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Frage der Intervention gegen Christival-Seminar strittig

13.02.08


Frage der Intervention gegen Christival-Seminar strittig
Wie idea berichtet, habe das Bundesfamilienministerium nach eigenen Angaben interveniert, dass ein Seminar zur Homosexualität aus dem Programm des Jugendkongresses „Christival" gestrichen wurde. Das geht aus der Antwort auf die Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion „Bündnis 90/Die Grünen" zu „antihomosexuellen Seminaren und pseudowissenschaftlichen Therapieangeboten religiöser Fundamentalisten" an die Bundesregierung hervor.
Hierzu idea: Vorausgegangen war der Protest des Ersten Parlamentarischen Geschäftsführers der Fraktion, Volker Beck, gegen das Seminar „Homosexualität verstehen - Chance der Veränderung". Volker Beck, der nach eigenen Angaben in einer schwulen Lebensgemeinschaft lebt, forderte Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) auf, entweder die Absage des „Homosexuellenheilungsseminars" durchzusetzen oder ihre Schirmherrschaft für den Kongress zurückzugeben, der vom 30. April bis 4. Mai in Bremen stattfinden wird. Das Seminar sollte von zwei Mitarbeitern des Instituts für Jugend und Gesellschaft der Kommunität Offensive Junger Christen (Reichelsheim/Odenwald) angeboten werden. Das Institut zog die Veranstaltung aufgrund des Protests zurück, um das Christival aus der öffentlichen Schusslinie zu nehmen.
In der Grünen-Anfrage an die Bundesregierung heißt es, „christlich-fundamentalistische Gruppen" versuchten zunehmend, „Lesben und Schwule mit ‚pseudowissenschaftlichen Therapien' von ihrer Homosexualität zu ‚heilen'".
In der Antwort schreibe der Parlamentarische Staatssekretär im Familienministerium, Hermann Kues (CDU), die Bundesregierung vertrete weder die Auffassung, „dass Homosexualität einer Therapie bedarf, noch dass Homosexualität einer Therapie zugänglich ist". Homosexualität werde seit über 20 Jahren von der überwiegenden Mehrheit der Wissenschaftler aus Psychiatrie, Psychotherapie und Psychologie nicht als psychische Erkrankung angesehen. Wenn sogenannte „Konversionstherapien" von Organisationen angeboten würden, könnten unterschiedliche, meist religiöse oder weltanschauliche Motive eine Rolle spielen, die sich einem wissenschaftlichen Ansatz entzögen.
In der Antwort des Ministeriums heißt es weiter, das geplante Seminar „Homosexualität verstehen - Chance zur Veränderung" sei dem Ministerium nicht im Detail bekannt gewesen. Nach Bekanntwerden sei es auch auf Intervention des Ministeriums aus dem Programm genommen worden.
Der Pressesprecher des Christivals, Stephan Volke (Marburg), habe auf idea-Anfrage der Darstellung des Ministeriums jedoch widersprochen, dass es interveniert habe, das Seminar zu streichen.
Wie idea weiter berichtet, hat sich der Evangelische Gnadauer Gemeinschaftsverband (Vereinigung Landeskirchlicher Gemeinschaften) kritisch zur Aussage der Bundesregierung geäußert, dass Homosexualität keiner Therapie bedürfe, weil sie keiner Therapie zugänglich sei. „Diese einseitige Bestätigung" der Position Becks nehme man mit Verwunderung zur Kenntnis, heißt es in einer einstimmig von der Mitgliederversammlung der pietistischen Dachorganisation beschlossen Erklärung. Das Gremium, das rund 300.000 Christen repräsentiert, tagte vom 11. bis 13. Februar in Dresden. Die Delegierten übten in ihrem Beschluss scharfe Kritik an der Kampagne, die Beck losgetreten habe. Der Protest richte sich grundsätzlich gegen das jüdisch-christliche Menschenbild und seine ethischen Werte. Bisher hätten christliche Gemeinden davon ausgehen können, dass dieses Menschenbild in seinen Grundzügen von Politikern zumindest respektiert werde. Inzwischen stelle man fest, „dass die Schere zwischen christlichen Wertvorstellungen und dem, was sich verschiedentlich politisch abspielt, immer weiter auseinandergeht".
Die Erklärung ist im Wortlaut im Anhang beigefügt.