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Schäuble: Initiative muslimischer Gelehrter stellt Nächstenliebe in den Mittelpunkt für Zusammenleben


23.11.08

Schäuble:  Initiative muslimischer Gelehrter stellt Nächstenliebe in den Mittelpunkt für Zusammenleben

Vorbilder und Vordenker für eine Kultur des gegenseitigen Zuhörens und Respekts zwischen Muslimen und Christen
(MEDRUM) Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble tat das, was bei einer Preisverleihung von einem Laudator erwartet wird: Er lobte Mustafa Ceric wie die beiden anderen Preisträger gestern in der Hofkirche der Münchner Residenz für ihren Beitrag zum interreligiösen Dialog zwischen Muslimen und Christen.

Der offene Brief "A Common Word" im Jahr 2007, in dem muslimische Geistliche auf die Regensburger Rede von Papst Benedikt XVI. geantwortet haben, sei auch eine Reaktion auf den Ruf vieler Menschen "nach einer Ortsbestimmung des Islam in einer Zeit der Umbrüche" gewesen, so Schäuble in seinem Vortrag über "Religiöse Vielfalt und gesellschaftlicher Zusammenhalt in Deutschland".

Schäuble beschrieb in seinem Vortrag das Trennende und Verbindende der Religionen, die Vergangenheit und Gegenwart bestimmen. Obwohl sie sich gegenseitig bereichern können, überwiege derzeit in den Augen vieler jedoch das Trennende. Umso größer sei die Leistung der Persönlichkeiten, die mit dem Eugen-Biser-Preis geehrt werden: Prinz Ghazi bin Talal, Scheich Al-Habib Ali Al-Jifri und Scheich Mustafa Ceric. Ihre Initiative „A Common Word between You and Us" habe ein Band des Gespräches zwischen muslimischen und christlichen Gelehrten geknüpft. Sie lasse auf ein besseres Miteinander von Muslimen und Christen hoffen. Schäuble: "Denn sie rückt mit dem Gebot der Nächstenliebe ein grundlegendes Prinzip für das Zusammenleben in den Mittelpunkt." Dieses verbindende Gebot hatte eine Woche zuvor auch der persische Philosoph Seyyid Hüseyin Nasr besonders herausgestellt. Seyyid Hüseyin Nasr erklärte in seinem Grußwort anlässlich des Katholisch-Islamischen Forums, dass bei allen Differenzen sich beide Religionen durchaus in dem Doppelgebot von Gottesliebe und Nächstenliebe einig seien. Und dieser Blick auf den anderen könne über die beiden Religionen hinaus die ganze Menschheit einschließen, betonte Nasr.

An das Einende anknüpfend, stellte Bundesinnenminister Schäuble als eine Schlüsselbotschaft heraus, dass es darauf ankomme, das Verbindende zu stärken und Unterschiede zu bewältigen. Es sah in der sinnstiftenden Kraft und den Werten beider Religionen einen wichtigen Beitrag für Staat und Gesellschaft, die sie durch ihre Vielfalt bereichern und deren Zusammenhalt sie stärken können. Aus einem religiösen Wahrheitsanspruch dürfe jedoch keine politische Autorität oder gar ein Herrschaftsanspruch abgeleitet werden. Dann gerate das Freiheitliche unserer Gesellschaft in Gefahr. Das Bekenntnis zur deutschen Rechtsordnung und Werteordnung unseres Grundgesetzes seien deshalb für die Religionen bindend. Es gebe unverrückbare Grenzen, zu denen die Ablehnung des Extremismus ebenso gehöre wie die Grundrechte der Menschen, die für das Zusammenleben elementar seien. Schäuble machte deutlich, dass dazu auch eine Kultur der Gegenseitigkeit, des gegenseitigen Zuhörens und Respekts notwendig sei, nicht nur in Deutschland, sondern auch für das Verhältnis von Christen und Muslimen in Europa und der Welt. Dafür brauche man Vorbilder und Vordenker, wie es die ausgezeichneten religiösen Führer seien.


MEDRUM-Artikel -> Bemerkenswerte Antworten von Mustafa Ceric


Ansprache von Wolfgang Schäuble -> Religiöse Vielfalt und gesellschaftlicher Zusammenhalt in Deutschland