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Erika Steinbach im Widerstreit politischer Interessen


25.02.09

Erika Steinbach im Widerstreit politischer Interessen

Kein Schutz vor Vergleich mit Holocaust-Leugner

von Kurt J. Heinz

(MEDRUM) Die CDU-Politikerin und Vertriebenenpräsidentin Erika Steinbach ist nach ihrer Nominierung für den Stiftungsrat der Vertriebenen-Gedenkstätte in einen heftigen Widerstreit politischer Interessen geraten.

Nach dem Wunsch der Vertriebenenverbände soll die CDU-Politikerin Erika Steinbach Mitglied des Stiftungsrates für die in Berlin geplante Vertriebenen-Gedenkstätte werden. Polnische Politiker haben diese Absicht in außergewöhnlich scharfer Weise verurteilt und die deutsche Politikerin  persönlich schwer angegriffen. Sie wurde von polnischer Seite in einem Vergleich mit dem als Holocaust-Leugner bezeichneten Lefebvre-Bischof Richard Williamson auf eine Ebene gestellt.  Wladyslaw Bartoszewski, Deutschland-Beauftragter der polnischen Regierung, hatte erklärt, eine Berufung Steinbachs in den Stiftungsrat sei „als ob der Vatikan den Holocaust-Leugner, Bischof Williamson, zum Bevollmächtigten für die Beziehungen zu Israel ernannt hätte“. Die CDU-Politikerin hat daraufhin ihre Enttäuschung darüber geäußert, dass sie vor solchen Verunglimpfungen nicht durch den Außenminister in Schutz genommen wird.

Statt den erwarteten Schutz zu erhalten, scheint Erika Steinbach nun jedoch in einen Parteienstreit geraten zu sein. Vertreter aus den Parteien SPD, Grüne und Linke haben Steinbach kritisiert, anstatt sie gegen herabsetzende Vergleiche in Schutz zu nehmen, die gerade vor dem Hintergrund der scharfen Verurteilung der Äußerungen von Richard Williamson verständlicher Weise als schwerwiegender Angriff auf die persönliche Ehre angesehen werden müssen. Erika Steinbach können keine Äußerungen vorgeworfen werden, die einen solchen Vergleich in irgendeiner Hinsicht rechtfertigen könnten. Über dies hinaus ist nicht zuletzt aber auch festzuhalten, dass in diesem hitzigen Zerriss einer Politikerin Sachverhalte in die Bedeutungslosigkeit abrutschen. Welche inhaltlichen Positionen von Erika Steinbach die Parteistrategen kritisieren, offenbaren sie nicht.

Unterdessen hat nun gestern der polnische Ministerpräsident Donald Tusk nach der Kabinettssitzung in Warschau erklärt: „Für Polen ist diese Person inakzeptabel." Auch die Koordinatorin für die deutsch-polnische Zusammenarbeit und Präsidentschaftskandidatin der SPD, Gesine Schwan, hat sich gegen eine Berufung von Erika Steinbach in das Gremium ausgesprochen. Sie unterstützte die polnische Position und erklärte, dass die Erwartung Polens zu Recht bestehe. Aber auch die SPD-Kandidatin für das Amt des Bundespräsidenten hat den unsäglichen Vergleich von Erika Steinbach mit einem Holocaust-Leugner nicht zurückgewiesen.

Noch einen Schritt weiter ging der Sprecher der SPD-Linken, Björn Böhning. Er wies die Erwartung von Erika Steinbach an Außenminister Steinmeier scharf zurück, gegen ehrenrührgige Vergleiche in Schutz genommen zu werden und forderte sogar Konsequenzen. Böhning erklärte, Steinbach spalte Europa und belaste das deutsch-polnische Verhältnis. Ihre Äußerungen zeigten, dass sie „jegliches Augenmaß verloren" habe, so Böhning.

Unabhängig von der Frage, ob an einer Nominierung von Erika Steinbach angesichts des massiven Widerstands polnischer Politiker festgehalten werden kann, stellt sich die Frage, warum Repräsentanten der deutschen Politik eine Abgeordnete des deutschen Bundestages nicht gegen ungerechtfertigte Verunglimpfungen in der gebotenen Weise in Schutz nehmen, sondern ihr diesen Anspruch verweigern und ihr sogar vorwerfen, jegliches Augenmaß verloren zu haben. Haben hier nicht andere das Augenmaß verloren?