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Ismail Yozgat, Vater eines Neonazi-Opfers, bittet um seelischen Beistand


23.02.12

Ismail Yozgat, Vater eines Neonazi-Opfers, bittet um seelischen Beistand

(MEDRUM) Beim heutigen Gedenkakt in Berlin für die Opfer der Neonazi-Morde betonte der Vater eines der Ermordeten, er wolle keine materielle Entschädigung, sondern seelischen Beistand.

Ismail Yozgat hielt bei der heutigen Veranstaltung zum Gedenken an die Menschen, die durch die Zwickauer Terrorzelle ermordet wurden, eine Ansprache im Namen der Opfer und betroffenen Familien. Yozgat, dessen Sohn ermordet wurde, sprach in bewegenden Worten über sein erschütterndes Erlebnis, seine Gefühle und Erwartungen. Sein Sohn Halit, schilderte er, sei in seinen Armen in dem Internetcafé verstorben, das er betrieben hatte und wo er erschossen wurde (Kassel , 6. April 2006). Eine materielle Entschädigung wolle er aber nicht haben. Was er brauche, sei seelischer Beistand, so Yozgat, der in seiner Trauer drei Wünsche ausdrückte:

  1. Dass die Mörder gefasst werden.
  2. Dass die Holländische Straße, in der sein Sohn Halit geboren wurde und in der er starb, in Halit-Straße umbenannt wird.
  3. Dass eine Stiftung im Namen der zehn Toten eingerichtet wird, deren Spenden krebskranken Menschen zugute kommen sollen.

Zuvor hatte auch die Bundeskanzlerin Angela Merkel gesprochen und die Morde als Schande für Deutschland bezeichnet. Besonders beklemmend sei, dass Verwandte der Opfer zu Unrecht von Ermittlungsbehörden verdächtigt worden seien: "Dafür bitte ich Sie um Verzeihung", so Merkel. Die Bundeskanzlerin versprach alles dafür zu tun, dass die Taten aufgeklärt und verfolgt werden.

In einer gemeinsamen Erklärung zum Gedenkakt teilten der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, und der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Nikolaus Schneider, mit: "Rechtsextremes Denken und Handeln sind mit dem christlichen Glauben unvereinbar. Es verletzt auf krasse Weise die für Christen grundlegende Vorstellung von der Ebenbildlichkeit des Menschen mit Gott. Wer die Würde und das Recht von Menschen missachtet, wer andere Menschen hasst, verletzt oder gar ermordet, der handelt gegen den Willen Gottes."


24.02.12

Wie der Tagesspiegel berichtet, wäre es bei der Gedenkveranstaltung beinahe zu einem Eklat gekommen. Das Bundespräsidialamt hatte Ismail Yozgat ursprünglich nicht als Redner vorgesehen. Er kündigte an, dennoch das Wort zu ergreifen. Erst nach Intervention der Ombudsfrau Barbara John wurde ihm Redeerlaubnis erteilt und der Ablauf der Veranstaltung geändert.


24.02.12 Tagesspiegel Barbara John verhinderte Eklat

Leserbriefe

Es ist zu hoffen, dass die Anregungen von Yozgat auf fruchtbaren Boden fallen. Es wäre ein Beweis für die Ernsthaftigkeit deutscher Anteilnahme.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich habe vor einigen Minuten an den OB der Stadt Kassel eine E-Mail geschickt, in dem ich den Wunsch Ismail Yozgat´s nach der Straßenumbenennung unterstützt habe, weil ich dies als angemessenes Zeichen gegen Rechtsradikalismus und auch als Entschuldigung für das Versagen der Strafverfolgungsbehörde der Stadt Kassel halte. Es wäre auch ein Zeichen für die vielen Besucher der Dokumentastadt Kassel und insgesamt eine Handlung, die über die vielen Lippenbekaenntnisse hinaus geht. Gerade die Stadt Kassel mit dem dort ansässigen VW-Werk hat den - als Gastarbeiter nach Kassel gekommenen türkischen Mitbürgern auch einiges zu verdanken. Mit freundlichen Grüßen Albert Wagner