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Käßmann verabschiedet, Meister eingeführt


27.03.11

Käßmann  verabschiedet, Meister eingeführt

(MEDRUM) Im Rahmen eines vom NDR übertragenen Gottesdienstes wurden am Samstag Margot Käßmann als ehemalige hannoversche Landesbischöfin verabschiedet und Ralf Meister in sein Amt als neuer Landesbischof in Hannover eingeführt.

Zur Amtseinführung von Ralf Meister, bisher Berliner Generalsuperintendent, der nun die Nachfolge von Margot Käßmann als Landesbischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers antritt, waren 600 Gäste geladen. Mit dem Einführungsgottesdienst fand zugleich die offizielle Verabschiedung von Käßmann aus ihrem Anfang 2010 niedergelegten Bischofsamt statt.

Einführung des neuen hannoverschen Bischofs

Landesbischof Johannes Friedrich von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern überreichte als Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) seinem neuen Bischofskollegen Ralf Meister das Bischofskreuz. Das Bischofsamt sei sehr schönes, dennoch sei man manchmal in der Gefahr, sich allein zu fühlen, meinte Friedrich, und sicherte Ralf Meister die Solidarität der anderen lutherischen Bischöfe zu. Friedrich legte dem Amtsneuling das goldene Bischofskreuz um den Hals. Es soll ihn hinweisen auf Jesus Christus, den gekreuzigten und auferstandenen Herrn, erklärte Bischof Friedrich. Der bayerische Landesbischof hatte 2010 Aufsehen erregt, als er sich dafür aussprach, Pfarrerinnen und Pfarrer ihre Homosexualität "friedlich" und "fröhlich" leben zu lassen.

In seiner Antrittspredigt schaltete sich Neubischof Meister in die aktuelle Debatte um die Kernkraft ein. Er warnte vor der "trügerischen Sicherheit" von Kernkraftwerken. Weiteres Thema in Meisters Predigt war der Dialog mit dem Islam. Niedersachsen nannte Meister ein wunderbares Beispiel für "jüdisch-christliche Ökumene". Auch in der Begegnung mit dem Islam sollte Niedersachsen zu einem solchen Beispiel werden, meinte Meister weiter.

Den neuen Bischof begleiten viele guten Wünsche zum Amtsantritt. Gefragt, was beispielsweise die Präses der Synode der EKD dem neuen Bischof wünsche, meinte Katrin Göhring-Eckardt (Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90 /Die Grünen): "In aller erster Linie Gottes Segen natürlich, daß er seinen Mut behält, seine Leidenschaften auslebt und wenig Sorgen hat." Gottes Segen wird für Meister sicher besonders wichtig sein. Er ist Bischof einer Gliedkirche, der etwa 3 Millionen Gläubige angehören.

Die Übernahme des Bischofsamtes brachte für Meisters Ehefrau Dagmar und ihre Kinder einen Umzug mit sich. Zu ihren Zukunftsplänen vom NDR befragt, meinte Dagmar Ulrich-Meister, sie wolle sich am neuen Ort auch wieder beruflich etablieren. Eine Stelle habe sie schon. Auch gemeinsames Segeln und ein Familienhund gehören zur Zukunft der Familie Meister an der neuen Wirkungsstätte. Als Ausgleich für die Strapazen des Umzuges habe sie ihren Kindern versprechen müssen, daß jetzt der Familienhund komme.

Käßmanns Leben nach dem Bischofsamt

Zum Wechsel von Margot Käßmann fand Landesbischof Friedrich anerkennende und tröstende Worte. Als Bischöfin habe sie die Fröhlichkeit des Evangeliums ausgestrahlt, aber seit ihrem Rücktritt deutlich gezeigt, dass es auch ein Leben nach dem Bischofsamt gebe, meinte Friedrich zu Margot Käßmann gewandt. Margot Käßmann fand dies bestätigt. Schon wenige Wochen nach Niederlegung ihres Bischofsamtes wurde sie beim Ökumenischen Kirchentag 2010 in München teilweise mit frenetischem Beifall und Standing Ovations gefeiert. Aufsehen erregte sie besonders mit einer Predigt im Münchner Dom, in der sie über die Anti-Baby-Pille sprach und meinte, die Pille könnte auch als Geschenk Gottes gesehen werden. Schließlich wäre Käßmann wegen ihres Rücktrittes beinahe sogar Preisträgerin des Europäischen Preises für Zivilcourage geworden, hätte sie nicht in letzter Sekunde ihre Zustimmung zur Auszeichnung zurückgezogen, nachdem sich in der Öffentlichkeit Unverständnis für diese Auszeichnung regte.

Für Margot Käßmann findet die Zukunft weitgehend außerhalb der Kirche statt. Ihre jetzige Tätigkeit ist nicht mit einer einfachen Pastorin vergleichbar. Sie widmet sich unter anderem dem Schreiben von Büchern und einer Lehrtätigkeit als Gastprofessorin an der Universität Bochum. Auch eine Rolle als Talkshow-Moderatorin gehört zu den künftigen Aktionsfeldern der wegen einer Alkoholfahrt bestraften und zurückgetretene Ex-Bischöfin. Sie wird demnächst an der Seite des Chefredakteurs der Wochenzeitung DIE ZEIT als Gastmoderatorin in der Sendung "3nach9" bei Radio Bremen zu sehen sein.

Käßmann ist auch selbst gefragter Talkshow-Gast. Sie war beispielsweise am Montag in der ARD-Talksendung «Beckmann» zu Gast. Im sendebegleitenden Text hieß es: "Die Theologin gilt als moralische Instanz, die in gesellschaftspolitischen Debatten beherzt und streitbar Position bezieht." Bei Beckmann kritisiere Käßmann Luftangriffe gegen Bodentruppen und Bunker des libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi. Sie seien theologisch nicht verantwortbar, meinte Käßmann. Am Tag zuvor hatte sie im Interview mit dem Tagesspiegel gesagt, sie halte die Einrichtung einer Flugverbotszone eng begrenzt für richtig, das freiheitsliebende Volk müsse vor einem völlig irrsinnig gewordenen Diktator geschützt werden.

Besonders erfolgreich geworden ist Käßmann als Buchautorin. Sie avancierte nach ihrem Rücktritt als Bischöfin und Ratsvorsitzende zur Bestseller-Autorin. Die WELT schrieb über diesen Erfolg, Käßmann sei auf dem Weg zum perfekten Moralpromi. Es zeige sich, daß sich die Kirche der Deutschen nicht aufgelöst habe, sie sei bloß umgezogen, in die Bestsellerlisten, zum Beispiel, so die WELT.