22.03.15
Starke Polizeikräfte im Einsatz
Weitgehend friedlicher Verlauf bei Demos in Stuttgart - Teilnehmerzahlen geringer als bei letzter "Demo für alle"
(MEDRUM) Obwohl Gegendemonstranten aus der linken Szene angekündigt hatten, die "Demo für alle" am Samstag in Stuttgart zu "vermiesen", konnte durch den Einsatz "starker Polizeikräfte" ein friedlicher Verlauf gewährleistet werden. Zu nennenswerten Ausschreitungen kam es nicht. Umstritten sind erneut die Teilnehmerzahlen.
Gegendemonstranten: Rechtspopulisten abtreiben
Nachdem von der Inititiave "Familienschutz" aus dem Umfeld der AfD-Politikerin Beatrix von Storch erneut zur "Demo für alle" in Stuttgart aufgerufen worden war, hatten sich laut Polizeibericht etwa 1.000 Personen zu Beginn der Kundgebung auf dem Schillerplatz in Stuttgart versammelt. Die Gegendemonstranten trafen sich zunächst auf dem Schloßplatz zu einer Parallelkundgebung. Eines ihrer Plakate trug die Aufschrift "Rechtspopulisten abtreiben" (Bild links, Mitsch-Fotografie). Einige Gegendemonstanten, die versuchten, die "Demo für alle" bei ihrer Kundgebung und dem sich anschließenden Marsch zum Staatstheater zu stören, erhielten Platzverweise und Anzeigen. Die Stuttgarter Polizei berichtete über den Verlauf der Veranstaltungen.
Polizeibericht um 16.00 Uhr:
„Bei einer Demonstration zum Thema: "Elternrecht wahren! Stoppt Gender-Ideologie und Sexualisierung unserer Kinder im Bildungsplan" haben am Samstag (21.03.2015) in der Stuttgarter Innenstadt weniger als 1.000 Personen teilgenommen. Sie versammelten sich um 15.00 Uhr zu einer Kundgebung auf dem Schillerplatz.
Zeitgleich haben verschiedene linke Gruppierungen zu Gegendemonstrationen aufgerufen. Bis zu 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer versammelten sich hierzu auf dem Schlossplatz. Im Anschluss zogen sie in Gruppierungen in Richtung Schillerplatz, wo sie mit Trillerpfeifen und Vuvuzelas sowie Parolen skandierend gegenüber den dortigen Demonstranten ihren Unmut äußerten. Im Vorfeld hatten Einsatzkräfte bei mehreren mutmaßlichen Gegnern der Bildungsplan-Demo Vermummungsmaterial, Pfefferspray und ein Taschenmesser aufgefunden und beschlagnahmt. Die Personen erhielten einen Platzverweis und wurden angezeigt.”
Um 18.00 Uhr berichtet die Polizei weiter:
„Nach Abschluss der Kundgebung "Elternrecht wahren! Stoppt Gender-Ideologie und Sexualisierung unserer Kinder im Bildungsplan" auf dem Schillerplatz setzten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gegen 16.30 Uhr zu einem Demonstrationszug in Bewegung. Der Aufzug führte vom Schillerplatz über die Planie, Charlottenplatz, Konrad-Adenauer-Straße, Gebhard-Müller-Platz zum Staatstheater, wo er gegen 17.20 Uhr eintraf. In dieser Zeit musste die Bundesstraße 14 zwischen dem Charlottenplatz und dem Gebhard-Müller-Platz teilweise in beide Richtungen gesperrt werden, was zu Verkehrsbehinderungen in der Innenstadt führte.
Am Rande der Aufzugsstrecke kam es immer wieder zu Provokationen durch Gegendemonstranten aus dem linken Spektrum. Der Aufzug selber wurde durch starke Polizeikräfte begleitet. Aufgrund der aufgeheizten Stimmung am Abschlusskundgebungsort vor dem Staatstheater, musste die Polizei die Absperrungen mit massiven Kräften sichern.
Im Vorfeld und während des Demonstrationsgeschehens wurden insgesamt fünf Platzverweise erteilt. Eine Person wird wegen Beleidung eines Polizeibeamten angezeigt, drei Personen werden angezeigt, weil sie Vermummungsmaterial bei sich hatten. Gegen einen Tatverdächtigen aus dem linken Spektrum wird ermittelt, weil er offenbar versucht hatte, einem Demonstrationsteilnehmer eine Fahne zu rauben. Darüber hinaus beschlagnahmten die Einsatzkräfte ein Taschenmesser, ein Pfefferspray und Schals, die vermutlich als Vermummungsmittel vorgesehen waren.”
Linke Szene bekennt sich zu Störungen und spricht von der Polizei als "Bullen"
Im Internetportal "aabs" des sich so bezeichnenden "Antifaschistischen Aktionsbündnisses Stuttgart und Region" wird zu den Störversuchen vermeldet: "Nachdem die normale Route der rechten Allianz von ungefähr 500 AntifaschistInnen blockiert wurde, entschloss sich die Polizei dazu, eine andere Route für die knapp 1000 Hetzer zu ermöglichen und schleuste diese durch einen anderen Ausgang des Schillerplatzes. Anschließend kam es zu lautstarkem Protest entlang der Demonstrationsroute und ca. 300 AntifaschistInnen gelang es, auf unterschiedlichen Wegen, in den von Bullen abgeriegelten Stuttgarter Schloßpark vorzudringen und direkt an der rechten Abschlusskundgebung zu protestieren. Dabei wurde eine Antifaschistin von einem Polizeipferd so schwer verletzt, dass diese ins Krankenhaus eingeliefert werden musste."
Die Koordinatorin der "Demo für alle" von der Zivilen Koalition e.V. aus Berlin, Hedwig Freifrau von Beverfoerde, unterstrich bei ihrer Begrüßung zu Beginn der Kundgebung, es sei egal, welchen Bekenntnisses, welcher politischen Ausrichtung oder welcher Orientierung, ob sich ein Mann zu Männern oder zu Frauen hingezogen fühle und umgekehrt, jemand angehöre, das alles spiele überhaupt keine Rolle für die Zugehörigkeit zu dem Personenkreis, der ein Bekenntnis für die "echte" Familie habe, die aus Vater, Mutter und Kindern bestehe. Deswegen sei es auch eine echte "Demo für alle". Doch scheint dies bei den Gegnern auf wenig Einsicht oder gar Gegenliebe zu stoßen. Im Gegenteil: Die Vorstellungen von Familie, die von Beverfoerde beschrieb, wird in der linken Szene als "gefährliche mischung an ideologien und wahnvorstellungen, die sich auf dem schillerplatz versammelt hatte" bezeichnet (linksunten.indymedia.org).
Streit in Schüler-Union
Einen Streit hat die "Demo für alle" innerhalb der Schüler-Union ausgelöst. Angehörige der Schüler Union Ludwigsburg und Stuttgart hatten an der "Demo für alle" teilgenommen. Davon hat sich die Schüler-Union des Landesverbandes Baden-Württemberg distanziert.
Teilnehmerzahl rückläufig
Wie schon bei früheren Demonstrationen gab die Koordinatorin bei der jetzt vierten "Demo für alle", Hedwig Freifrau von Beverfoerde, für ihre Veranstaltung eine weit über den Polizeiangaben liegende Teilnehmerzahl an. Demnach sollen 2.400 an der "Demo für alle" teilgenommen haben (gemäß Ergebnis so genannter "Zähltore"), fast so viele wie bei der Demo im April 2014, an der nach Veranstalterangaben 2.500 Personen teilgenommen hatten. Im Vergleich zur letzten "Demo für alle" mit über 3.000 Teilnehmern (laut Veranstalter) im Oktober 2014 ging die Teilnehmerzahl trotz Präsenz von Birgit Kelle als promininter Rednerin etwas zurück. Klaus Kelle, Ehemann von Birgit Kelle, wertete die Teilnehmerzahl in einem Beitrag in kath.net trotzdem als Erfolg. In seinem Gastbeitrag schreibt Kelle: "2.416 sind eine schöne Teilnehmerzahl, wenn man berücksichtigt, dass normale Familien oder politisch „Bürgerliche” ungern bis nie für ihre Belange auf die Straße gehen." Dessen ungeachtet spiegeln sich in den Teilnehmerzahlen von Stuttgart aber große Unterschiede im Vergleich zu Frankreich wider. An den dortigen Demos "Manif pour tous" nahmen Hunderttausende, manche sprechen sogar von mehr als einer Million, sogenannte Bürgerliche teil. Auch mit Blick auf den ernormen Verkaufserfolg des Buches "GenderGaga" von Birgit Kelle, das schon auf Platz 44 der SPIEGEL-Bestsellerliste emporgestiegen ist, ist die Zahl der Teilnehmer, die sich für die "Demo für alle" mit ihrem erklärten Ziel "Stoppt Gender-Ideologie" mobilisieren ließen, nicht gerade überwältigend hoch.
Video der Rede des Vertreters von "Zukunft - Verantwortung - Lernen e.V": Heinz Veigel
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Bildnachweis
Die in diesem Bericht verwendeten Fotos wurden von Mitsch-Fotografie zur Verfügung gestellt.
22.03.15 | Streit um sexuelle Vielfalt: Aufgeheizte Stimmung bei Demo | Schwäbische Zeitung |
22.03.15 | Bildungsplan-Demos in Stuttgart: Regenbogenfarben gegen pink-blau | Rhein-Neckar-Zeitung |
21.03.15 | Umgeben von Hass bei der "Demo für Alle" | queer.de |
21.03.15 | Es prallen wieder Welten aufeinander | Stuttgarter Zeitung |
21.03.15 | Wieder Streit über sexuelle Vielfalt | SWR |
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Leserbriefe
Zahl
Sicherlich wären mehr Teilnehmer gekommen, wenn nicht im Vorfeld von erwarteten Störaktionen stärkerer Art gesprochen und geschrieben worden wäre. Auch ich hatte mir vorher Sorgen diesbezüglich gemacht, habe mich aber überwunden und bin mit meiner Familie bei der Demo für alle gewesen. Im nachhinein bin ich sehr froh über diese Entscheidung, weiß aber von anderen, dass die Sorge um die Kinder ein Kommen verhindert hat.
Nicht einschüchtern lassen
Ich kann nur ermutigen, sich nicht einschüchtern zu lassen. Auf dem alljährlichen Marsch für das Leben sind die schweigenden Teilnehmer auch dem unflätigen Mop ausgesetzt, teils aufgewiegelt durch Politik und Medien. Von daher wird das aggressive Auftreten von den Medien natürlich ignoriert, man spricht dann nur von Gegendemonstranten gegen Rechts.
Aber es geht in Wirklichkeit um die Urzelle der Gesellschaft, die Familie. Ihr schlägt durch die linke Szene schon blanker Hass entgegen, weil wir es mit einer Generation zu tun haben, die oftmals Familie als Ort der Geborgenheit und des Lernens schon gar nicht mehr kennen lernen konnte. Von daher ist auch „Demo für alle“ eine gute Gelegenheit die Existenz und den Wert von Familie einer Öffentlichkeit zu zeigen.
Züge von Demonstranten blockiert
Die Ankündigung laut medrum, dass die Gegner den Demonstranten den Aufenthalt in Stuttgart vermiesen wollten, ist eingetroffen. Sie haben Züge nach Stuttgart blockiert, so dass viele Reisende nicht mehr zur Demo kommen konnten. Mein Zug aus München mit Demonstranten wurde schon in Göppingen eine volle Stunde angehalten, "weil sich in Stuttgart Personen auf den Gleisen aufhalten." So die Durchsage im Zug. Ebenso wurde der Zug aus Freiburg nach Stuttgart so lange angehalten, dass die Demonstranten erst am Ende der Veranstaltung zum Schillerplatz kamen.
Über diese Blockade steht nichts im Polizeibericht. Warum? Um 18;00 Uhr berichtete dann das Fernsehen in Stuttgart, dass nur 1000 Teilnehmer gekommen seien. Die Demonstration hätte sich gegen die Homosexuellengerichtet. In Wahrheit haben aber mehrere Redner der "Demo für alle" erklärt: "Wir haben nichts gegen die Homosexuellen, aber wir wollen ihnen unsere Kinder nicht anvertrauen. Eine Rednerin der Gegendemonstration auf dem Schlossplatz hatte sogar versucht, einen Zusammenhang herzustellen zwischen der Verfolgung der Homosexuellen im Nationalsozialismus und der jetzigen Demonstration in Stuttgart. Dabei musste diese Rednerin sogar Ernst Röhm ehrend gedenken.