09.10.09
Friedliche Revolution auf christlichem Fundament
Christlicher Widerstand und Friedenswille von 70.000 Menschen entmachtete Politbüro
(MEDRUM) Mit drei Begriffen könne er wenig anfangen, mit "Rente", "Ruhestand" und "Held", sagte Pfarrer Christian Führer aus Leipzig letztes Jahr in den Fernsehmedien, als er im Alter von 65 Jahren in den Ruhestand ging. Es war ein Abschied nach bewegten Zeiten. Nicht nur den Bürgern in Leipzig ist dieser Pfarrer in Erinnerung bleiben. Er hat ein Stück mitgedreht am Rad der deutschen Geschichte, wahrscheinlich sogar ein ganz entscheidendes Stück.
Als im Herbst 1989 in der ehemaligen DDR die friedliche Revolution ins Rollen kam, war es seine Kirche, die zum Anlaufpunkt für mehr und mehr Menschen in Leipzig wurde. Sie trafen sich nach ihren Friedensgebeten in der Nikolaikirche bei den unvergesslichen Montagsdemonstrationen und verkündeten ihren Protest gegen die damaligen Verhältnisse in der DDR. "Wir sind das Volk", schallte es auf Leipzigs Plätzen und Straßen.
Pfarrer Führer gab ihnen in seinem unerschütterlichen christlichen Glauben Rückhalt, machte ihnen Mut, nahm ihnen Angst, gab ihnen die innere Ruhe, die friedliche Besonnenheit, und er betete mit ihnen. Ungläubiges Staunen verbreitete sich damals in der alten Bundesrepublik ob der Unerschrockenheit, mit der sich die Bürger in Leipzig trafen und ihre Sehnsüchte nach größerer politischer Freiheit ihrer Staatsmacht und einer erstaunten Weltöffentlichkeit präsentierten. Das war der Höhepunkt für mich als Mensch und Pfarrer, so Christian Führer.
Auch wenn er kein Held sein will, er war es. Die Knüppel, mit denen der aufkeimende Protest hätte niedergeprügelt werden können, lagen bereit. Tausende von Polizisten, Soldaten und Bewaffneten Kampfgruppen waren mobilisiert, bereit, auf Knopfdruck gegen die Demonstranten vorzugehen. Einzelne Aktionen staatlicher Gewalt blieben nicht aus. Und dennoch trafen sich am 9. Oktober 1989 70.000 Menschen nach dem Friedensgebet in Führer's Nikolaikirche zur Montagsdemonstration, unbeirrt, sehnsüchtig und friedfertig. Jederzeit musste sie mit massivem Einsatz von Gewalt gegen Bürgerprotest und mit der Eskalation einer Staatsmacht rechnen. Doch sie führten diese Staatsmacht durch die innere Stärke ihres christlichen Glauben und seine Friedfertigkeit an ihre Grenzen.
Christian Führer war ein Held, der mit Mut, Besonnenheit, Klugheit und seinem christlichen Glauben den Menschen und der Bewegung zur Freiheit ein couragiertes, betendes und friedfertiges Antlitz gab, dem die Staatsmacht der ehemaligen DDR letztlich unterlegen war, Montag für Montag, Woche für Woche, Schritt für Schritt, bis zum Fall der Mauer. Ein gewaltloser Held, der auf die Macht des Gebetes und Gottes vertraute. «Glaubt ihr nicht, so bleibt ihr nicht.», sagte er 10 Jahre zuvor in einer Predigt. Er hatte recht behalten. Der Glaube hat geholfen.