14.07.09
FDP-Generalsekretär will Fehlzeiten von Koch-Mehrin "prämieren"
Dirk Niebel nicht an Kritik über Pflichtauffassung seiner liberalen Parteikollegin interessiert
(MEDRUM) Die deutsche FDP-Abgeordnete Silvana Koch-Mehrin gibt erneut Anlaß für Kontroversen. Koch-Mehrin hatte durch Rekordabwesenheitszeiten bei Parlamentsdebatten im Europaparlament "geglänzt". Dennoch will sie jetzt Vizepräsidentin im Europa-Parlament werden.
Der deutschen Abgeordneten Koch-Mehrin werden vor allem ihre enormen Fehlzeiten bei Plenartagungen und Ausschusssitzungen angekreidet. Von Seiten der SPD kann sie deshalb kaum mit Zustimmung zu einer Wahl als Vizepräsidentin rechnen. Auch Unionsabgeordnete stehen der ambitionierten Parteipolitikerin kritisch gegenüber. Sie hat sich durch ihr Verhalten kein Vertrauen bei Parlamentariern erworben. Ebenso wird ihre Qualifikation für dieses Amt bei CSU-Politikern angezweifelt.
Silvana Koch-Mehrin hatte nach Bekanntwerden ihrer enormen Abwesenheitszeiten im EU-Parlament die beanstandeten Fehlzeiten unter anderem damit begründet, dass sie zwar anwesend war, jedoch dies nicht immer in der Anwesenheitsliste eingetragen habe und außerdem hätte sie Anspruch auf Mutterschutz gehabt. Nach den Angaben der EU war sie von 288 Plenarsitzungen an maximal 142 Sitzungen anwesend. Werden von der Gesamtzahl der Sitzungen 59 Sitzungen abgezogen, für die Koch-Mehrin Mutterschutz beansprucht, hätte sie an 229 Sitzungen anwesend sein müssen. Tatsächlich war die Abgeordnete jedoch maximal an 166 Sitzungen anwesend, wenn die Anwesenheit nach Anwesenheitsliste der EU und die Teilnahme an Abstimmungen addiert werden, an denen Koch-Mehrin nach ihren Angaben teilgenommen hat, ohne dies in der Anwesenheitsliste zu vermerken. Dies ergibt eine Anwesenheitsquote von 72 Prozent, also Fehlzeiten an Plenarsitzungen von 28 Prozent.
Wie aus den Analysen der FAZ hervorgeht, schneidet Koch-Mehrin noch schlechter ab, wenn die Ausschußsitzungen betrachtet werden. Hierzu schreibt die FAZ vom 8. Juni 2009:
"Diejenigen, die nun von einer Verengung der Debatte auf Präsenzquoten sprechen, pflegen anzuführen, die eigentliche Arbeit der Abgeordneten werde anderswo geleistet, nicht zuletzt in den Parlamentsausschüssen. Hier schneidet Frau Koch-Mehrin nach einer der F.A.Z. vorliegenden Auswertung offizieller Protokolle des Parlaments durch Fraktionsmitarbeiter der Europäischen Volkspartei und der Europäischen Demokraten (EVP-ED) schlecht ab. „Im Haushaltsausschuss des Europäischen Parlaments hat sie vier von fünf Sitzungstagen geschwänzt, im Haushaltskontrollausschuss sogar neun von zehn Sitzungstagen", sagte der Vorsitzende der CDU/CSU-Abgeordneten, Werner Langen, der F.A.Z."
Angesichts eines mehrjährigen Zeitraums, über den sich die Sitzungen des Parlamentes verteilen, erscheint die Abweseneheit von Koch-Mehrin einen beträchtlichen Umfang angenommen zu haben. Einem Arbeitnehmer würde wohl zu Recht die Kündigung präsentiert werden, wenn er in einem auch nur annähernd vergleichbaren Umfang seiner Arbeit fernbliebe. Er könnte erst Recht kaum damit rechnen, auch noch an die Unternehmensspitze befördert zu werden.
Vielleicht konnte Koch-Mehrin die Aufgaben, für die sie gewählt wurde (und für die sie ausgezeichnet alimentiert wird), auch deswegen nicht in größerem Umfang erfüllen, weil sie zu viele Ehrenämter bekleidet und an zu vielen Preisverleihungen als Jurymitglied mitgewirkt hat. Zu ihrem Tätigkeitsfeld gehören:
Hinzu kommt, dass die Berufspolitikerin Silvana Koch-Mehrin auch Buchautorin ist und Vorträge hält. 2007 ist ihr Buch "Schwestern - Streitschrift für einen neuen Feminismus" erschienen. Im Jahr 2008 hat sie nach eigenen Angaben für Vorträge bei fünf Veranstaltern Honorare in Höhe von 14.000 Euro erhalten.
Die Vita der studierten Volkswirtin Koch-Mehrin verrät, dass sie als typische Partei-Karrieristin angesehen werden kann. Vielleicht liegt darin der Grund, dass die Zweifel an der professionellen Hingabe zum Amt, für das sie gewählt wurde, in der FDP nur eine untergeordnete Rolle zu spielen scheinen. Dirk Niebel will trotz aller Kritik die Wahl von Koch-Mehrin zur Vizepräsidentin durchsetzen. Er übergeht in seiner Argumentation die "Versäumnisse" seiner Parteifreundin. Stattdessen argumentiert Niebel: „Wenn Unionsabgeordneten im Europaparlament zu Silvana Koch-Mehrins berechtigter Kritik am teuren Reisezirkus Brüssel-Straßburg kein Gegenargument einfällt, als sie nicht zu wählen, ist das ein Armutszeugnis". So wird Niebel von der Nachrichtenagentur AFP zitiert. Was Niebel damit wohl ganz bewußt ignoriert, ist, dass Koch-Mehrin im EU-Parlament mehr durch Abwesenheit als durch Arbeit geglänzt hat. So hat es jedenfalls der SPD-Europapolitiker Schulz ausgedrückt. Niebel droht nun der Union aufgrund der Vorbehalte gegenüber Koch-Mehrin, dass so "jedenfalls keine Vertrauensbasis für eine künftige engere Zusammenarbeit entstünde."
FAZ-Artikel -> „So entsteht kein Vertrauen"
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