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Wolf Schmidt in der TAZ : "Pluralismus hält Evangelikale aus"


13.01.09

Wolf Schmidt in der TAZ : "Pluralismus hält Evangelikale aus"

Ein facettenreiches Evangelikalenbild ohne fundamentalistischen und islamistischen Bedrohungsanstrich

(MEDRUM) Evangelikale Christen erheben zunehmend ihre Stimme gegen den Zeitgeist und wollen ihren Einfluss mehren, war in der "TAZ" zu lesen. Die "TAZ" fürchtet jedoch nicht um den Zeitgeist. Einem Rollback seien in der pluralistischen Gesellschaft enge Grenzen gesetzt und daran verzweifelten die Evangelikalen, ist letztlich das Fazit, das Wolf Schmidt in seinem  Artikel "Um Gottes Willen!" zieht, der am 10. Januar 2009 in der TAZ erschien.

Wolf Schmidt illustriert anhand von fünf subjektiven Erlebnisbildern, was das Denken evangelikaler Christen bewegt und welche Aktivitäten sie in ihrem Alltag und Umfeld entfalten. Er präsentiert Pastor Wenz, den Prediger mit großer Ressonanz in seiner Biblischen Glaubensgemeinde im Stuttgarter Stadtteil Feuerbach, den Chef des Leipziger Planungsbüros und Diakon in der Freien evangelischen Gemeinde Leipzig mit seinem Vorhaben, einen biblischen Erlebnispark zu bauen, eine Gruppe deutscher und amerikanischer Studenten aus Berlin, die ihren christlichen Glauben an Hochschulen als "Campus für Christus" präsentieren, die Homeschooling-Eltern Dudek, die ihre Kinder in ihrer Heimschule selbst schulisch unterrichten und im christlichen Glauben erziehen, und schließlich Wolfgang Baake, den Geschäftsführer des Christlichen Medienverbundes, der seine Stimme in politischen Kreisen in Berlin erhebt und im Dezember den Rückritt des Präsidenten der Bundeszentrale für politische Bildung, Thomas Krüger, gefordert hatte, weil dieser evangelikale Christen in einem Schreiben an deutsche Schulen Islamisten gleichsetzte.

Mit unaufgeregter Distanz schildert Schmidt die ausgewählten Zeitgenossen als Repräsentanten evangelikalen Christentums und zeichnet Facetten ihres Tuns in einigen Umrissen als kaleidoskopartiges Bild nach. Für Schmidt weisen sie als ganz unterschiedliche Vertreter der evangelikalen Bewegung einen gemeinsamen Nenner auf: "Auch wenn die Bewegung alles andere als einheitlich ist: Wer das evangelikale Deutschland bereist, von Berlin bis Stuttgart-Feuerbach, von Leipzig bis ins hessische Werratal, erfährt rasch, was sie verbindet: Es ist der Widerstand gegen einen Zeitgeist, den sie als dekadent und gottlos empfinden." Schmidt schreibt weiter: "Sie kämpfen gegen Emanzipation und Evolutionslehre, Pornografie, Homosexualität und den Islam." Immer lauter mischten sich die Evangelikalen in Debatten und Wahlkämpfe ein. Ein ganzes Netzwerk sei dafür aufgebaut worden. Und immerhin kämen manche Schätzungen auf bis zu 2,5 Millionen Evangelikale, hebt Schmidt hervor.

Für bedrohlich hält Schmidt das evangelikale Geschehen allerdings nicht. Im Gegensatz zum Magazin "Q-rage", in dem Schülerautoren bundesdeutschen Schulen mit Unterstützung des Präsidenten der Bundeszentrale für politische Bildung (inzwischen widerrufen) das Bild vermittelten, evangelikale Gruppen würden sogar verfassungsfeindliche Ideologien verbreiten, zeichnet er ein eher beschauliches bis skurriles Bild. Er relativiert damit auch die Feststellung des Weltanschauungsbeauftragten der evangelischen Landeskirche Württemberg,  der vor gut acht Jahren geschrieben habe, die Gemeinde "radikalisiere" sich in Richtung "eines protestantischen Fundamentalismus US-amerikanischer Prägung". Denn so sehr sich auch Funktionäre und Lobbyisten wie Thomas Schirrmacher oder Wolfgang Baake um Einfluss bemühen und einzelne Erfolge wie beispielsweise die Entschuldigung von Thomas Krüger in Richtung der Evangelischen Allianz oder die Anerkennung einer eigenen Theologischen Hochschule in Gießen verbuchen können, räumt Wolf Schmidt den Evangelikalen letztlich keine Erfolgschancen für eine religiöse Weichenstellung in der Entwicklung von Politik und Gesellschaft ein. Einem "religiösen Rollback seien enge Grenzen" gesetzt,  so Schmidt. Er hält den Kampf evangelikaler Christen gegen den Zeitgeist für aussichtslos. Die "heimliche Tragödie der Evangelikalen "sei, dass diese an der pluralistischen Gesellschaft "verzweifelten", während die pluralistische Gesellschaft die Evangelikalen aushalte, so die Einschätzung von Wolf Schmidt.

 

TAZ-Artikel von Wolf Schmidt -> Evangelikale in Deutschland - Um Gottes willen!


MEDRUM-Artikel

-> "Neues Deutschland" und die Diskriminierung evangelikaler Christen

-> Angriff gegen evangelikale Christen harmlos?

-> Der Menschenrechtssprecher für zweierlei Menschenrecht

-> Anti-christliche und anti-religiöse Propaganda für Schüler