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Petitionsausschuss der Europäischen Union rügt Rechtsverletzungen durch Jugendämter


23.01.09

Petitionsausschuss der Europäischen Union rügt Rechtsverletzungen durch Jugendämter

(MEDRUM) Wie die "Süddeutsche Zeitung" gestern berichtete hat der Petitionsausschuss des Europaparlaments von der Bundesregierung Maßnahmen zur Kontrolle der deutschen Jugendämter gefordert.

Der Vorsitzende des Petitionsausschusses Marcin Lubicki teilte mit, das EU-Parlament habe in den vergangenen zwei Jahren 250 Petitionen von Eltern erhalten, die sich über Eingriffe der Jugendämter in ihre Familien beschwert hatten. "Es  steht fest, dass Rechte verletzt wurden", so Libicki. Ausländischen Eltern sei zum Beispiel das Recht verweigert worden, mit ihren Kindern in der Muttersprache zu sprechen. Nach Information von MEDRUM ist dies zum Beispiel im Fall der polnischen Mutter Beata Pokrzeptowicz geschehen, einem binationalen Streitfall zwischen der Mutter und dem deutschen Vater, in dem die Mutter ihr Kind in Deutschland zurücklassen musste, für das sie nach der Scheidung jahrelang in Deutschland selbst gesorgt hatte. Gegen Rechtsverletzungen will eine Demonstration am 2. Feburar in Genf vor den Vereinten Nationen protestieren, die sich mit einem Bericht zur Lage der Menschenrechte in Deutschland befassen werden (-> Protest in Genf gegen Menschenrechtsverletzungen durch Jugendämter).

Ebenso kritisierte der Petitionsausschusses als bedenklich, dass die Jugendämter einerseits Urteile der Familiengerichte vollstreckten, andererseits aber Gutachten für diese Urteile erstellten. Diese Verflechtung ist in der Berichterstattung von MEDRUM über die Familie Gorber deutlich geworden, bei der das Jugendamt zunächst die Wegnahme von 6 Kindern betrieb und anschließend das Sorgerecht über die Kinder der Familie ausübte, ohne dabei selbst einer fachlichen Kontrolle und Aufsicht anderer Organe zu unterliegen.

Mängel sieht der Petionsausschuss gerade bei der Kontrolle der Jugendämter und forderte daher die Bundesregierung auf, die Arbeit der deutschen Jugendämter zu kontrollieren. Auf die fehlende Kontrolle der Jugendämter in Deutschland hat jüngst auch die Präsidentin der INGO-Konferenz des Europarates in ihrer Vorlage an den Rat für Menschenrecht bei den Vereinten Nationen hingewiesen. Um diesem Mangel abzuhelfen sieht Libicki die Möglichkeit, die deutschen Parlamente als Instanz zur Kontrolle der Arbeit der Jugendämter einzubinden.

Über den Eingriff von Jugendämtern in Familien berichtete auch die gestrige ARD-Sendung PANORAMA. PANORAMA teilte mit, dass sich die Zahl von Sorgerechtsentzügen in den letzten Jahren vor dem Hintergrund der pressebekannten Fälle von Kindesmißhandlungen und der öffentlichen Debatten darüber mittlerweile verdreifacht hat. Auch auf die zunehmenden Beschwerden und Petitionen von Eltern gegen die Eingriffe von Jugendämtern wurde hingewiesen.

In der Sendung wurden drei Fälle präsentiert, in denen Eltern in einer schwierigen Lebenslage die Kinder entzogen wurden und seitdem verzweifelt um die Rückkehr ihrer Kinder kämpfen. In der Einleitung von PANORAMA heißt es:

Nur einmal im Monat darf Bettina S. ihre Kinder sehen. Das Jugendamt hat sie ihr weggenommen, weil sie Ehestreitigkeiten und Depressionen hatte. Darunter würden die Kinder leiden, so die Begründung.

Ihren Sohn hat das Jugendamt aus dem Kindergarten abgeholt, seine große Schwester aus der Schule. Zwei Tage lang wusste Bettina S. nicht, wo ihre Kinder sind. Seither kämpft sie vor Gericht um ihr Sorgerecht.

Bettina S. ist nicht allein mit ihrem Problem. Nach den Schlagzeilen über dramatische Fälle von Vernachlässigung, etwa bei Lea-Sophie aus Schwerin und Kevin aus Bremen, nehmen Jugendämter immer schneller Kinder aus ihren Familien. Fast immer gegen den erklärten Willen ihrer Eltern. 2007 gab es fast dreimal so viele sogenannte Herausnahmen wie im Jahr zuvor. Für die Familien ein traumatisierendes Erlebnis. Häufig folgt für die Eltern ein jahrelanger Kampf ums Sorgerecht. Und je länger der Rechtsstreit dauert, desto geringer sind ihre Chancen, die Kinder je zurückzubekommen.

Der PANORAMA-Beitrag zeigte auf, wie schwerwiegend die Jugendämter in das Leben von Eltern und Kindern eingegriffen haben und wie fragwürdig die Methoden und Begründungen sind, mit denen Kinder den Eltern in diesen Fällen dauerhaft weggenommen wurden. PANORAMA ließ auch einen Familienrichter zu Wort kommen, der sich offen zu den Problemen in der derzeitigen Verfahrenspraxis bei der Handhabung des Familienrechtes und des Entzugs von Sorgerechten der Eltern für ihre Kinder bekannte, in der den Jugendämtern eine starke Machtposition zukommt. Er bestätigte, dass Eltern keine außergerichtliche Möglichkeit haben, ihre Rechte gegen das Vorgehen von Jugendämtern geltend zu machen.

Der Sendebeitrag von PANORAMA ist in der Mediathek als Video abrufbar, Dauer: ca. 11 min.

PANORAMA: Die Macht der Jugendämter

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MEDRUM-Artikel

-> David Gorber - aus dem Kinderheim vor die Vereinten Nationen

-> Deutscher Städtetag begrüßt Information der Jugendämter durch Ärzte

-> Wie verhalten sich Jugendämter?

Veranstaltungshinweise -> Demonstration für Menschenrechte vor den UN