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Interreligiöses Friedensgebet zur Tradition in Berlin


29.01.09

Interreligiöses Friedensgebet zu Fragen der Tradition in Berlin

Leitgedanke: "WAS MÖCHTE ICH NICHT WEITERGEBEN?"

(MEDRUM) Zum Interreligiösen Friedensgebet trifft sich die Gruppe INTERRELIGIÖSES FRIEDENSGEBET in Berlin auf dem Gendarmenmarkt am Sonntag, 1. Februar 15.00 Uhr. Dieses Friedensgebet ist der Frage gewidmet "WAS MÖCHTE ICH NICHT WEITERGEBEN?"

Die Gruppe INTERRELIGIÖSES FRIEDENSGEBET lädt hierzu mit einigen leitenden Gedanken aus ihrem Vorbereitungsgespräch ein:

Tradition heißt: Weitergabe. Welche Traditionen meiner Familie, meines Volkes, meiner Religion möchte ich weitergeben, und welche nicht? Eine riskante Frage, denn sie kann leicht dazu führen, Unangenehmes, Schmerzliches zu verschweigen und die eigene Geschichte schön zu färben. Das ist hier nicht gemeint.

Dennoch bedachten wir gemeinsam Situationen, in denen wir uns entscheiden, etwas nicht weiterzu­geben. Beispiel. Ich leide unter Schwermut, aber es gelingt mir, die Schwermut nicht an meine Kinder weiterzugeben; die Konflikte, die hinter der Schwermut stehen, bleiben meine Konflikte und werden nicht zu den Konflikten meiner Kinder; ich ziehe sie nicht in meine Geschichte mit hinein.

Ein anderes Beispiel: Völker erzählen ihre Opfergeschichte - eine verlorene Schlacht, ein widerfah­renes Unrecht, eine traumatische Erfahrung - von Generation zu Generation weiter und machen so daraus einen Mythos, eine Ursprungsgeschichte, aus der sich niemand lösen kann. Diese Geschichten nicht weiterzugeben heißt, bereit zu sein, sie in einem Versöhnungs­prozess hinter sich zu lassen, ohne dabei den Verlust von Identität zu fürchten. Die Identität eines Volkes besteht aus mehr als bloß aus seiner Opfergeschichte. Die Aussöhnung zwischen Deutschen und Franzosen nach Jahrhunderten der "Erbfeindschaft" ist ein gelungenes Beispiel dafür.

Auch in den Religionen gibt es das andauernde Weitergeben vergangener Konflikte. Was davon wollen wir nicht mehr weitergeben? Es gibt die Tradition der theologischen Zänkereien. Manche Streitfragen sind Jahrhunderte alt sind, aber bis heute blockieren sie die ökumenischen Bemü­hungen innerhalb der Religionen. Sie siegen sogar über neue Erfahrungen von Einheit und Zusammengehörigkeit. Muss das so sein? Nein. Und genauso ist es auch der Gewalt zwischen Religionen. Sie speist sich aus den Erinnerungen an vergangene Gewalt, die immer weiterge­geben wird: Die Muslime vor Wien, die Franken in Jerusalem, die Polen vor Moskau...

Die Frage lautet: Was möchte ich nicht weitergeben? Sie lautet nicht: Was möchte ich, dass der andere nicht weitergibt? Deutsche können nicht vor Juden treten und sagen: Vergesst die Shoa. Israelis können nicht vor Palästinenser treten und sagen: Vergesst die Vertreibung. Palästinenser können nicht vor Israelis treten und sagen: Vergesst die Selbstmordattentate. Die Frage ist an "mich" gerichtet. Im Gebet trete ich vor Gott und frage mich in seiner Gegenwart: Was gebe ich nicht weiter?

Noch ein Gedanke aus unserem Gespräch: Aus den Versöhnungsprozessen in den letzten Jahren, zum Beispiel aus den "Wahrheitskommissionen" in Südafrika, wissen wir, dass zur Versöhnung die Wahr­heit gehört. Es kann keine Versöhnung geben ohne Aussprechen und Anerkennen der Schmerzen. Aber es gibt auch hier Grenzen. Es gibt ein Verzeihen ohne Verstehen - weil es Grenzen des Verste­hens gibt. Und deswegen kann es sein, dass ich auch etwas nicht ausspreche, damit zumindest ein erster Schritt der Versöhnung möglich ist. Das ist nicht das Ende, aber es weist uns auf eine höhere Wirklichkeit hin, der wir uns im Gebet Öffnen: Versöhnung ist Geschenk, Gnade. Wir müssen nicht alles leisten.

Das nächste Vorbereitungstreffen des Friedensgebets findet am Montag, den 16. Februar um 16 Uhr im Interkulturellen Haus in der Geßlerstr. 11 in Schöneberg statt (Bus 104, Haltestelle Kesseldorfstr.)

Die Gruppe INTERRELIGIÖSES FRIEDENSGEBET lädt alle Interessierten herzlich zur Teilenahme ein.

Weitere Information -> friedensgebet-berlin

Die Gruppe Interreligiöses Friedensgebet trifft sich regelmäßig am ersten Sonntag eines Monats zu einer Mahnwache und einem Friedensgebet um 15.00 Uhr auf dem Gendarmenmarkt vor dem Deutschen Dom.

Info und V.i.S.d.P.: Reinhard Schaenke, Sieglindestr. 6, 12159 Berlin, Tel.: 8540 1500 .
Internet: www.friedensgebet-berlin.de


-> Schuld, Versöhnung und Friede