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Verfassungswidriges Unrecht gegen Familien beseitigen


08.10.09

Verfassungswidriges Unrecht gegen Familien beseitigen

Aktionsbündnis Familie mahnt, Familien nicht länger zu benachteiligen

(MEDRUM) Familien zahlen pro Kind 50.000 Euro zuviel Sozialversicherungsbeiträge, teilt das "Aktionsbündnis Familie" in seiner heutigen Pressemitteilung mit. Christiane Lambrecht, Sprecherin des Aktionsbündnisses, fordert, verfassungswidrige Benachteiligung von Familien endlich zu beseitigen.

In seiner Mitteilung begrüßt das Aktionsbündnis Familie die Ankündigung der Koalitionspartner CDU/CSU und FDP, das steuerliche Existenzminimum von Kindern auf 8004 Euro pro Jahr anzuheben. Eltern und Alleinerziehende hätten dann pro Kind 245 Euro mehr im Monat, so Lambrecht. Bis zur Volljährigkeit addiere sich dies auf mehr als 50.000 Euro. Lambrecht: "Dieser Betrag steht erwerbstätigen Eltern zu, ohne dass es eines neuen Gesetzes bedarf."

Mit der jetzigen Erklärung von CDU/CSU und FDP zu Beginn der Koalitionsgespräche, den steuerlichen Freibetrag für Kinder anzuheben, bestätigen die künftigen Regierungspartner die vorherigen Ankündigungen in ihren Regierungsprogrammen, die sie im ersten Halbjahr 2009 verabschiedet hatten.

Das Aktionsbündnis fordert weiter, die Urteile des Bundesverfassungsgerichts umzusetzen und nennt

  1. das Urteil zum steuerfreien Existenzminimum (BVerfGE 82, 60) vom 29. Juni 1990 und
  2. das Urteil zu den Beiträgen in die Pflegeversicherung (1 BvR 1629/94) vom 3. April 2001.

Diese Forderung werde zwar seit Jahren von verschiedenen Experten und Familienvertretern, zum Beispiel vom Deutschen Familienverband, gestellt, doch trotz aller Appelle von den politisch Verantwortlichen "konsequent" ignoriert. Lambrecht stellt dazu fest: „Dies führt dazu, dass Familien verfassungswidrig benachteiligt werden, und zwar umso stärker, je mehr Kinder sie haben. Dieses Unrecht ist ein Hauptgrund, weshalb immer mehr Eltern trotz Erwerbstätigkeit von Armut bedroht sind und immer weniger Kinder in Deutschland geboren werden".

ImageWie MEDRUM wiederholt berichtete, ist Deutschland bei den Geburten in Europa Schlußlicht aller Länder mit nur 8,2 Geburten pro Tausend Einwohner.

Auch in 2009 hält die langjährig prekäre Entwicklung einer immer weiter absinkenden Geburtenrate an.

Völlig gegensätzliche Auffassungen werden zum Teil von Politikern der Partei DIE LINKE vertreten. Asja Huberty, Landesvorstandsmitglied der Linken in Schleswig-Hostein, vertritt in einem Artikel die Meinung: "Einen 'demographischen Verfall' gibt es in Bezug auf unsere Gesellschaft gar nicht wirklich. Es sind Kirchen, Sekten, rechte Organisationen und Parteien, die uns suggerieren, in der 'westlichen' Welt, also auch in Deutschland, mangele es an Nachwuchs."

Die extrem niedrige Geburtenrate war bei einer vergleichenden Analyse der Familienfreundlichkeit zwischen europäischen Staaten auch Grund, weshalb Deutschland nur einen verhältnismäßig schlechten zwölften Platz erreichen konnte, während hinsichtlich Gleichstellung von Frau und Mann und aufgrund der Frauenwerbsquote ein vordere Platzierung durchaus erreichbar gewesen wäre.

Gleichzeigt fordert das Aktionsbündnis Familie die Bundeskanzlerin Angela Merkel sowie die Parteien CDU/CSU und FDP auf, die Gesetze zur Sozialversicherung zu novellieren. „Es muss zu den ersten Aufgaben der neuen Regierung gehören, dieses verfassungswidrige Unrecht zu beenden. Das ist ein wesentliches Ziel des im Sommer gegründeten Aktionsbündnis Familie", erklärt das Aktionsbündnis.

Diese Forderungen werden in einer Unterschriftenaktion, über die MEDRUM berichtete, von mittlerweile über 7000 Personen zusammen mit zahlreichen Verbänden, Vereinen und Unternehmen unterstützt. Sie repräsentieren nach Angaben des Bündnisses mehrere Millionen Mitglieder.

Das Bundesverfassungsgericht stellte im sogenannten Pflegeversicherungsurteil 2001 fest, es sei "mit Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren, dass Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung, die Kinder betreuen und erziehen und damit neben dem Geldbeitrag einen generativen Beitrag zur Funktionsfähigkeit eines umlagefinanzierten Sozialversicherungssystems leisten, mit einem gleich hohen Pflegeversicherungsbeitrag wie Mitglieder ohne Kinder belastet werden." Das Aktionsbündnis betont, dass auch der zum 1. Januar 2005 eingeführte Beitragszuschlag von 0,25% für Pflegeversicherte ohne Kinder nicht zum familienorientierten Abbau von Benachteiligungen eingesetzt wurde. Dieser Kinderlosenzuschlag sei vielmehr zum generellen Abbau von Defiziten in der Pflegeversicherung genutzt worden.

Im offensichtlichen Gegensatz zur Politik, erkenne das höchste deutsche Gericht die Leistung der Eltern und Alleinerziehenden sowie die gesellschaftliche Bedeutung von Kindern an - denn ohne genügend Nachwuchs könne der Generationenvertrag nicht funktionieren, würden die Sozialversicherungssysteme kollabieren und sei der Wohlstand aller gefährdet, resümiert Bündnissprecherin Lambrecht: „Ich frage mich, wann dem Gesetzgeber endlich klar wird, dass gerechte und faire Rahmenbedingungen wesentlich für potentielle und junge Eltern sind, um sich für ein Kind oder weitere Kinder zu entscheiden."

Überdies kritisiert das Aktionsbündnis, dass die derzeitige gesetzliche Regelung nicht nach der Anzahl der Kinder unterscheidet. Eine Familie mit fünf Kindern zahlt den gleichen Beitragssatz wie eine Familie mit einem Kind, obwohl erstere einen fünfmal so hohen Beitrag zur Sicherung der Generationenfolge und damit zur Zukunftssicherung der Sozialversicherungen leistet. Die Bedeutung des Urteils für die weiteren Sozialversicherungszweige sei überhaupt nicht ernsthaft thematisiert worden, obwohl das Bundesverfassungsgericht dazu einen Prüfauftrag erteilt habe, so das Bündnis, das dafür eine Beispielrechnung erstellt hat (-> weitere Information ).

Das Aktionsbündnis Familie wurde Anfang Juli 2009 gegründet. Als Initiatorin gilt Christiane Lambrecht. Neben ihr, Maria Steuer vom Familiennetzwerk und Harmut Steeb von der Deutschen Evangelischen Allianz gehören dem Bündnis weiterhin der Journalist Jürgen Liminski, Elke Pechman vom Deutschen Institut für Jugend und Gesellschaft sowie Siegfried Stresing vom Deutschen Familienverband an.

Information im Internet -> Aktionsbündnis, Anfragen über email: info(at)aktionsbuendnis-familie.de


MEDRUM -> Auch im Juli weniger Geburten als im Vorjahr

MEDRUM -> Aktionsbündnis Familie gegründet

MEDRUM -> Manifest und Kriegserklärung einer Linken


Leserbriefe

Den Initiatoren des Aktionsbündnisses ist zu danken. Denn Eltern haben offenbar nicht die Kraft, sich selbst politisch zu wehren. Teilweise scheint es, als ob die vergangenen Jahrzehnte, in denen Familienerziehungsarbeit auf den Wert 0 herabgewürdigt worden ist, dazu beitragen, dass die finanziell benachteiligten Eltern ihre Situation verkennen.

Nur ein Beispiel: Alleinerziehende ohne Berufstätigkeit erleben sich selbst als Schmarotzer, sie fordern Job und externe Kinderbetreuung. Dabei arbeiten sie!. Sie leisten als Eltern wichtige, wertvolle, aus Sicht kleiner Kinder sogar unerersetzliche, Arbeit, wenn sie in den ersten Jahren für ihre Kinder auch wochentagsüber ansprechbar sind.

Und wieso sollen Eltern die Versorgungskosten für Kinder privat tragen, wenn sie später im Alter von ihrer Elternschaft finanziell überhaupt nichts haben - im Gegenteil. Wenn sich Mütter selbst mehrerer Kinder ihren Rentenbescheid ansehen, ist das ein bitterer Witz. Es ist nicht einzusehen, dass Kinder die Lebenshaltungskosten für kinderlose Alte tragen, wenn diese sich vorher nicht an den Kinderhaushaltskosten beteiligt haben.

Die Familienpolitik von Ursula von der Leyen sieht nur oberflächlich modern aus, bei Lichte besehen - bzw. an den Zahlen ersichtlich - hat sie eine unweise Politik gemacht. Das passiert fast immer, wenn die Ergebnisse von Fachleuten und Wissenschaftsbereichen ignoriert werden.

Das intergenerationelle Solidaritätsprinzip wird hier nicht nur überstrapaziert, es wird regelrecht aus den Angeln gehoben. Wohin wird dies die Gesellschaft führen? Wir wissen es bereits, denn die Auswirkungen greifen jetzt schon, und es gehört zu den Versagensbereichen der vergangenen Regierungen, familienpolitisch nach dem Motto verfahren zu sein: Dreimal abgeschnitten und immer noch zu kurz.

Gerechtigkeit für Familien geht anders.