11.10.11
Arnd Diringer: "Islam ohne Scharia ist wie Christentum ohne Neues Testament"
Brisantes Gerichtsurteil zur Entlassung eines Muslimen aus der Bundeswehr zeigt Diskussionsbedarf in Politik, Gesellschaft und den Rechtswissenschaften auf
(MEDRUM) Der Hochschullehrer und Leiter der Forschungsstelle für Personal- und Arbeitsrecht der Hochschule Ludwigsburg, Arnd Diringer, nimmt in der "Legal Tribune Online" zu einem Gerichtsurteil über einen Fall Stellung, in dem die Entlassung eines Muslimen aus der Bundeswehr für rechtens erklärt wurde.
Diringer befasst sich in seinem Artikel "Das Kreuz mit der Scharia" mit den Konsequenzen, die der Islam für die Gläubigen und ihr Verhältnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes hat. Die Scharia gehöre zum Islam wie das Neue Testament zum Christentum. Und der Bundespräsident sage, der Islam gehöre zu Deutschland. Das Verwaltungsgericht Minden sage hingegen, die Scharia gehöre aber nicht in die Bundeswehr. Was denn nun? So wird der Artikel von Arnd Diringer eingeleitet.
Ihren Ursprung hat Diringers Analyse in der Entlassung eines Zeitsoldaten aus der Bundeswehr, der sich zur Gültigkeit der Scharia bekannte. Wie Diringer darstellt, hielt der Zeitsoldat Gewalt für gerechtfertigt, wenn man unterdrückt werde und sah sich in der Pflicht zu missionieren. Die Bundeswehr hatte ihn mit der Begründung entlassen, so Diringer, er weise nicht die erforderliche charakterliche Eignung auf, da er die freiheitlich demokratische Grundordnung des Grundgesetzes nicht anerkenne, die für ihn allenfalls "zweite Wahl" war. Das Verwaltungsgericht Minden habe daraufhin entschieden, dass die Entlassung rechtens sei.
Diringer sieht in der richterlichen Bestätigung der Entlassungsentscheidung eine erhebliche Brisanz. Das Gericht habe klargestellt, dass Soldaten bei der Erfüllung ihrer dienstlichen Pflichten ihre weltanschaulichen Vorstellungen grundsätzlich nicht über die bestehende Rechtsordnung stellen dürften. Der Vorrang des muslimischen Bekenntnisses vor der deutschen Rechtsordnung werde aber nicht nur durch als radikal angesehene islamische Strömungen, sondern auch andere muslimische Ausrichtungen und Vereinigungen, nicht zuletzt auch durch den Zentralrat der Muslime in Deutschland propagiert. Für Diringer ist daher die offene Diskussion, welche Konsequenzen zu ziehen seien, unerlässlich. Er sieht sowohl die Politik als auch die Gesellschaft und die Rechtswissenschaften gefordert, meint aber, dass man an der Diskussionskultur in Deutschland manchmal (ver-)zweifeln könne, auch und gerade, wenn der Islam den Gegenstand der Diskussion bilde und etwa kritische Meinungen mit dem Begriff "Islamophobie" herabgesetzt würden. Wenn Andersdenkende als krank bezeichnet würden, erinnere das fatal an die dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte, so Diringer.