlichen Schutzes der Ehe aus Art. 6 Abs. 1 GG nicht verwehrt, diese gegenüber anderen Lebensformen zu begünstigen."

Förderung der Ehe ist Verfassungsauftrag

Henning Scherf scheint also entgangen zu sein, dass das BVG die LPart vom besonderen grundgesetzlichen Schutz der Ehe ausdrücklich ausgenommen hat. Scherf setzte sich ebenso über die Tatsache hinweg, dass es keinesfalls grundgesetzwidrig ist, wenn sich eine Politikerin wie die Bundestagabgeordnete Reiche für die Begünstigung der Ehe einsetzt, sondern dass sie laut BVG vielmehr dem Verfassungsauftrag nachkommt, die Ehe durch geeignete Maßnahmen fördern zu wollen. Von einem Henning Scherf muss als ehemaligem Spitzenpolitiker der SPD erwartet werden, dass ihm die wesentlichen Aussagen des BVG vertraut sind, vor allem dann, wenn er in einer Talkrunde Katherina Reiche und die deutsche Öffentlichkeit instruieren will. Doch diesem Anspruch wurde Scherf nicht einmal ansatzweise gerecht.

Moderator Jauch bediente Zeitgeistdebatte

Das, was von Henning Scharf erwartet werden darf, kann erst recht vom Moderator einer Sendung erwartet werden, der am Sonntagabend mehr als 4 Millionen Zuschauer gefolgt sind. Doch auch der Moderator Jauch war offensichtlich nicht in der Lage oder nicht willens, wenigstens darauf zu achten, dass die Öffentlichkeit über Grundentscheidungen des BVG in seiner Talkrunde zu Kernpunkten der Debatte zutreffend informiert wird. Jauch unterstützte - schon angesichts der oberflächlichen Präsentation der Individualinteressen eines Teils seiner Gesprächsrundengäste - stattdessen eine Zeitgeistdebatte, in der versucht wird, Einzelentscheidungen des BVG über versorgungsrechtliche, steuerrechtliche oder adoptivrechtliche Sonderregelungen bei gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften rhetorisch für die Vertretung grundsätzlicher Gleichstellungsinteressen zu benützen.

Position von Henning Scherf und Katrin Göring-Eckardt nicht verfassungskonform

In dieser Debatte, die von Vertretern der Partei der Grünen seit vielen Jahren massiv befeuert wird, werden jedoch die grundsätzlichen Aussagen des BVG über die Wesensmerkmale und den unterschiedlichen verfassungsrechtlichen Rang von Ehe und Lebenspartnerschaft systematisch missachtet, wie an der Agitation der Spitzenkandidatin der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, zu Gunsten einer absoluten Gleichstellung von "Homo-Ehen" mit der Ehe exemplarisch zu sehen ist (MEDRUM berichtete: Katrin Göring-Eckardt will "richtige Homo-Ehe"). Doch nicht die Haltung von Katherina Reiche, sondern die von Henning Scherf und Katrin Göring-Eckardt sind in dieser Frage nicht verfassungskonform.

Privilegierte Stellung der Ehe nicht ohne Verfassungsänderung aufhebbar

Dem Grundsatzurteil des BVG über Ehe und Lebenspartnerschaft aus dem Jahr 2002 zufolge gibt es genauso wenig eine Homo-Ehe und eine Hetero-Ehe wie es einen schwarzen und einen weißen Schimmel gibt. Es ist eben nicht alles gleich, wie das BVG selbst unterstrich und dementsprechend folgerichtig auch Katherina Reiche feststellte. Reiche kann auch beigepflichtet werden, wenn sie vor dem Hintergrund der bisherigen Entscheidungen des BVG sagt: "Das Verfassungsgericht ist aber bislang die Erklärung schuldig geblieben, wie Artikel 6 mit Leben erfüllt werden soll. ... Und das ist die Aufgabe, die wir uns jetzt stellen müssen. Und dass das Verfassungsgericht Artikel 6 außer Kraft gesetzt hätte, ist mir nicht bekannt." Auch diese Anmerkung von Reiche war zweifellos richtig. Denn Artikel 6 des Grundgesetzes ändern könnte höchstens der Gesetzgeber, und zwar mit einer Zweidrittelmehrheit, wie der CSU-Politiker Norbert Geis vor wenigen Tagen erst in einer Bundestagsrede feststellte (MEDRUM berichtete: Keine Verfassungsänderung durch die Hintertür). Doch noch fehlt es - trotz aller Wahlerfolge der Grünen - an einer solchen Mehrheit in Bundestag und Bundesrat. Und so lange vertreten Politiker wie Katherina Reiche und Norbert Geis das, was die Väter und Mütter des Grundgesetzes in der Verfassung verankert haben, auch wenn dies den Grünen und Vertretern anderer linker Parteien ebenso wenig behagt wie den Vertretern der Schwulen-Lobby und dem Gros der Mainstream-Journalisten.

Es bleibt wie es ist: Die Ehe steht unter dem Schutz des Artikels 6 GG, sie darf durch den Staat nicht beschädigt werden. Sie zu fördern, ist ein Verfassungsauftrag! Gleiches gilt für die gleichgeschlechtliche Partnerschaft - trotz allen gegenteiligen Trommelns der Gleichstellungsprotagonisten - nicht.

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Zur Internetseite der Sendung von Günther Jauch: Kinder, Steuer, Ehe – gleiches Recht für Homosexuelle?

Zur Internetseite von Katherina Reiche, MdB: www.katherina-reiche.de

Email von Katherina Reiche: katherina.reiche@bundestag.de


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Leserbriefe

Auch in Günther Jauchs Talkrunde am Sonntagabend (03.03.2013) ging es in typischer Weise um den sattsam bekannten Realitätsbegriff, wonach das die Wahrheit ist, was von der Mehrheit als richtig angesehen wird. Nach dieser Logik ist der "rückständig" und hat etwas "nachzuholen", der sich an einem zeitlos gültigen Wahrheitsbegriff orientiert. ...

Selbst wenn das Bundesverfassungsgericht oder die Regierung beschließen sollten, dass das Wasser von nun an bergauf fließt, wird dies an der Wirklichkeit nichts ändern. ... Die Wirklichkeit ist nicht davon abhängig, was die Mehrheit jeweils als „wirklich“ ansieht. Schlimm wäre nur, wenn es tatsächlich so wäre. ...

Folgendes sollte nachdenklich stimmen: In seinem Buch „Zivilisatorische Tansformation“ vertritt der Gelehrte und türkische Außenminister Prof. Davutolgu die Auffassung, dass der muslimische Mensch dem westlichen potentiell überlegen sei. Der „Homo islamicus“ sei „strebsam, dynamisch, moralisch und muslimisch“, so Davutoglu. Dem verfallenden Westen könne nur noch die Transformation vom Falschen ins Richtige helfen. Das Richtige ist nach Davutoglus Ansicht das islamische Großreich.

Nach Davutoglus Analyse steht die westliche Zivilisation vor ihrem Niedergang. (Womit er, denkt man an die Homoideologie, nicht Unrecht haben könnte.) Unsere französischen Nachbarn haben hier mehr Verstand bewiesen. In Frankreich haben Millionen gegen die Homoehe demonstriert, wenn auch leider ohne Erfolg. Davon hat man bei uns, in den weitgehend auf einer Linie liegenden „fortschrittlichen“? Medien natürlich nichts gehört.

Jörgen Bauer

Und ausnahmslos alle müssen seit Jahresbeginn solche Zeitgeistdebatten durch Zwangsgebühren finanzieren.

Wenn ich erfahren würde, dass eine meiner erwachsenen Töchter eine lesbische Beziehung hätte, wäre meine erste Frage: Was habe ich als Vater falsch gemacht? Und ich wette, die allermeisten Eltern würden sich das auch fragen. Die Tochter von Herrn Scherf ist lesbisch und ihr Vater steht für eine Politik, die dies fördert. So gesehen scheint die Sache ganz im Einvernehmen zu sein. Gäbe es da nicht das Wort Gottes, das sagt: "Ich habe den Menschen als Mann und als Frau geschaffen." Diese Bestätigung eigener Geschlechtlichkeit jungen Menschen vorzuenthalten, halte ich für einen großen Fehler.

Die Exklusivität besonders des Ehebundes ist vor allem in christlich-theologischer Perspektive nicht von dessen juristischer Vertragshaftigkeit her, sondern u. a. auf dem Hintergrund von Gen 2, 24 an Eph 5, 25-33 normativ zu begründen und verfassungsrechtlich entsprechend sicherzustellen. Sie ist demnach keine vom BVerfG eigenmächtig wie geschichtslos konstruierte, ihm ideologisch gar zugeraunte Arbeitshypothese - mag das parlamentarische Jakobinerregiment insonderheit dagegen auch noch so sehr aufschreien. Wert bleibt Wert. Hoffentlich.