Sie sind hier

Uneinigkeit über Vorbehaltsklausel


27.08.09

Uneinigkeit über Vorbehaltsklausel

Anhörung im Bundestag über Begleitgesetze zum Vertrag von Lissabon

(MEDRUM/hib) In der Anhörung des Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union traten unterschiedliche Auffassungen darüber zu Tage, ob zur Ratifizierung des Vertrages von Lissabon eine Vorbehaltserklärung abgegeben werden soll.

Unter den Sachverständigen herrschte Uneinigkeit um einen Vorbehalt zum Vertrag von Lissabon. Dietrich Murswiek, Professor an der Universität Freiburg und Bevollmächtigter des CSU-Politikers Peter Gauweiler, sprach sich heute Morgen klar für eine zusätzliche Erklärung aus, die bei der Ratifizierung des Vertrages abgegeben werden soll. Um Konflikte zwischen Bundesverfassungsgericht und Europäischem Gerichtshof (EuGH) zu vermeiden, müsse ein Protokoll oder ein Vorbehalt angebracht werden. Nur so könnten mögliche Widersprüche zwischen völkerrechtlichen Verpflichtungen und solchen nach dem Grundgesetz vermieden werden.

Eine andere Auffassung vertrat Franz C. Mayer, Professor der Universität Bielefeld: "Das geht einfach nicht." Es sei völkerrechtlich nicht zulässig. Hinzu komme, dass es mit dem Vorlageverfahren bereits ein Instrument zur Klärung möglicher Konflikte zwischen nationalen Gerichten und dem EuGH gebe. Bereits gestern hatte sich auch Christian Callies, Professor an der Freien Universität Berlin, gegen einen Vorbehalt ausgesprochen. Hintergrund des Streits: Das Bundesverfassungsgericht hat den Vertrag von Lissabon "nach Maßgabe der Gründe" seiner Entscheidung für verfassungskonform erklärt. Juristen streiten nun darüber, ob die Bundesregierung verpflichtet ist sicherzustellen, dass der Vertrag nur in der Auslegung für Deutschland verbindlich wird, die sich aus den Urteilsgründen ergibt.

Nachdem gestern Details zum Integrationsverantwortungsgesetz und zum Zusammenarbeitsgesetz (Bundestag und Bundesregierung) besprochen worden waren, lag der Schwerpunkt der heutigen ersten Fragerunde auf dem Gesetz zur Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern. Der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen und der FDP "begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken", sagte Ingolf Pernice, Professor an der Humboldt-Universität; dies gelte auch für die als Anlage geplante Bund-Länder-Vereinbarung. Diese Einschätzung teilten Franz C. Mayer und Matthias Ruffert, Professor an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

Gegenstand der Anhörung sind fünf Gesetzentwürfe, die der Umsetzung des Vertrags von Lissabon im Anschluss an die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 30. Juni (Aktenzeichen 2 BvE 2/08) dienen. In diesem Urteil hat das Gericht das sogenannte Begleitgesetz für teilweise verfassungswidrig erklärt, weil Beteiligungsrechte von Bundestag und Bundesrat am europäischen Integrationsprozess nicht hinreichend ausgestaltet worden waren. Gleichzeitig hatten die Karlsruher Richter konkrete Vorgaben für die Ausgestaltung eines neuen Gesetzes gemacht und die Hinterlegung der Ratifizierungsurkunde vom Inkrafttreten dieses Gesetzes abhängig gemacht. Neben dem Integrationsverantwortungsgesetz (16/13923) berät der Bundestag das Gesetz zur Umsetzung der Grundgesetzänderungen für die Ratifizierung des Vertrages von Lissabon (16/13924). Die künftige Zusammenarbeit zwischen Bundestag und Bundesregierung in EU-Fragen wird in einem weiteren Gesetz (16/13925) geregelt. Diese drei Entwürfe sind von CDU/CSU, SPD, FDP und den Grünen eingebracht worden. Ein vierter Gesetzentwurf von CDU/CSU, SPD und FDP enthält die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union sowie in der Anlage eine Bund-Länder-Vereinbarung (16/13926). Einen fünften Gesetzentwurf zur Änderung des Grundgesetzes (16/13928) hat die Fraktion Die Linke vorgelegt.

 

Leserbriefe

.. weiter so, bitte