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Keine Kirche für das Leben


24.10.09

Keine Kirche für das Leben

Diözese München-Freising lässt die Kirchentüren für Gebetszugteilnehmer in München heute verriegelt

Ein Zwischenruf von Kurt J. Heinz

(MEDRUM) Die Diözese München-Freising hat politisch korrekt gehandelt. Ärger für ihr Ansehen zu vermeiden, war ihr wichtiger als Solidarität mit Christen zu üben, die in der Münchner Kirche St. Paul anläßlich ihres Gebetszuges "1000 Kreuze für das Leben" einen Gottesdienst feiern wollten. Ein solcher Gottesdienst findet nicht statt, erklärte die Diözese am vergangenen Samstag.

Die Türen von St. Paul werden heute für die Teilnehmer des von EuroProLife veranstalteten Gebetszuges trotz vielfachen Protestes verschlossen bleiben. Die Diözese ist vorsichtshalber auf Distanz zur Veranstaltung von "EuroProLife" gegangen. Aus "vorauseilender Ängstlichkeit" habe sie Christen die Kirche als Gebetsraum verweigert, erklärte Martin Lohmann, Vorsitzender des Bundesverbandes Lebensrecht, am Freitag in einer Pressemitteilung.

Bereits am 14. Oktober hatte EuroProLife im Aufruf zum diesjährigen Gebetszug eine klare Position gegen rechtsradikale Gruppen bezogen. Diese hatten letztes Jahr gegen den Willen von EuroProLife versucht, sich unter die Teilnehmer des Gebetszuges zu mischen. Wolfgang Hering, Präsident von EuroProLife: "Wir haben und hatten keinerlei Gemeinsamkeiten oder gar Kooperationen mit Rechtsextremisten." EuroProLife stellte ebenso klar den Zweck der heutigen Veranstaltung heraus: "Unsere Veranstaltung ist ein reiner Gebetszug, der die Verkündigung christlicher Werte ebenso zum Ausdruck bringt, wie die schmerzliche Trauer und das Mitgefühl für die Opfer: tote Kinder, verwundete Mütter, verzweifelte Angehörige und nicht zuletzt eine leidende Gesellschaft, die immer tiefer in der demographischen Katastrophe versinkt."

Trotz dieser frühzeitig herausgegebenen Klarstellung und Abgrenzung gegen Rechtsextreme distanzierte sich die Diözese München-Freising von der jetzigen Veranstaltung. Am 17.10.09 erklärte Prälat Josef Obermeier, die Diözese wolle sich nicht von Neonazis vor den Karren spannen lassen. Nach ihren Informationen würden rechtsextreme Gruppierungen wie bereits im vergangenen Jahr planen, die Veranstaltung zu unterwandern und für ihre Zwecke zu missbrauchen. Das schien ausreichend Grund für die Diözese zu sein, die Türen ihrer Kirchen für die Gebetszugteilnehmer zu verschließen.

Wie die evangelische Nachrichtenagentur "idea" meldete, beließ es die Diözese nicht bei dieser Erklärung, sondern wandte sich auch der Pflege des politisch korrekten deutschen Sprachgutes zu. Es sei eine recht völkische Sprache, wenn EuroProLife von Geburtenraten spreche, soll der Pressesprecher der Diözese, Bernhard Kellner, in Anspielung auf den Einladungszettel von EuroProLife für die heutige Veranstaltung geäußert haben. Im Flyer für den Gebetszug von EuroProLife stand der "verhängnisvolle Satz": "Als einziger Kontinent liegt Europa mit einer Geburtenrate von nur 1,5 weit unter dem für den Selbsterhalt eines Volkes nötigen Mindestwert von 2,1!" Ein scheinbarer Grund mehr, auf Distanz von EuroProLife zu gehen. Prophylaxe ist allemal besser als heilen, mag sich die Diözese gesagt haben. Mediziner stimmen ihr darin wohl zu - vorausgesetzt, es wurde die richtige Prophylaxe ergriffen. Doch dies kann mit Fug und Recht bezweifelt werden.

Fest steht: Die überkonfessionelle und auch katholisch inspirierte Lebensrecht-Organisation EuroProLife ist ärmer geworden. Zumindest für den heutigen Tag ist ihr die Unterstützung der Katholischen Kirche in München verloren gegangen. Daran ändert auch deren Bekenntnis nichts, sie unterstütze das grundsätzliche Anliegen des Lebensschutzes. Es klingt wie ein Lippenbekenntnis, solange die Kirchenräume für den Gottesdienst von christlichen Gebetszugteilnehmern versperrt bleiben.

Auch das politisch korrekte Vokabular ist um ein weiteres Wort ärmer geworden. Das Wort Geburtenrate sollte als historisch vermeintlich belasteter Begriff also besser künftig aus dem aktiven Wortschatz von Lebensrechtlern - vielleicht auch aus dem Sprachschatz von Familienpolitikern, in dem es ohnehin kaum noch auftaucht - gestrichen werden. Am besten scheint es, dem Streichvokabular gleich noch das Wort Mutterschaft hinzufügen. Konservatives Gedankengut zur Mutterschaft hatte 2006 bereits Eva Herman ihren Job als Tagesschausprecherin gekostet. Dem Kreuzzug des NDR gegen diese Frau scheint jetzt ein Kreuzzug der Katholischen Kirche gegen den Gebetszug der Münchner Lebensschützer zu folgen.

Ärmer geworden ist ebenso die Münchner Diözese. Bereits 2008 gehörte München-Freising zu jenen Bistümern in Deutschland, die die größten Anteile ihrer Mitglieder durch Kirchenaustritte verloren hatten. Sie könnte zumindest bei den Anhängern des Lebensschutzes von EuroProLife weitere Mitglieder verlieren. Wer von ihnen kann akzeptieren, dass ihnen der Zutritt zur Kirche verwehrt bleibt? Nun werden sie von allen Seiten "verprügelt": von den Linken, von den Medien und selbst von der Katholischen Kirche in München. Zu allem Überdruß müssen sie sich auch noch gegen den Mißbrauch durch rechte Trittbrettfahrer zur Wehr setzen. EuroProLife führt in München einen einsamen Kampf.

Reicher geworden ist EuroProLife nur um die Erfahrung, dass auch auf die Solidarität der Kirche schwerlich Verlaß ist, selbst wenn nur für ungeborene Kinder gebetet werden soll, die zu Tausenden Woche für Woche leblos in Entsorgungsgefäßen von Kliniken landen oder in Teilen zu Kosmetika verarbeitet werden, wie es Alexandra Linder in ihrem Buch „Geschäft Abtreibung" entlarvt hat. Auch dies ist Ausfluß des Geistes einer postmodernen Zeit, die einen ihr eigentümlichen Kannibalismus mit den ungeborenen Kindern ihrer Gesellschaft betreibt. EuroProLife will diesen Kindern eine Stimme geben.

Für den außenstehenden Beobachter ist dies alles erschreckend. Es kann niemanden beruhigen, welche Schwierigkeiten eine Diösese hat, mit einer Situation anständig umzugehen, in der einige Rechtsradikale versuchen könnten, eine Gebetszugveranstaltung als Trittbrettfahrer zu mißbrauchen. Das ungeborene Leben hat in der Diözese München-Freising keinen wirklich überzeugenden und tatkräftigen Fürsprecher gefunden. Denn mit ihrer Entscheidung, die Kirchenräume zu verschließen, hat die Diözese kampflos das Feld geräumt und christliche Lebensschützer dem Fraß der Linken und Medien überlassen. Das Kind wird hier in der Tat mit dem Bade ausgeschüttet.

Die Münchner Diözese hat kräftig "mitgeholfen", EuroProLife als Lebensschutz-Organisation zu diskreditieren. Dafür müssen einige zur Kasse treten: EuroProLife, die ungeborenen Kinder, und nicht zuletzt wohl die Katholische Kirche selbst. Wer auch immer die Eingebung gehabt haben mag, die Münchner Kirchenräume zu verschließen, er hat der Sache des Lebensschutzes und dem Anliegen der Kirche einen Bärendienst erwiesen. Die Aussperrung christlicher Lebensschützer ist ein unwürdiges Geschehen.

Wäre es nicht besser gewesen, die Kirchenräume weit für diejenigen zu öffnen, die sich zu dem bekennen, was einst ein Mann namens Jesus Christus offenbart hat? Im Übrigen: Er warf nur diejenigen aus dem Tempel, die das Haus seines Vaters entehrt hatten. Wer es ernst meint, mit dem Bekenntnis zu diesem Mann und zum Schutz des ungeborenen Lebens, der kann der Diözese München-Freising nur zurufen: Hic Rhodus, hic Salta. Eine Kirche, die nicht für das Diesseits taugt, taugt erst Recht nicht als Kirche für das Jenseits.


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