07.05.09
Initiative "Für Freiheit und Selbstbestimmung" findet großes Echo
(MEDRUM) Der Kongreß „Psychotherapie und Seelsorge", der vom 20 - 24. Mai in Marburg stattfinden soll, beschäftigt seit Wochen die Öffentlichkeit. Der Marburger Oberbürgermeister Egon Vaupel (SPD) und der Präsident der Universität Marburg wurden von einem Marburger Aktionsbündnis "Kein Raum für Sexismus, Homophobie und religiösen Fundamentalismus" aufgefordert, dem Kongreß keine Räume zur Verfügung zu stellen. Dieses Aktionsbündnis beruft sich auf die Unterstützung von mehr als 30 Gruppen, darunter den DGB Marburg-Biedenkopf, DIE LINKE Marburg-Biedenkopf und die Fachschaft katholische Theologie der Uni Marburg.
Gegen solche Forderungen haben Bürger und Personen des öffentlichen Lebens Initiative ergriffen und sich in einer Erklärung "Für Freiheit und Selbstbestimmung" ausgesprochen, die von vielen namhaften Persönlichkeiten unterzeichnet und am 20. April 2009 veröffentlicht wurde.
Die Initiative der Erstunterzeichner findet ein großes Echo. Die Zahl der Unterzeichner wächst täglich. So hat sich die Zahl von 370 Erstunterzeichnern mittlerweile vervielfacht. Allein an den beiden gestrigen Tagen haben sich etwa 500 Menschen der Erklärung angeschlossen. Mit ihrem Engagement sagen auch sie: "Es besteht Handlungsbedarf!", wie es der Salzburger Weihbischof Andreas Laun, einer der Erstunterzeichner, formuliert hat.
Zu den Erstunterzeichnern gehören auch Prof. Dr. habil. Robert Spaemann, der Staats- und Verfassungsrechtler Prof. Dr. em. Martin Kriele, die Religionsphilosophin Prof. Dr. habil. Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz, der Direktor des Internationalen Instituts für Religionsfreiheit, Prof. Dr. phil. Dr. theol. Thomas Schirrmacher, die Philosophin Prof. Dr. Edith Düsing, die Bundesvorsitzenden der Christdemokraten für das Leben, Mechthild Löhr, die Professoren Wolfgang Ockenfels, Manfred Spieker und Peter Beyerhaus, der Direktor des österreichischen Institutes für Ehe und Familie, Prof. Günter Danhel, der evangelische Theologe und der ehemalige Landesbischof der württembergischen Landeskirche, Dr. Theo Sorg, sowie der CSU-Rechtsexperte des Deutschen Bundestages, Norbert Geis.
Professoren, Wissenschaftler, Ärzte, Ingenieure, Pädagogen, Theologen, Pfarrer, Pastoren, Publizisten und Medienschaffende sowie eine große Zahl von Bürgern aus anderen Berufsgruppen unterstützen die Erklärung. Die Unterzeichner kommen aus Hunderten von Städten und Gemeinden des Bundesgebietes, aber auch aus Österreich, der Schweiz, Belgien, England, Frankreich, Italien, Luxemburg, Norwegen, Kanada den USA und einigen weiteren Ländern.
Das Interesse an der Kontroverse um den Marburger Kongreß spiegelte sich gestern auch im katholisch orientierten Nachrichtenportal "kath.net" wider, das in einem Artikel "Weiter Tauziehen um Marburger Kongress" am 06.05.09 ebenso umfassend wie MEDRUM am Tag zuvor über den Offenen Brief der Publizistin Gabriele Kuby an den Oberbürgermeister der Stadt Marburg berichtet hat.
Unterdessen haben die Marburger Grünen in einer Presserklärung den CDU-Vorsitzenden Philipp Stompfe angegriffen. Darin haben sie mehrere falsche Behauptungen aufgestellt und die CDU aufgefordert, sich von Stompfe und den Positonen der Erklärung "Für Freiheit und Selbstbestimmung" zu distanzieren. Sie haben verurteilt, dass Stompfe, der mit seiner Unterstützung gegen die Unterdrückung der Rede- und Wissenschaftsfreiheit eintritt, die Erklärung unterzeichnet hat. Darin wird auf Erkenntnisse von Wissenschaftlern und Therapeuten verwiesen, die sich mit Risiken und Problemen der homosexuellen Orientierung auseinandersetzen.
Über diese Debatte machen sich auch viele MEDRUM-Leser ihre eigenen Gedanken, wie an dem Appell eines Lesers zur Kontroverse um Freiheit und Selbstbestimmung deutlich wird, von dem ein Auszug hier wiedergegeben wird:
"Lasst uns einander doch Willensfreiheit gewähren!
Es kann doch nicht um Ideologien oder Dogmen gehen!
Weder Ideologie von Evangelikalen, noch Ideologie von Homo-, Queer- oder HeteroGruppen, noch Ideologie irgendwelcher Therapie-Schulen!
Hilfreich sind doch nur erlebte Erfahrungen. Wegbeschreibungen, die Menschen miteinander teilen: um einander zu helfen, nicht aus Rechthaberei!
Wer seinen erwachsenen Mitmenschen nicht zutraut, sich ihre Lebens-Route selbst zusammenzustellen,
der öffnet damit die Tür für ihre Bevormundung und Manipulation.
Besonders bei der sexuellen Orientierung müssen wir einander diese Selbst-Autonomie und Entscheidungsfreiheit gewähren."
Im Streit um den Marburger Kongreß gehen die Forderungen noch ein Stück weit über die Frage der Selbstautonomie und Entscheidungsfreiheit des Menschen über seine sexuelle Orientierung hinaus. Der Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90 / Die Grünen Volker Beck forderte sogar in einer Erklärung vom 16.04.09, mehrere Vortragende vom Dialog über die Identität des Menschen auszuschließen und ihre Seminarveranstaltung abzusagen. Er bestreitet damit also auch das Recht von Fachleuten, an einer wissenschaftlichen Stätte wie der Universität Marburg über solche Fragen frei reden und diskutieren zu dürfen.
-> Online-Unterzeichnung der Initiative "Für Freiheit und Selbstbestimmung"
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Leserbriefe
Volker Beck und die Meinungsfreiheit
Ich verfolge die DIskussion um den Marburger Konress seit kurzem mit Interesse, großem Erstaunen und wachsender Sorge. Der konstruktive Stil, mit dem die Verantwortlichen des Kongresses ihre Argumente ins Feld führen kontrastiert in beunruhigender Weise mit der propagandistischen, verunglimpfenden und unsachlichen Kommunikation der Kritiker. Die unreflektierte Art und Weise, wie selbst für seriös gehaltene Medien wie die Süddeutsche Zeitung auf diesen Zug aufspringen empfinde ich als erschreckend, da Medien in besonderem Maße die Verantwortung haben, für das Grundrecht der Meinungs- und Redefreiheit einzustehen - nicht zuletzt aus Eigeninteresse, denn die Pressefreiheit ist wichtiges Geschwisterrecht der Meinungsfreiheit.
Bei der gestrigen Lektüre der "Welt" fiel mir ein Artikel zur Petition gegen die Anti-Kinderpornographie-Kampagne (Sperrung von IP Adressen, STOPP Kinderpornographie) auf, den ich sofort in Verbindung setzte mit der Kampagne gegen den Marburger Kongress. Einer der Sprecher der Petition, die sich gegen die Einschränkung der Meinungsfreiheit durch die Blockierung von kinderpornografischen Inhalten im Internet einsetzt, ist Volker Beck, Fraktionssprecher von Bündnis90/Die Grünen. Vielleicht geht es nur mir so, aber mir fällt es schwer die Positionen, die Herrr Beck zu vertreten scheint, in Übereinstimmung miteinander zu bringen:
einerseits vertritt er die Auffassung, dass es nicht erlaubt sein darf, über Identitätsbildung und Sexualität zu diskutieren, weil damit Schwule und Lesben diskriminiert würden. Und das, obgleich die Kongressvertreter betonen, dass es ihnen in keiner Weise darum geht, Homosexuellen Menschen das Recht auf das Ausleben ihrer Sexualität abzusprechen. Sie vertreten lediglich die Auffassung, die auf Erfahrung gründet, dass es Menschen gibt, die sich ihrer sexuellen Identität nicht sicher sind, unter homosexuellen Neigungen leiden und Unterstützung dabei suchen, diesen Identitätsfindungsprozess ergebnisoffen therapeutisch begleiten zu lassen. Eine solche Auffassung zu vertreten muss in einer Demokratie möglich sein, ohne mit Redeverbot belegt zu werden. Solange Positionen mit Respekt und Anstand gegenüber Andersdenkenden vertreten werden und keine Gesetze verletzen müssen unterschiedliche Auffassungen ertragen werden. Wird dies verhindert, verletzt dies die Meinungsfreiheit, die die wichtigste Grundfeste unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung ist. Herr Beck und seine zahlreichen Mitstreiter tun genau das: ohne sich Mühe zu geben, die Positionen der anderen Seite zu verstehen und in einen konstruktiven, demokratischen Diskurs einzusteigen, polemisiert er gegen diese und andere Veranstaltungen christlicher Prägung (Christval) und spricht den Vertretern solcher Positionen das Recht darauf ab, ihre Meinung im öffentlichen Raum zu äußern. Er handelt damit demokratiefeindlich und ideologisch und richtet signifikanten gesellschaftlichen Flurschaden an.
Andererseits, und das verblüfft mich als Betrachter, bezeichnet er die Blockierung kinderpornographischer Inhalte als Einschränkung der Meinungsfreiheit. Nehme ich das wörtlich, dann stellt er und die an die bist gestern über 20.000 (!) Unterzeichner der Petition gegen die Initiative der Bundesfamilienministerin, die Rechte von Pädophilen, kriminelle INhalte im Internet zu veröffentlichen über die Rechte von Psychologen und Psychotherapeuten sowie christlichen Gruppierungen, über unterschiedliche Positionen im Bereich der sexuellen Entwicklung von Männern und Frauen im öffentlichen Raum zu diskutieren.
Wenn ich dies richtig interpretiert habe - und da bin ich aufgrund fehlender tiefer gehender Recherche vorsichtig - dann empfinde ich diese Priorisierung durch Herrn Beck und seine doch sehr zahlreichen Unterstützern als unerhört, ja unerträglich und nicht nur demokratiefeindlich sondern auch menschenverachtend. Ich würde mich freuen, wenn Herr Beck sich einer konstruktiven und öffentlichen Diskussion (z.B. IM Fernsehen) mit Vertretern des Marburger Kongresses stellen und Position beziehen würde zum Theme REde- und Meinungsfreiheit im Kontext dieser beiden Konfliktfelder.
Die Diskussion zeigt, dass wir in unserer Gesellschaft achtsam sein müssen, unsere Freiheit nicht aufs Spiel zu setzen und unter dem Deckmantel von "Political Correctness" die Meinungsvielfalt zu unterdrücken. Als gläubiger Christ bekommt man den Eindruck, dass es gesellschaftliche Gruppen gibt, die nicht nur anderer Meinung in Bezug auf Glauben sind - was ja völlig in Ordnung ist - sondern die noch nicht einmal ein Mindestmaß an Toleranz für Menschen christlicher Überzeugung aufzubringen bereit sind - und zwar mit dem Hinweis, christliche Positionen und das Bestreben anderen Menschen diese Positionen nahezubringen sei intolerant, weil "fundamentalistisch"! Dieses Höchstmaß an Intoleranz im Namen von Toleranz beweist die Kommunikation der Kongress- und Christival Gegner, allen voran Volker Beck, die bis hin zu aktiver Gewaltanwendung geht (Christival 2008, Bremen). Der Aufruf zu Toleranz und Respekt gilt natürlich zugleich auch für evangelikale Christen, unter denen es viele gibt, die Herrn Beck und Gleichgesinnten mit schöner Regemäßigkeit aufgrund ihrer Intoleranz gegenüber Andersdenkenden Munition liefern. Wir als Christen sollten hier bei aller Aufgebrachtheit über die uns entgegengebrachte Feindseligkeit den "Balken im eigenen Auge" nicht übersehen.
Ich will mir meine Meinungen und Überzeugungen nicht verbieten lassen und erwarte von Andersdenkenden den gleichen Respekt, den ich ihnen entgegenzubringen suche. Unterschiede sind etwas Positives, wir können voneinander lernen und sollten eher auf Gemeinsamkeiten fokussieren, als uns gegenseitig die Existenzberechtigung abzusprechen, im Namen von Political Correctness und Dogmatismus.
Christian Conrad, Bremen
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