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Kirchenaustritte bei Katholischer Kirche 2010 stark angestiegen


07.04.11

Kirchenaustritte bei Katholischer Kirche 2010 stark angestiegen

(MEDRUM) Etwa 180.000 Katholiken sind nach noch inoffiziellen, vorläufigen Angaben und Erhebungen im Jahr 2010 aus der Katholischen Kirche ausgetreten. Die Debatte über sexuellen Mißbrauch in Einrichtungen der Katholischen Kirche hat sich nicht unerwartet in einem starken Anstieg der Kirchenaustritte niedergeschlagen.

ImageNach einer Abfrage von "Christ und Welt" ist die Zahl der Kirchenaustritte in der Katholischen Kirche von 123.681 in 2009 auf etwa 180.000 Austritte im Jahr 2010 angestiegen.

Bezogen auf das Vorjahr 2009 hat die Zahl der Kirchenaustritte um fast 50 Prozent zugenommen, im Vergleich mit dem Jahr 2007 haben sich die Austritte sogar fast verdoppelt. Bereits 2008 war ein prozentual erheblicher Anstieg der Kirchenaustritte von 93.667 auf 121.155 zu verzeichnen. In den Vorjahren waren die Austritte mit der Papstwahl von Benedikt XVI. im Jahr 2005 zurückgegangen. Ein Rückblick auf die kirchlichen Statistiken der letzten Jahrzehnte zeigt, daß die Zahl der Kirchenaustritte lediglich im Jahr 1992 mit 192.766 Austritten noch höher lag.

Der starke Anstieg ist offensichtlich auf die Mißbrauchsdebatte zurückzuführen, die das Vertrauen in die Katholische Kirche im vergangenen Jahr stark belastet hat. In weiten Teilen der Bevölkerung war der unzutreffende Eindruck entstanden, daß sexueller Missbrauch ein in der katholischen Kirche weitverbreitetes Phänomen sei. Kindesmissbrauch durch katholische Priester hielten 47 Prozent der Bevölkerung für häufig, obwohl die berichteten Fälle nur eine kleine Minderheit der Priester betrafen und überwiegend Jahrzehnte zurücklagen. Wie die jüngste Entwicklung der Kirchenaustritte nahelegt, schlug sich die intensive öffentliche Debatte um sexuellen Missbrauch oder andere Verfehlungen bei der Institution Katholische Kirche verheerend nieder. Daß sexueller Mißbrauch jedoch kein kirchliches, sondern ein gesamtgesellschaftliches Phänomen ist und in den meisten Fällen außerhalb kirchlicher Einrichtungen begangen wird, weist das 2010 erschienene Buch "Die missbrauchte Republik - Aufklärung über die Aufklärer" nach.

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Information über "Die missbrauchte Republik"

ImageDas Buch ist eine Analyse und Dokumentation verhängnisvoller Entwicklungen und Verstrickungen über die letzten Jahrzehnte hinweg. Die Schatten reichen bis in die Gegenwart. "Sexueller Missbrauch" wird nicht nur als Problem der Kirche, sondern als gesamtgesellschaftliches Massenphänomen der sexuellen Gewalt an Kindern entlarvt, deren Ursachen und Ausmaß trotz der Einrichtung eines Runden Tisches und vieler Maßnahmen, die im Raum der Kirche ergriffen werden, auch jetzt längst noch nicht zutreffend identifiziert, analysiert und im Bewusstsein der Öffentlichkeit verankert sind. Sexueller Missbrauch von Kindern ist ein Schandfleck ungeheuren Ausmaßes für die gesamte Gesellschaft.

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24.09.09 MEDRUM Kirchenaustritte in 2008 angestiegen

Leserbriefe

Die Mißbrauchsfälle waren für die Ausgetretenen lediglich ein Vorwand. Wer sich der Kirche verbunden fühlt, tritt nicht wegen der Verfehlungen von Kirchenvertretern aus der Kirche aus. Hier hat sich die Spreu vom Weizen getrennt.

Selbstverständlich ist ein sexueller Mißbrauch Minderjähriger -aber eigentlich überhaupt- durch einen kathol. Priester ganz besonders schlimm und verwerflich, eben weil dieser durch seine Weihe ein "übermenschliches Beispiel" in unserer heutigen sexualisierten Gesellschaft sein will und soll. Der kath. Priester will ja in seiner außergewöhnlichen Lebensform Jesus Christus sichtbar werden lassen.

Mich bewegt in diesem Zusammenhang schon seit langem der Gedanke: wie ist es heute bei unseren Priestern um ihre persönliche spirituelle Tiefe bestellt, woran kann ich im täglichen bezw. gerade im sonntäglichen Kontakt mit einem Priester dieses deutlich spüren. Da ist vorab die Frage bezogen auf das äußere Erscheinungsbild eines kathol. Priesters. Die typische Priesterkleidung soll doch schon ein gewisses nonverbales Zeugnis im alltägl. Leben sein. Darum frage ich mich bei manchem Priester, ob er evtl. dieses scheut, in "aller Öffentlichkeit" von sich dies einfach zu "zeigen" ? "Wer mich vor den Menschen bekennt..." Natürlich macht es die Kleidung alleine nicht aus; aber ein geweihter Mensch ist nunmal kein normaler Zivilist, sondern ein Priester Jesu Christi mit "Haut und Haaren", entweder er ist es ganz oder er ist es nicht. Auf diesem Hintergrund zählt ein solches "Verbrechen" so Papst Johannes-Paul II. und Benedikt XVI., gleich mehrfach.

Anderseits, wenn es um statistisch zählbare Fälle geht, spielt sich präzise gesagt gerade in unserer Gesellschaft, genauer gesagt in unseren bürgerlichen Familien schon seit vielen Jahren etwas zu ca. 98 % aller Mißbrauchsfälle ab, das allzu gerne so "unter den bürgerlichen, großen Teppich" gekehrt wird. Denn wie oft müssen eigene (!) minderj. Töchter/Mädchen aus ihren Familien herausgenommen werden, weil männliche Familienmitglieder = Urvertrauenspersonen ! sich sexuell an ihnen (wiederholt) vergangen hatten: ein Vater, der dieses Mädchen ja selbst gezeugt hatte, mißbraucht gerade dieses eigene Kind für seine hemmungslose Sexlust ! Warum wird dieses Verbrechen in unserer Gesellschaft so heruntergeschraubt verglichen mit denen unserer Priester? Das müßte eigentlich von den Sozialpsychologen aufgedeckt werden. Es scheint auch wohl ganz vergessen zu sein, daß damals, als der § 175 StGB aufgehoben wurde, ein Spitzenpolitiker der Grünen verlangte, der (nachfolgende) § 176, Inzest, sollte auch aufgehoben werden, "schließlich sei das für Kinder ein sozialer Gewinn in ihrer Familie" !

Zum ursprünglichen Thema: ich hatte (in der Nazizeit) noch im Religionsunterricht zu unterscheiden gelernt, zwischen "Kirche, als der geheimnisvolle Leib Christi" einerseits und andererseits den in ihr lebenden geweihten Priester, die selbst nicht "die Kirche" ist, sondern in ihr ein "Diener" ist.

Die Katholische Kirche in Deutschland neigt wie jede andere Kirche dazu, mangels Herausforderungen im Glauben, einzuschlafen. Darüber kann sich der Teufel nur freuen. Dabei gibt es genug Ansatzpunkte in Medien, Kunst und alltäglichen Gewohnheiten um der gefälligen Gottlosigkeit zu begegnen. Man fragt sich aber, ob die Prister für diesen Kampf von ihren Bischöfen genügend zugerüstet wurden. Beistand unter Brüdern und Schwestern, Buße, Vergebung und Umkehr sind die köstlichen Erquickungen, die den Glauben erfrischen und in Taten mutig zum WORT bekennen lassen. Die Katholiken verstehen ihre Kirche als Dienstleistungsunternehmen. Die Kehrseite der Kirchensteuer. Würden sie ihre Gemeinde als Zufluchtsort, als Beistandsgemeinschaft und Rettungsboot verstehen, gingen mehr Signale von Hoffnung und Freiheit von ihr aus.