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"Nach dem Vorbild von Heiligendamm - Demokratie machen wir am besten selber"


12.02.10

"Nach dem Vorbild von Heiligendamm - Demokratie machen wir am besten selber"

Bündnis "Dresden nazifrei" will rechtsgerichtete Demonstration durch Massenblockaden verhindern

(MEDRUM) Nachdem gestern die Demonstration der "Jungen Landsmannschaft Ostdeutschlands" anläßlich des 65. Jahrestages der Bombardierung Dresdens am 13. Februar 2010 gerichtlich genehmigt wurde, ist in Dresden mit dem Aufeinandertreffen von rechtsgerichteten und linksgerichteten Kräften zu rechnen. Das Bündnis "Dresden nazifrei" kündigte an, mit Massenblockaden nach dem Vorbild von Heiligendamm, Jena und Köln gegen die Demonstration der Rechten vorzugehen.

"Dresden nazifrei" tritt für die Blockade der Demonstration rechtsgerichteter, neonazistischer Kräfte in Dresden nach dem Muster der Blockadeaktionen beim G8-Gipfel in Heiligendamm im Jahr 2007 ein. Vor dem damaligen Gipfeltreffen der Regierungschefs der G8-Staaten wurde von linksgerichteten Kräften dazu aufgerufen, den Gipfel zu blockieren, weil die Politik der G8 als ein Treffen für den "neoliberal globalisierten Kapitalismus" angesehen wurde. Die Gipfelgegner sprachen den G8 jede Legitimität ihres Treffens ab. Ebenso spricht das Bündnis "Dresden nazifrei" den rechtsgerichteten Demonstranten in Dresden die Legitimität ab, in Dresden zu demonstrieren, und forderte alle Dresdnerinnen und Dresdner auf, den "Aufmarschplatz der Nazis" mit einer Gegenkundgebung zu blockieren. Für das Blockadebündnis werden als Redner auftreten:

  • Franziska Drohsel, Bundesvorsitzende der Jusos,
  • Katharina Hübner, Antifabündnis No Pasarán!,
  • Katja Kipping, stellv. Parteivorsitzende Die Linke,
  • Iris Kloppich, Vorsitzende DGB Sachsen,
  • Aiman Mazyek, Generalsekretär des Zentralrats der Muslime,
  • Astrid Rothe-Beinlich, Vorstand Bündnis 90/Die Grünen, und
  • Albrecht Schröter, Oberbürgermeister Jena (SPD).

Zu den weiteren Unterstützern gehört auch der Liedermacher Konstantin Wecker, der in den neunziger Jahren wegen des strafbaren Besitzes von 1,5 Kilogramm Kokain (heutiger Geldwert etwa 300.000 Euro) noch zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden war. Wecker ist für sein öffentlichkeitswirksames Eintreten gegen Rechts bekannt. So ist er in der Vergangenheit auch bei parteipolitischen Veranstaltungen der Partei DIE LINKE aufgetreten. Nach Angaben von "Dresden nazifrei" will Wecker bei der Gegendemonstration jetzt ebenfalls als Redner in Dresden auftreten.

Für die Blockade rechtsgerichteter Demonstrationen sprach sich besonders die Musikgruppe "Die Toten Hosen" im Interview mit "Dresden nazifrei" aus. Gegen die Verbreitung menschenverachtender, antidemokratischer Propaganda müsse man auch zu einem Mittel greifen dürfen, das strenggenommen vielleicht illegal sei, meinte Michael Breitkopf von "Die Tote Hosen".

Die Gegendemonstration wird ferner von Christian Staffa, Geschäftsführer des Vereins "Aktion Sühnezeichen Friedensdienste e.V", unterstützt. Er hat sich gegen die Forderung der Sicherheitsbehörden gewandt, die Aktionen des Bündnisses "Dresden nazifrei" nicht in unmittelbarer Nähe der Schauplätze rechter Demonstrationen stattfinden zu lassen. Christian Staffa lehnte dies mit den Worten ab: „Wir halten es nach wie vor für dringend notwendig, dass die Proteste in Sicht- und Hörweite der Neonazis stattfinden können." Denn nur so könne die fatale Entwicklung beendet werden, dass die Neonazis ihre Aufmärsche in Dresden als alljährliche Erfolgserlebnisse feierten, die die extrem rechte Szene weiter stabilisieren würden. Staffas politischer Einsatz gegen Rechts schlägt sich auch in seiner Initiative nieder, Teile der Evangelischen Kirche zu einem Bündnis gegen rechtsgerichtete Kräfte zusammenzuschließen. Wie BILD unter der Überschrift "Gründung von Bundesarbeitsgemeinschaft gegen Rechts" am Donnerstag berichtete, soll nach Angaben des Vereins "Aktion Sühnezeichen Friedensdienste" heute in Dresden eine "Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche gegen Rechtsextremismus" gegründet werden. Der Aufruf zur Gründung dieses Bündnisses wird unter anderen vom sächsischen Landesbischof Jochen Bohl unterstützt.

Der Dresdner Gerichtsbeschluß und die Vorstellungen der Dresdner Behörden über die Durchführung der morgigen Demonstration sind schließlich vor allem beim Aktionsbündnis "Dresden nazifrei" selbst auf ganz entschiedenen Widerstand gestoßen. Das Verwaltungsgericht Dresden habe die Entscheidung der Stadt, die Naziaktivitäten auf eine Kundgebung zu beschränken, für unzulässig erklärt. Damit zeige sich einmal mehr, dass es am Bündnis läge, die Nazidemo zu verhindern, verlautbarte "Dresden nazifrei" und zitierte Konstantin Wecker, der dazu "treffend gesagt" habe: "Demokratie machen wir am besten selber".