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Todesstrafe statt Glaubensfreiheit im Iran keine Basis für gemeinsames Handeln


29.12.08

Todesstrafe statt Glaubensfreiheit im Iran keine Basis für gemeinsames Handeln

Ratsvorsitzender der EKD kritisiert in der "Welt" die Politik des Ökumenischen Rats der Kirchen

(MEDRUM) Einer Basis für gemeinsames Handeln von Muslimen und Christen gegen die Verhöhnung ihrer Religion fehlt nach Auffassung des Ratsvorsitzender der EKD, Bischof Wolfgang Huber, als wesentliche Voraussetzung die Glaubensfreiheit in weiten Teilen der islamischen Welt.

Im Gespräch mit der "Welt" vom 28.12.08 betonte Huber, eine gemeinsame Berufung von Christen und Muslimen auf die Religionsfreiheit sei nur dann möglich, wenn man gemeinsam ausdrücklich erkläre, dass zur Religionsfreiheit auch das Recht zum Wechseln der Religion gehört. Dies sei in weiten Teilen der islamischen Welt jedoch nicht der Fall, so Huber. Huber sieht keine Möglichkeit, über diese Frage hinwegzugehen und verweist auf den Iran, in dem in diesem Jahr ein neues Apostasiegesetz vorbereitet wurde, dass den Abfall vom muslimischen Glauben auch künftig unter Todesstrafe stellt. Aus diesem Grund teilt Huber die Politik des Ökumenischen Rats der Kirchen zum Thema Berufung auf die Glaubensfreiheit zu erheblichen Teilen nicht, wie er gegenüber der "Welt" erklärte.

Huber bezog damit Position zu einer gemeinsamen Erklärung des Weltkirchenrates auf einer Tagung mit dem iranischen Institut für Interreligiösen Dialog in Teheran, in der es heißt, Christen und Muslime müssten gemeinsam handeln, wenn "unverantwortliche Medien ein verzerrtes Bild einer bestimmten Religion präsentieren und deren Symbole oder Anhänger beleidigen".

Bereits im September erklärte der Auslandsbischof der EKD, Martin Schindehütte, dass für den Dialog mit dem Iran elementare Grundbedingungen erfüllt sein müssen. Das Apostasiegesetz sei jedoch völlig inakzeptabel, weil es eine fundamentale Verletzung der Menschenrechte darstelle, so Schindehütte.

Bischof Huber bekräftigte mit seinem Interview, dass das Recht zum Wechsel der Religion eine unverzichtbare  Voraussetzung für den interreligiösen Dialog ist, die in weiten Teilen der islamischen Welt fehlt.

Das iranische Apostasiegesetz wurde am 9. September vom iranischen Parlament verabschiedet und wartet auf die Bestätigung durch den so genannten Wächterrat.

Interview Bischof Huber mit der Welt -> "2008 ist die Vergötzung materieller Werte an ihre Grenze gekommen"


Leserbriefe

Bischof Huber spricht hier genau das richtige an! Leider helfen beim Recht auf Glaubensfreiheit auch die Menschenrechte nicht weiter. In Art. 18 der allgemeinen Menschenrechte ist das Recht auf Glaubenswechsel zwar noch enthalten: "Jeder hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; dieses Recht schließt die Freiheit ein, seine Religion oder Überzeugung zu wechseln, sowie die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung allein oder in Gemeinschaft mit anderen, öffentlich oder privat durch Lehre, Ausübung, Gottesdienst und Kulthandlungen zu bekennen." Im zugehörigen Art. 18 des 1966 beschlossenen Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte (ICCPR) ist von der Freiheit des Religionswechsels aber nichts mehr zu finden. Es heißt dort: "Artikel 18 (1) Jedermann hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit. Dieses Recht umfasst die Freiheit, eine Religion oder eine Weltanschauung eigener Wahl zu haben oder anzunehmen, und die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung allein oder in Gemeinschaft mit anderen, öffentlich oder privat durch Gottesdienst, Beachtung religiöser Bräuche, Ausübung und Unterricht zu bekunden. (2) Niemand darf einem Zwang ausgesetzt werden, der seine Freiheit, eine Religion oder eine Weltanschauung seiner Wahl zu haben oder anzunehmen, beeinträchtigen würde. (3) Die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung zu bekunden, darf nur den gesetzlich vorgesehenen Einschränkungen unterworfen werden, die zum Schutz der öffentlichen Sicherheit, Ordnung, Gesundheit, Sittlichkeit oder der Grundrechte und -freiheiten anderer erforderlich sind. (4) Die Vertragsstaaten verpflichten sich, die Freiheit der Eltern und gegebenenfalls des Vormunds oder Pflegers zu achten, die religiöse und sittliche Erziehung ihrer Kinder in Übereinstimmung mit ihren eigenen Überzeugungen sicherzustellen." der ICCPR ist deshalb wichtig, weil die konkrete Umsetzung der Menschenrechte in nationales Recht erst durch Menschenrechtsabkommen geschieht, die dann ratifiziert werden müssen. Wer den ICCPR-Artikel aufmerksam liest, wird feststellen, daß er praktisch nichts wert ist, weil vom Wechsel der Religion dort nichts mehr zu finden ist. Ägypten war 1966 daran beteiligt, die in der Menschenrechtsdeklaration von 1948 enthaltene Formulierung „the freedom to change his religion or belief“ abzuschwächen, so dass es nun in Artikel 18 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte heißt: „the freedom to have or adopt a religion or belief.“ Aufgrund des ICCPR kann also bspw. Ägypten Moslems die Konversion zum Christentum verbieten, ohne mit den Menschenrechte allzusehr anzuecken ...