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Merkel: Deutschland ist stark und fähig, die Krise zu meistern


07.10.08

Merkel: Deutschland ist stark und fähig, die Krise zu meistern

Regierungserklärung der Bundeskanzlerin im Bundestag zur Lage auf den Finanzmärkten

(MEDRUM) "Deutschland ist stark", lautete ein Kernsatz von
Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer heutigen Regierungserklärung im
Deutschen Bundestag. Sie sei zuversichtlich, dass die Folgen der Krise
gemeistert werden können.

Angela
Merkel stellte zwei Hauptaufgaben heraus, die durch die Finanzkrise erfüllt werden müssten. Erstens sei Tag für Tag klassisches Krisenmanagement zu
leisten, wie dies im Fall HRE geschehen sei, und zweitens müsse über
den Tag hinaus gedacht und Zukunftsperspektiven gestaltet werden,
um präventiv vorgehen zu können.

Merkel schilderte zu Beginn
ihrer heutigen Rede den Anfang der Krise. Aus einer amerikanischen
Immobilienkrise sei eine globale Finanzmarktkrise geworden. Das
Vertrauen, als wichtigster Währung der Finanzmärkte, sei verloren
gegangen. Entscheidend sei es nun, das Vertrauen in den Markt wieder
herzustellen.  Sie sieht dies als Hauptaufgabe, um die Krise zu
überwinden. Hier ordnete sie auch die erneuerte Zusage ein, dass die
Einlagen der Bürger bei Banken von staatlicher Seite garantiert werden.
"Diese Erklärung gilt", so Merkel. Sie machte auch deutlich, dass die Maßnahmen der Bundesregierung nicht darauf angelelgt sind, einzelne Banken zu retten, sondern am Gemeinwohl ausgerichtet sind. "Alle Maßnahmen dienen dem Funktionieren unserer Wirtschaft und vor allen Dingen den Bürgerinnen
und Bürgern in unserem Land", erklärte Merkel.

Für die
Bundeskanzlerin geht es in der jetzigen Krise vor allem auch um das
Vertrauen in unsere Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung. Die soziale
Marktwirtschaft, dies sei ihre feste Überzeugung, sei das beste
Wirtschafts- und Sozialmodell, das es gebe. Die jetzige Krise des
Finanzsektors biete auch die Chance, dass alle innerhalb und außerhalb
Deutschlands die internationale Dimension der sozialen Marktwirtschaft
erkennen, verstehen lernen und den Anspruch haben, sie gestalten zu
wollen. Dafür habe man bereits während der G8-Präsidentschaft und auf
dem G8-Gipfel in Heiligendamm gekämpft, wenn auch damals noch
vergeblich. Jetzt erkenne aber jeder, wie wichtig es sei, Vorschläge zu
unterbreiten und Maßnahmen zu treffen. Deshalb seien jetzt die gleichen
Dinge, entsprechend ausgeweitet, Teil der Langfriststrategie der
Bundesregierung für die Gestaltung der sozialen Marktwirtschaft in ihrer
internationalen Dimension. Dafür sei ein abgestimmtes europäisches und
internationales Handeln erforderlich und dies sei immer wieder betont
worden, zum Beispiel in der Transparenz-Initiative. Alle
internationalen Positionen zur Lösung der Probleme seien im September
zusammen mit dem französischen Staatspräsidenten festgehalten und noch
einmal in einem Treffen mit dem britischen Premierminister und dem
italienischen Ministerpräsidenten konkretisiert worden. Diese beruhten
wesentlich auf den Vorschlägen des Forums für Finanzmarktstabilität aus
dem April 2008 (Anhang). Dabei ginge es um die Verbesserung des
Liquiditätsmanagements, die Behandlung außerbilanzieller Risiken, die
Bewertung illiquider Vermögensgegenstände, um Transparenzregeln auf
den Finanzmärkten und um den Umgang mit Rating.

Der Enthusiasmus für
solche Regelungen sei noch bis zum Sommer auf der Ebene der
Regierungschefs nicht so groß gewesen wie er hätte sein müssen.
Erste und wesentliche Fortschritte bei der Umsetzung seien allerdings
jetzt zu verzeichnen. Zahlreiche weitere Vorschläge des Forums sollen
bis Ende 2008 verwirklicht werden. Der Finanzminister werde in den
nächsten Tagen nach Amerika reisen und diese Diskussion fortsetzen. Die
Bundesregierung werde an der Spitze derjenigen stehen, die bessere
künftige Regelungen fordern, unterstrich die Bundeskanzlerin.

Es müsse ferner aber auch darauf
geachtet werden, dass das Finanzsystem selbst die richtigen Anreize
setze.  Dafür seien die richtigen Anreizstrukturen erforderlich, die
kurfristige Unternehmensstrategien verhindern und den
langfristigen Unternehmenserfolg zum entscheidenden Kriterium machen
müssten, forderte sie.

Merkel betonte, sie sei zuversichtlich, dass mit der
Umsetzung der Vorschläge des Forums und der Europäischen Union sowie mit
dem Setzen der richtigen Anreizstrukturen eine vergleichbare Krise
künftig verhindert werden könne.

Kritisch sei in der jetzigen Situation
aber auch zu fragen, ob die Bankenaufsicht ihren Aufgaben gerecht
geworden sei. Nötig sei eine vorausschauende Aufsicht, die rechtzeitig
sich aufbauende Fehlentwicklungen erkenne und tätig werde. Strukturen
müssten dafür im nationalen, im europäischen und im internationalen
Berich überprüft und ggf. verbessert werden.

Die jetzige Krise
biete die Chance besser zu verstehen, dass Freiheit und Ordnung keine
Gegensätze seien, sondern in der sozialen Marktwirtschaft
zusammengehören. Die Bundesregierung wolle die menschliche soziale
Marktwirtschaft, dies sei eine Marktwirtschaft, die dem Menschen und
dem Einzelnen diene. Es sei nichts zu beschönigen, die langfristigen
Auswirkungen der Finanzmarktkrise seien heute auch auf unser Land noch
nicht absehbar. Deutschland sei aber stark, habe sich durch die
Reformen in den letzten Jahren gut aufgestellt und sei gerüstet für den
globalen Wettbewerb. Dies werde helfen, die Finanzmarktkrise und die
Folgen zu meistern. Dafür sei der Reformkurs unabdingbar und werde sich
bezahlt machen. Dieser Reformweg müsse gerade in der jetzigen Situation konsequent weitergegangen werden. Ziel sei es, Vertrauen zurückzugeben und Vertrauen zu stärken. Die Bundesregierung werde diesen Weg besonnen aber entschlossen weitergehen, so das Fazit von Merkel.


MEDRUM-Artikel: -> Reihenweise Fehler im deutschen Finanzsystem