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Theorie und Praxis - Dialog und Gesprächskultur in der EKD


28.01.11

Theorie und Praxis - Dialog und Gesprächskultur in der EKD

"Im Vergleich dazu ist eine Volkskammersitzung ein Hort des Pluralismus und der Gesprächskultur gewesen"

von Kurt J. Heinz

(MEDRUM) Sie wünsche sich einen sachlichen Dialog und Austausch von Argumenten, meinte die Präsidentin der Synode der evangelischen Kirche in Baden, Margit Fleckenstein, mit Blick auf die Debatte um das neue Pfarrdienstgesetz. Doch die selbstverständlich klingende Forderung von Fleckenstein steht im eklatanten Widerspruch zur Dialogpraxis kirchenleitender Instanzen. Dies zeigt sich gerade am Beispiel der Debatte zum Thema evangelische Kirche und Homosexualität.

Der öffentliche Aufruf zu Dialog und Gespräch ertönt immer wieder aus dem Munde von Amtsträgern aus dem Bereich der evangelischen Kirchenleitung. So auch in der Debatte über das neue Pfarrdienstgesetz, das die Synode der EKD während ihrer Tagung im November 2010 verabschiedet hat.

Nach der EKD-Synode befasste sich zuerst die bayerische Landessynode mit dem Thema. Während bei der EKD-Synode zwar abgestimmt, aber nicht diskutiert wurde, regte sich bei der Tagung der Landessynode gegen die Neuregelungen Widerspruch. Dies vor allem, weil der Landeskirchenrat bereits im Juli 2010 ohne einen vorangehenden, offenen Dialog beschlossen hatte, homosexuelle Partnerschaften in bayerischen Pfarrämtern zuzulassen. So wurde der Landesbischof und Landeskirchenrat aufgefordert, in den Dialog mit den Kirchenkreisen und Gemeindegliedern zu treten. Eine solche Veranstaltung, bei der den Gemeindegliedern der Beschluß der Kirchenleitung wenigstens nachträglich vermittelt werden sollte, fand am 20. Januar 2010 in Erlangen statt. Ein Teilnehmer der Veranstaltung beschrieb sein Erlebnis auf Nachfrage von MEDRUM zugespitzt: "Eine Volkskammersitzung ist im Vergleich zu dieser Veranstaltung geradezu ein Hort des Pluralismus und der Gesprächskultur gewesen." Von Dialogbereitschaft habe er bei dieser Veranstaltung nichts erkennen können. Charakteristisch dafür sei unter anderem die in entsprechendem Ton gehaltene Bemerkung des Hauptredners Prof. Bubmann gewesen, "von Herrn Wilckens wollen wir hier gar nicht sprechen", so der Teilnehmer (gemeint Altbischof Prof. Dr. Wilckens).

Widerspruch gegen die Zulassung von homophilen Partnerschaften im Pfarramt hat sich danach auch in der badischen Landeskirche angemeldet. Im April wird sich die badische Landessynode mit dem Thema befassen. Die Präsidentin der Synode, Margit Fleckenstein, hat vor diesem Hintergrund in den Badischen Neuesten Nachrichten ebenfalls zum Dialog aufgerufen. Sie wünsche sich einen sachlichen Austausch von Argumenten. Dies gehöre zur Gesprächskultur. Das ist auch Anliegen des Initiativkreises Evang. Kirchenprofil, der sich am 12. Januar an die Öffentlichkeit gewandt hat, um die Gemeindeglieder zu ermutigen, sich an der Debatte zu beteiligen. Der Initiativkreis identifiziert sich mit dem Aufruf der Synodenpräsidentin, einen sachlichen Diskurs zu führen, und hat dazu bereits zahlreiche Argumente und Sachbeiträge in die Diskussion eingebracht.

Doch die Bereitschaft zur argumentativen Auseinandersetzung scheint längst nicht auf allen Seiten vorhanden zu sein. Der Dekan des Kirchenbezirks Karlsruhe - Durlach meinte im Interview mit der Evang. Kirche in Karlsruhe, das Streitthema sei "überflüssig". Ebenso hat ein Kreis von elf jetzigen und ehemaligen Amtsträgern der evangelischen Kirche in Baden nur geringe Gesprächsbereitschaft erkennen lassen. In einem Offenen Brief meinte der Elferrat, es könne nicht zu einer angemessenen Entscheidung in der jetzigen Debatte führen, auf Sichtweisen zu beharren, die sich überholten Einsichten schulden. Doch begnügten sich die Unterzeichner nicht, dieses Killer-Argument aufzubieten,  sondern bezeichneten das engagierte Eintreten für eine andere Glaubensüberzeugung und Sichtweise herabsetzend als "Inszenierung". Damit wird der Appell der Synodenpräsidentin zu sachlichem Dialog und Pflege der Gesprächskultur gleich mehrfach konterkariert.

Daß Amtsträger in kirchenleitenden Organen der EKD mitunter ihr ganz eigenes Verständnis von Dialogbereitschaft und kirchlicher Gesprächskultur haben, ist allerdings keine neue Erkenntnis. Der württembergische Kirchenrat i.R. Hans Lachenmann, Mitglied des Initiativkreises Evang. Kirchenprofil, zeigt sich gegenüber MEDRUM wenig überrascht. Der verdiente Kirchenmann, ehemals langjähriges Mitglied der Synode der EKD, hatte sich 2004 in einem Brief an den Leitenden Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands gewandt in dem Glauben, es bestünde Bereitschaft zu Dialog und Gespräch. Doch Lachenmann irrte sich, wie er sich später eingestehen musste. Auf die Frage, was ihm damals geantwortet wurde, entgegnete er dieser Tage: "Ich warte leider noch heute auf eine Antwort." MEDRUM dokumentiert den Brief des Kirchenrats als Zeitdokument zu einem Thema, das unverändert aktuell ist, aber von der Kirchenleitung einer Antwort nicht für wert befunden wurde.

Brief von Kirchenrat Hans Lachenmann aus dem Jahr 2004:

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Pfarrdienstgesetz

Leserbriefe

Die 68-er haben damit angefangen und die Grünen weitergemacht mit der Unterwanderung von Institutionen. Das Ergebnis sieht man jetzt u.a. bei der EKD. Es wird Zeit, dass die konservativen und anständigen Menschen in diesem Land sich nicht mehr nur schweigend und kopfschüttelnd das ansehen, was aus unserer Gesellschaft gemacht wurde, sondern auch endlich etwas dagegen unternehmen. Das was die Fundigrünen und die Homo-Lobby als Fortschritt deklarieren, ist in Wirklichkeit nur Dekadenz und Rückschritt in finstere, verwahrloste Zeiten.