09.11.08
Länder stimmen Kinderförderungsgesetz zu
Familiennetzwerk zweifelt an Verfassungsmäßigkeit
(MEDRUM) Das so genannte "Kinderförderungsgesetz (KiFöG) erhielt am Freitag die Zustimmung des Bundesrates und wird mit seiner Verkündigung in Kraft treten.
In der Mitteilung des Bundesrates heißt es: "Der Bundesrat hat in seiner 850. Sitzung am 7. November 2008 beschlossen, dem Gesetz gemäß Artikel 104a Abs. 4, 104b Abs. 2 und 106 Abs. 3 des Grundgesetzes zuzustimmen." Mit der Zustimmung der Länderkammer ist der stufenmäßige Ausbau von Kinderbetreuungsstätten und die Schaffung eines Rechtsanspruches auf außerfamiliäre Betreuung von Kleinkindern gesetzgeberisch abgeschlossen.
Das Gesetz will die Erwerbstätigkeit der Eltern ermöglichen, indem Kinder bereits im frühesten Kinderalter in außerfamiliären Einrichtungen (Tageseinrichtungen) oder von familienfremden Personen (Kindertagespflege) beaufsichtigt und betreut werden.
Im Gesetz heißt es: "Ein Kind, das das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist in einer Einrichtung oder in Kindertagespflege zu fördern, wenn ... die Erziehungsberechtigten einer Erwerbstätigkeit nachgehen, ...". Für Kinder ab dem 1. Lebensjahr sollen sie unabhängig von der Erwerbstätigkeit der Eltern einen Anspruch auf außerfamiliäre Betreuung haben: "Ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, hat bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege." Die hier niedergelegten Ansprüche treten im August 2013 in Kraft. Bis dahin ist der stufenförmige Ausbau von Kindertagesstätten mit Finanzmitteln in Höhe von mehr als 5 Kindergelderhöhungen vorgesehen: 12 Mrd. Euro, damit die Kinder rauskommen aus den Familien. Für diejenigen Eltern, die ihre Kinder im Lebensalter von 1 bis 3 Jahren nicht außerhalb der Familie betreuen lassen wollen, sondern innerhalb der Familie fördern wollen, soll hingegen erst ab 2013 ein so genanntes Betreuungsgeld in noch nicht genannter Höhe eingeführt werden: „ Ab 2013 soll für diejenigen Eltern, die ihre Kinder von ein bis drei Jahren nicht in Einrichtungen betreuen lassen wollen oder können, eine monatliche Zahlung (zum Beispiel Betreuungsgeld) eingeführt werden.“
Das Gesetz spricht von "Förderung", jedoch nicht von Beaufsichtigung und Betreuung von Kindern. Die Verwendung dieses Begriffes soll verdeutlichen, dass mit den beschlossenen Maßnahmen mehr erreicht werden soll als eine reine "Aufbewahrung" von Kindern, täuscht aber auch über die Tatsache hinweg, dass die Fremdbetreuung von Kindern im frühesten Kindesalter grundsätzlich problembehaftet ist, denn die beste Förderung von Kindern im zartesten Kindesalter ist die Zuwendung, die sie durch ihre Eltern und in der eigenen Familie erfahren. Aus diesen Gründen wenden sich viele Stellen unverändert gegen dieses Gesetz und seine Folgen. So hält zum Beispiel das deutsche Familiennetzwerk seine Kritik mit der Forderung nach einem Stopp des Krippenausbaus unverändert aufrecht. Ebenso wird die Forderung nach Gleichbehandlung von Eltern, die ihre Kinder selbst fördern wollen, unverändert erhoben. Sie ist derzeit lediglich mit der vage formulierten Absicht verankert, dass diese Eltern ab 2013 eine monatliche Zahlung erhalten sollen. Die Mehrzahl der im Bundestag vertretenen Parteien wollen die Förderung von Kindern durch ihre Eltern jedoch nicht unterstützen (SPD, Bündnis 90 / Die Grünen, FDP, DIE LINKE, in Teilen auch CDU), sondern bevorzugen die Erwerbstätigkeit der Eltern und Fremdbetreuung der Kinder in außerfamiliären Einrichtungen und durch familienfremde Personen. Diese Ungleichbehandlung von Kindern und die Verweigerung der Wahlfreiheit für die Eltern ist für die Kritiker unverändert Anlass zu Ablehnung des Gesetzes, nicht zuletzt auch deswegen, weil sie durch dieses Gesetz auch die elterliche Erwerbstätigkeit über das Kindeswohl gestellt sehen. Das Familiennetzwerk stellt deswegen die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes in seiner derzeitigen in Form in Frage und erklärte unter anderem:
"Dieses Gesetz gefährdet die Zukunft unseres Volkes, weil es nicht das wirkliche Wohl des Kindes im Auge hat, das gemäß Artikel 7 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes der Vereinten Nationen ein Recht auf Erziehung und Betreuung durch seine eigenen Eltern und Familie hat. Es billigt das hohe Risiko einer massiven und lebenslangen Schädigung unserer Kinder. Es dient weder Eltern noch Kindern, sondern fördert aus gewissen ideologischen Gründen die kollektivistische Prägung statt der individuellen Persönlichkeitsentwicklung zu dienen."
Die Kritikwürdigkeit an der politischen Ausrichtung der Familienpolitik wird durch eine Vielzahl von Stimmen unterstrichen, auf die das Familiennetzwerk in einer Zusammenstellung verweist:
Die zahlreichen kritischen Stimmen finden indes kein Gehör, auch nicht bei der Familienministerin Ursula von der Leyen. Ihr sind die "ewigen Nörgler", wie sie Bischof Mixa von Augsburg kürzlich in Berlin nannte, lästig und machen sie "wütend", wie sie beim UNICEF-Forum in Berlin erklärte. Wer sich dem Meinungsdiktat der Ministerin nicht beugen will und sich von ihrer Wortgewalt nicht beeindrucken lässt, hat also ebenso schlechte Karten wie diejenigen Kinder, denen es nicht gut bekommt, wenn sie in der Krippe oder im Kinderhort abgegeben werden, bevor Mama an ihren Arbeitsplatz im Supermarkt rennt, um dort die leeren Regale aufzufüllen. Sie verdient dort übrigens Netto weniger als der Betrieb eines Krippenplatzes kostet. Wenn sie zwei Kinder hat, kaum die Hälfte davon. Können Sie sich das vorstellen, sehr geehrte Frau Ministerin Doktor von der Leyen? Oder übersteigt das die Möglichkeiten Ihrer Vorstellungskraft als Familienministerin, weil es - wider Erwarten - nicht in das Bild einer Ministerin einer sich als christlich bezeichnenden Partei passt? Sie wissen nicht alles und andere nichts, und Sie wissen schon gar nicht alles besser als andere, etwa als ein Bischof Mixa. Vielleicht beginnen Sie irgendwann auch einmal hinzuhören, auch auf die unliebsamen Stimmen, die sie wütend machen. Wut ist selten ein guter Ratgeber, schon gar nicht die Wut auf Bischöfe.
Das Familiennetzwerk hat vor diesem Hintergrund angeregt, die Bedenken zu diesem Gesetz und seinen Folgen gegenüber politischen Stellen, insbesondere dem Bundespräsidenten gegenüber darzustellen und ein Beispielschreiben in Umlauf gebracht, das im Anhang beigefügt ist (BriefKiFö).
MEDRUM-Artikel
-> Halten Sie diese Polemik für richtig, Frau Ministerin?
-> SPD: "Betreuungsgeld erfolgreich zurückgewiesen"
-> Familiennetzwerk: Bundesregierung beschließt gesellschaftsgefährdendes Gesetz
-> Familiennetzwerk fordert Stop des Krippenausbaus beim Deutschen Bundestag
-> Kinderförderungsgesetz vom Bundestag verabschiedet
-> Das neue Dogma der Familienpolitik: Betreuung und Förderung nur außerhalb der Familie
Anhang | Größe |
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Bundesrat 730-08.pdf | 63.11 KB |
Bundesrat 730-08(B).pdf | 14.77 KB |
BriefKiFö.doc | 0 Bytes |
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Leserbriefe
Der Begriff "KiFög" ist Demagogie
"Demagogie" bedeutet: Volksverführung und ist ein Bedeutungsverschleierungstrick. Traurig, wie sich die Politiker der Länder von einem solchen Verbaltrick "behumpsen" lassen. (Schon vergessen? In der DDR gab es das Wort "Friedensmauer").
Familien systematisch zu verarmen und Kleinkinder halb- oder ganztags aus der Obhut ihrer Eltern herauszuzerren, ist keine "Kinderförderung" sondern eine Beeinträchtigung ihrer Entwicklung. Ich schlage daher vor, das Gesetz als "Kinderbehinderungsgesetz" (KiBeg) zu bezeichnen, und bin sehr gespannt, wer jetzt (außer Familiennetzwerk, Familienpartei und Bischoff Mixa) noch wach und kritisch genug bleibt, um diesen familien-erosiven Abrutschprozess zu stoppen. Das Beschließen des KiBegs ist ein Schritt in die Richtung: Kleinkinder in KiTas, Erwachsene in den burnout, Alte in Heime. Man muss jungen Familien dringend empfehlen auszuwandern.