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Engster Vertrauter von Christian Wulff unter Korruptionsverdacht


20.01.12

Engster Vertrauter von Christian Wulff unter Korruptionsverdacht

Razzia beim Ex-Sprecher des Bundespräsidenten wegen geschenkter Urlaubsaufenthalte und gefälliger Amtsausübung

(MEDRUM) Wegen geschenkter Urlaubsaufenthalte führte die Staatsanwaltschaft beim Ex-Sprecher und langjährigen Vertrauten von Christian Wulff, Olaf Glaeseker, am Donnerstag eine Durchsuchung in dessen Räumen durch.

Die jetzige Razzia bei Olaf Glaeseker ist Thema in den Medien im Zusammenhang mit der Affäre um Christian Wulff und löste scharfe Auseinandersetzungen im Landtag Niedersachsens aus. Glaeseker soll Urlaub auf Kosten eines Unternehmers gemacht haben, der für die Landesregierung Veranstaltungen ausrichtete, für die Christian Wulff als Schirmherr fungierte. Dies begründet den Verdacht der Bestechlichkeit gegen Glaeseker. Das geht aus der Mitteilungen der Staatsanwaltschaft hervor. "Es besteht der Verdacht, dass Olaf Glaeseker in den Jahren 2007 bis 2009 im Rahmen seiner damaligen Dienstgeschäfte die Durchführung und Finanzierung der von Manfred Schmidt (...) ausgerichteten Veranstaltungsreihe Nord-Süd-Dialog gefällig gefördert hat", erklärte die Staatsanwaltschaft.

Glaeseker war bereits kurz vor Weihnachten im Zuge der Affäre um den ehemaligen Ministerpräsidenten Christian Wulff in die Schlagzeilen geraten. Am 22. Dezember 2011 teilte das Bundespräsidialamt mit: "Der Chef des Bundespräsidialamtes, Staatssekretär Prof. Dr. Lothar Hagebölling, hat den Sprecher des Bundespräsidenten, Herrn Olaf Glaeseker, heute von seinen dienstlichen Aufgaben entbunden. Die Aufgaben des Sprechers des Bundespräsidenten und Leiters des Kommunikationsstabes im Bundespräsidialamt werden ab sofort kommissarisch von Frau Petra Diroll wahrgenommen." Auch Christian Wulff hatte die Entlassung seines Vertrauten bei seiner öffentlichen Erklärung im Dezember 2011 erwähnt. Wörtlich sagte Wulff: "Ich bedauere, dass ich mich von meinem Sprecher Olaf Glaeseker trennen musste und danke ihm an dieser Stelle für seinen großartigen Einsatz an meiner Seite. Ich habe ihm viel zu verdanken und wünsche ihm für weitere berufliche Herausforderungen alles erdenklich Gute." Gründe für die Entlassung Glaesekers hatte Wulff indes nicht genannt.

Das Magazin STERN schrieb am 23.12.2011 zur Entlassung von Glaeseker: "Der Sprecher des Bundespräsidenten, Olaf Glaeseker, musste offenkundig gehen, weil auch er sich gern einladen ließ. Das ergaben stern-Recherchen." Nach Einschätzung des STERN, waren die Vorwürfe gegen Glaeseker für den Bundespräsidenten "hoch brisant, weil er selbst persönlich ebenfalls enge Beziehungen zu dem Geschäftsmann unterhält". Der STERN dazu: "Zeugen hatten zuvor dem stern gesagt, dass Glaeseker zum Beispiel Ende Oktober 2008 zusammen mit seiner Frau - einer früheren niedersächsischen CDU-Sprecherin - sowie Wulffs damals bereits von ihm geschiedener Gattin Christiane mehrere Tage Gratisurlaub in Schmidts luxuriöser Finca Can Pere Crous in Arbúcies gut 80 Kilometer nördlich von Barcelona in Nordspanien genossen hatte."

Wie viele Medien jetzt herausstellen, war Glaeseker Wulffs wichtigster Mann. Die WELT nennt sie "siamesischer Zwilling". Der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Niedersächsischen Landtag, Stefan Schostok, erklärte zur Hausdurchsuchung bei Olaf Glaeseker und Manfred Schmidt: „Die Hausdurchsuchungen bei den Herren Glaeseker und Schmidt am heutigen Donnerstag strafen diejenigen Lügen, die die Aktivitäten rund um den Nord-Süd-Dialog banalisieren wollten. Die Staatsanwaltschaft Hannover stellt fest, dass dringender Korruptionsverdacht im Umfeld der Edelparty für Christian Wulff 2009 besteht. Uns hat dieser Schritt der Justizbehörden nicht wirklich überrascht. Der Herr Bundespräsident muss jetzt beunruhigt sein wegen der Art und Weise, wie die Justiz seinen einstmals engsten Mitarbeiter ins Visier genommen hat." Stefan Wenzel, Fraktionsvorsitzender der Landtagsgrünen, übte ebenfalls scharfe Kritik: "Die Tatsache, dass der Wegbereiter und engste Vertraute des ehemaligen Ministerpräsidenten Christian Wulff nunmehr unter dem Tatverdacht der Bestechlichkeit ins Visier der Ermittlungsbehörden geraten ist, beschreibt eine neue Dimension der Verfehlungen in der Amtsführung des ehemaligen Ministerpräsident Wulff und der von ihm geführten Landesregierung." Die CDU im niedersächsischen Landtag reagierte wütend. "Glaeseker hat uns beschissen", meinte  Wirtschaftsminister Möllring (CDU).

Christian Wulff lehnte eine Stellungnahme zu den Vorwürfen gegen seinen Vertrauten ab.

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Auszug aus einem Merkblatt über Korruption in der öffentlichen Verwaltung:

"Konkret werden unter Korruption diejenigen Verhaltensweisen verstanden, bei denen Amtsträger ihre Position und die ihnen übertragenen Befugnisse ausnutzen, um sich oder Dritten materielle oder immaterielle Vorteile zu verschaffen. In den meisten Fällen wird dieser Missbrauch verschleiert. Die bekanntesten Korruptionsstraftaten sind Bestechung, Bestechlichkeit, Vorteilsgewährung und Vorteilsannahme. Sie stellen gleichzeitig schwere Dienstpflichtverletzungen dar. Darüber hinaus gibt es vom Strafrecht nicht erfasste Verhaltensweisen, die ebenfalls als Dienstpflichtverletzungen gewertet werden. Sie haben gleichermaßen disziplinarrechtliche bzw. arbeitsrechtliche Konsequenzen."

Merkblatt für die Beschäftigten der Landesverwaltung (Rheinland-Pfalz)
Rundschreiben des Ministeriums der Finanzen (O 1559 A – 411)
vom 30. Dezember 2010

 


 

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