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Mehr als drei tote Kinder pro Woche

08.05.08


Mehr als drei tote Kinder pro Woche - Mehr Hilfe oder mehr Staat?

Georg Ehrmann von der Deutschen Kinderhilfe im Interview beim ARD-Nachtmagazin

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Der erschütternde Fall in Wenden (->Bericht vom 05.05.06), bei dem drei neugeborene Kinder tot in der Tiefkühltruhe aufgefunden wurden, war Anlass für ein Interview der ARD mit dem Vorsitzenden des Vereins Deutsche Kinderhilfe, Georg Ehrmann. "Statistisch gesehen haben wir mehr als drei tote Kinder in der Woche", sagte Ehrmann. Ob die Zahl solcher Fälle angestiegen ist, konnte Ehrmann noch nicht sagen. Im Jahr 2006 habe es 178 tote Kinder gegeben, für 2007 lägen noch keine Zahlen vor, die Kinderhilfe habe jedoch auf jeden Fall eine Zunahme der Körperverletzungen gegen Kinder festgstellt, erklärte er.

Nach Erkenntnissen der Kinderhilfe muss mehr präventive Hilfe geleistet werden, diese sei aber leider stark abgebaut worden und es werde eine immer größere Zahl von Eltern entdeckt, die mit der Erziehung völlig überfordert seien, so Ehrmann in der ARD und er fügte hinzu: "Diese lassen wir allein." Er nannte die gravierenden, pressebekannten Fälle wie "Kevin", "Justin", "Leonie", "Lea-Sophie" als Beleg dafür, dass sich solche Überforderungssituationen vor allem bei Eltern aus dem "klassischen Unterschichtmilieu" häufen, psychische Ausnahmesituationen aber auch in bürgerlichen Milieus auftreten. Durch Defizite in der Jugendhilfe kann aber nicht genügend vorbeugende Hilfe geleistet werden. "Das trifft vor allem für die aufsuchende Jugendhilfe zu", stellte Ehrmann fest. Solche Problemfälle können nicht als Einzelverfehlungen behandelt werden. Für Ehrmann ist vielmehr ist eine Kultur des Hinsehens und gesellschaftlichen Engagements wichtig. Kultur des Hinsehens heißt für Ehrmann eine "Kultur der gesellschaftlichen Unterstützung und Hilfe". Indem wir mehr Hilfe anbieten, erreichen wir wesentlich mehr als mit dem Ruf nach mehr Staat, lautete sein Tenor.