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Die Geschichte einer Verleumdung


07.01.10

ImageDie Geschichte einer Verleumdung

Aufregung um idea wegen der Verleihung des
Gerhard-Löwenthal-Preises

Kommentar von Helmut Matthies

(MEDRUM/idea) Aufregung um idea gab es zwischen den Jahren. Eine Pressemitteilung der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (Thüringen und große Teile von Sachsen-Anhalt) sorgte für Schlagzeilen. In ihr wurde der Leiter der Evangelischen Nachrichtenagentur idea, Helmut Matthies, kritisiert, weil er einen „Preis von der Jungen Freiheit“ verliehen bekommen habe. Damit aber habe er sich dem Rechtsextremismus genähert. Deshalb solle der Pfarrer den Preis zurückgeben. Die Pressemitteilung führte zu Meldungen in der Tages- und Kirchenpresse. Deshalb dazu ausnahmsweise einmal ein Kommentar in eigener Sache von Helmut Matthies.

Es berührt merkwürdig, wenn ausgerechnet von einer Kirche, die der Wahrheit verpflichtet sein sollte, eine Pressemitteilung erscheint, die schon in der Überschrift falsch ist, denn der „Gerhard-Löwenthal-Ehrenpreis für Publizistik 2009“ – um ihn geht es tatsächlich – wird gar nicht in erster Linie von der Wochenzeitung „Junge Freiheit“ verliehen! (Und wenn es so wäre: Warum soll eine Zeitung nicht mit Zustimmung der Familie des Namensgebers einen Preis verleihen dürfen?)

Ein Jude sorgt für ein Kreuz

Zum Hintergrund: Einer der führenden westdeutschen Fernsehjournalisten der Nachkriegszeit war Gerhard Löwenthal (1922 bis 2002). Als Jude im KZ Sachsenhausen inhaftiert, wurde er in der Nachkriegszeit vor allem bekannt als Leiter des ZDF-Magazins. Woche für Woche setzte er sich in insgesamt 587 Sendungen für politische Häftlinge – besonders auch Christen – in kommunistischen Staaten ein. Unter der Rubrik „Hilferufe von drüben“ gab er Angehörigen von inhaftierten Gewissensgefangenen in der DDR eine Stimme und sorgte nicht selten für die Freilassung bzw. Hafterleichterung. Er wurde u. a. mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt. Meine persönliche Verbindung zu Löwen­thal bestand bereits seit 1974, als ich als Theologiestudent mitverantwortlich für die Studentenmission in Deutschland (SMD) in Hamburg war. Als wir davon hörten, dass die Kapelle der damals im Zuge der 68er-Bewegung marxistisch orientierten Evangelischen Studentengemeinde (ESG) als Abstellkammer missbraucht wurde, baten wir darum, sie wieder ihrem eigentlichen Zwe­cke zuführen zu dürfen. Es wurde uns erlaubt. Da in der Kapelle kein Kreuz hing, brachten wir ein Holzkreuz an, das aber bald wieder von der Leitung der ESG abgehängt wurde. Als hier Proteste nicht halfen, wandte ich mich an Gerhard Löwenthal. Er berichtete dann tatsächlich im ZDF-Magazin über den Skandal. Das Kreuz durfte dann dauerhaft bleiben. Der Jude Löwenthal hatte also mit dafür gesorgt, dass in einem Kirchenhaus ein Kreuz hängen durfte. Fortan blieb ich dem Journalisten verbunden. Als nun seine Witwe – die Ärztin Dr. Ingeborg Löwenthal – wollte, dass mir der nach ihrem Mann benannte Preis für das Jahr 2009 verliehen wird, habe ich zugesagt, ist mir doch der Namensgeber in seinem Einsatz für unrechtmäßig Verfolgte ein Vorbild. Ich fragte mich nur, ob ich wirklich des Preises würdig sei im Blick auf die hohe Bedeutung meiner Vorgänger.

Preisträger sind Autoren von „Stern“ bis „Zeit“

2008 hat ihn einer der bedeutendsten Fernsehjournalisten und Bestsellerautoren, Prof. Dr. Peter Scholl-Latour (u. a. war er Herausgeber des linksorientierten Magazins „Stern“ und Fernsehdirektor des wahrlich nicht konservativen WDR), bekommen. Zuvor waren es bereits u. a. der liberale Verleger, „Zeit“-Autor und Nationalpreisträger Wolf Jobst Siedler (Berlin) und die Begründerin der Meinungsforschung und langjährige Chefin des Instituts für Demoskopie in Allensbach, Prof. Dr. Elisabeth Noelle-Neumann.

Linksliberal & rechtsextrem?

Verliehen wird der Preis seit 2007 von der gemeinnützigen „Förderstiftung Konservative Bildung und Forschung“ in Berlin. Als Kooperationspartner fungiert die Wochenzeitung „Junge Freiheit“. (Die Verbindung der Förderstiftung zu ihr besteht darin, dass zum Stiftungsrat neben Kirchenrat Dr. Rolf Sauerzapf und Klaus Peter Krause (Geschäftsführer i. R. der FAZIT-Stiftung, die Eigentümer der FAZ ist) u. a. auch Chefredakteur Dieter Stein gehört.) Nur wer die „Junge Freiheit“ noch nie gelesen hat, kann sie für extrem halten. Sie ist eine konservative Wochenzeitung – sonst hätten Persönlichkeiten wie Siedler, Noelle-Neumann und Scholl-Latour den Preis auch nie entgegengenommen. In meinem Fall gab es nun große Aufregung. Obwohl der Laudator ein evangelischer KirchenratDr. Rolf Sauerzapf (Kassel) – war, äußerte von der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland der Bildungsreferent, Oberkirchenrat Christhard Wagner (Eisenach), mit der Annahme des Gerhard-Löwenthal-Ehrenpreises sei „die Gefahr verbunden, dass die Tabugrenze im Graubereich zum Rechtsextremismus weiter nach unten verschoben wird“. Dann aber wären auch die liberalen bis linksliberalen Spitzenköpfe unseres Landes wie Prof. Scholl-Latour, Siedler und Prof. Noelle-Neumann und der konservative Gelehrte Caspar von Schrenck-Notzing (Preisträger 2005) alle im „Graubereich zum Rechtsextremismus“ angesiedelt.

Ein großer Schaden

Die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland hat idea (wie natürlich auch dem Ansehen von Gerhard Löwenthal, Kirchenrat Sauerzapf, Prof. Peter Scholl-Latour, Wolf Jobst Siedler, Prof. Noelle-Neumann und Dieter Stein) schwer geschadet, vor allem weil sie keinen einzigen dieser Fakten erwähnt und idea in einen Zusammenhang gebracht hat, der völlig inakzeptabel ist. Das aber wissen viele Leser der Tages- und Kirchenpresse nicht, die über die Pressemitteilung berichteten. Die Kirchenpresse, die sich daran beteiligte, hätte es besser wissen können, aber sie informierte manipulativ und einseitig. Zu nennen sind hier vor allem die Evangelische Zeitung für Niedersachsen, die mitteldeutsche Zeitung „Glaube und Heimat“, die sächsische Kirchenzeitung „Der Sonntag“, das Berliner Wochenblatt „die kirche“ und die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA).

Wehe, man ist nicht links

Laut KNA äußerte der Leiter des Referates der EKD für Publizistik, Oberkirchenrat Udo Hahn (Hannover), er hätte mir – wenn er gefragt worden wäre – abgeraten, den Preis anzunehmen. Damit steht er nicht allein. Von den wenigen, die ich fragte, haben dies fast alle ebenso getan – nicht weil sie etwas gegen den Preis hätten, sondern weil sie wissen, dass man in unserm Land alles annehmen kann, wenn man links ist – aber wehe, man ist es nicht!

Ist diese Kirche antisemitisch?

Warum habe ich den Gerhard-Löwenthal-Ehrenpreis für Publizistik trotzdem angenommen (er ist übrigens mit keinem Euro Preisgeld verbunden)? Weil ich mich sonst gegenüber einem Juden geschämt hätte, der wie kaum ein anderer Journalist im Westen für Verfolgte und Entrechtete im kommunistischen Bereich eingetreten ist und sich wie sonst kein Fernsehverantwortlicher für die Wiedervereinigung Deutschlands engagiert hat. Nun wird ausgerechnet sein Name aus einer mitteldeutschen Kirche beschmutzt. Ich hätte auch nie für möglich gehalten, dass ein von den Nationalsozialisten verfolgter prominenter deutscher Jude von einer deutschen Landeskirche – sie wurde Anfang 2009 aus der thüringischen Landeskirche (mit Sitz in Eisenach) und der Kirchenprovinz Sachsen (Magdeburg) gebildet – je mit Rechtsextremismus in Verbindung gebracht werden könnte. Nach der Logik des Bildungsdezernenten Wagner müsste man nun die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland kritisieren, befinde sie sich doch mit ihrer Kritik „im Graubereich zum Antisemitismus“.

Das eigentliche Problem

Das Problem ist also nicht der Löwenthal-Preis oder die „Junge Freiheit“, sondern eine evangelische Kirche, die in ihrem massiven „Kampf gegen Rechtsextremismus“ alles, was nicht links ist, unter den Generalverdacht stellt, rechtsextrem zu sein. Gegen Linksextremismus wendet sich bisher keine Landeskirche, obwohl gerade Ende des Jahres festgestellt wurde, dass sich beispielsweise in der deutschen Hauptstadt die Zahl linksextremistischer Gewalttaten 2009 verdreifacht hat, während die Zahl rechtsextremer Gewalttaten bis November 2009 deutschlandweit um 8,5% gesunken ist. Die konservativen Kirchenmitglieder sind – fern allem Rechtsextremismus, der ebenso wie Linksextremismus mit dem Christsein unvereinbar sein sollte – die treuesten Kirchenanhänger, wie viele Analysen ergeben haben. Dennoch sind sie in den letzten Jahren kirchenleitend und durch synodale Äußerungen häufig verprellt worden. Merkwürdig nur, dass man bei den ungeliebten Kindern nie gleichzeitig auf Spenden und Kirchensteuern verzichten wollte.

Copyright Helmut Matthies, 07.01.2010

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Helmut Matthies leitet seit 1978 die Nachrichtenagentur idea und ist Chefredakteur der von idea herausgegebenen Wochenzeitschrift ideaSpektrum. idea informiert über Ereignisse und Entwicklungen in Kirche und Gesellschaft und ist eine unabhängige Evangelische Nachrichtenagentur, die von einem Verein getragen wird und der Evangelischen Allianz nahe steht. Der Theologe und Publizist Matthies wurde 2009 für sein publizistisches Lebenswerk mit dem Gerhard-Löwenthal-Ehrenpreis ausgezeichnet, der von der Förderstiftung Konservative Bildung und Forschung (FKBF) in Kooperation mit der Wochenzeitung JUNGE FREIHEIT und Dr. Ingeborg Löwenthal gestiftet wird. In der Begründung für die Auszeichnung heißt es: „Aus kleinsten Anfängen heraus hat Matthies idea zur bedeutendsten evangelischen Stimme in der deutschen Medienlandschaft ausgebaut."


MEDRUM -> Solidarisierung mit Helmut Matthies

Weitere Information 

Förderstiftung Konservative Bildung und Forschung
Internet -> gerhard-loewenthal-preis.de
Dr. Bastian Behrens
Email: behrens@fkbf.de

Landeskirchenamt der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland
Eisenach
Oberkirchenrat Christhard Wagner
Fon 03691/678-110
Fax 03691/678-355
Internet: EKM
Email: Christhard.Wagner@ekmd.de


 

Leserbriefe

Ich habe die „Junge Freiheit“ probeweise abonniert, um mir selbst ein Bild machen zu können, da man nicht alles glauben kann, was in der Zeitung steht und im Fernsehen kommt. Schon lange habe ich nämlich den Eindruck, dass uns durch weitgehend gleichgeschaltete Medien eine Meinung aufgedrängt bzw. ein schlechtes Gewissen gemacht wird, wenn wir die veröffentlichte „vorgeschriebene Meinung“ des „political correctnes“ und die Ansichten des Zeitgeistes nicht verinnerlichen wollen.

Die „Junge Freiheit“ ist ein ganz ausgezeichnet Blatt, das ich nur jedem empfehlen kann, der sich nicht länger systematisch desinformieren und oktroyieren lassen will. Was hier veröffentlicht wird, ist in keiner Weise rechtsradikal.

Wir müssen uns gegen die ständigen Versuche einer kleinen Gruppe von selbstgefälligen Meinungsmachern, die jeden als rechtsradikal diffamieren, der nicht mit deren „vorgeschriebener Meinung“ konform geht, ganz energisch zur Wehr setzen. Das sind Ungehörigkeiten, die ausgerechnet von Leuten kommen, die selbst ununterbrochen von „Toleranz“ reden, dabei aber gleichzeitig die Meinungsfreiheit und die Freiheit von Forschung und Lehre beseitigen wollen, wenn durch diese ihre Ideologien nicht bestätigt werden.

Wenn unser Land, wenn Europa, überhaupt, eine Zukunft haben will, dann darf das von den 68ern angerichtete Chaos, nicht das Letzte sein, auf das alles hinauslauft. Ich werde mich deshalb jetzt verstärkt an Presseprodukten orientieren, die dem Zeitgeist Paroli bieten. Das, was von Seiten einer „Kirche“ kommt, die in weiten Teilen die Züge der „Hure Babylon“ trägt, kann nicht maßgebend sein. Wir haben es hier mit einer Institution zu tun, die in weiten Teilen längst nicht mehr die Kirche Jesu Christi ist. Schon Martin Luther waren politisierende Pfaffen ein Greuel.

Es wäre besser, wenn die Geistlichen ihrem eigentlichen Auftrag der Verkündung eines unverwässerten, unverfälschten, klaren und eindeutigen Evangeliums nachkommen würden. Das wäre besser als neuerlich zu Knechten zu werden.

Unsere Familie hat die DDR seinerzeit nicht verlassen, damit wir hier später vom Regen in die Traufe kommen!

Jörgen Bauer

Ich schließe mich dem Leserbrief voll an. Auch mir kommt beim Lesen der meisten politisch korrekten Mainstreammedien das Kotzen. Der "Kampf gegen Rechts(TM)" findet sich bald überall, leider auch in christlichen Kreisen, und zielt nicht gegen Rechtsextremismus, sondern alles, was nicht links ist. Gruß Carolus

Ich habe in der Vergangenheit viele gute Texte von Helmut Matthies gelesen - der vorliegende Kommentar allerdings ist ein intellektuelles Armutszeugnis, egal, wie fair oder unfair man seine Behandlung durch die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland werten mag. Der Vorwurf nämlich, OKR Wagner bringe Gerhard Löwenthal in die Nähe des Rechtsextremismus, liegt in etwa auf dem Niveau folgender Aussage: "Wenn ich die Annahme des Friedensnobelpreises durch Barack Obama kritisiere, verunglimpfe ich zugleich Alfred Nobel." Oder: Wenn ich dem Preisträger und dem Stifter eines Goethe-Preises Diletantismus vorwerfe, bezeichne ich deswegen doch Johann Wolfgang von Goethe nicht als Diletanten! Dann zur Preisverleihung selbst: Wenn man mal ins online-Archiv der Jungen Freiheit geht, und dort den unmittelbar auf die Preisverleihung folgenden Artikel "André Lichtschlag und Helmut Matthies erhalten Gerhard-Löwenthal-Preis" vom 05.12. 2009 nachschlägt, wird man folgenden Satz finden: "Der Preis wird von der Wochenzeitung JUNGE FREIHEIT und der Förderstiftung Konservative Bildung und Forschung vergeben." Die Aussage von Matthies, der Preis werde "gar nicht in erster Linie von der Jungen Freiheit selbst verliehen", wird von der JF selbst also offenbar anders gesehen. In seinem Kommentar wirft Helmut Matthies anderen Redaktionen "manipulative" Berichterstattung vor. Es wäre gut gewesen, würde der Text, in dem dieser Vorwurf getätigt wird, frei von jedem Verdacht sein, selbst manipulativ zu sein. Leider ist er es nicht. "Wer unter Euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein." (Joh. 8,7).

Wer so nebulös und zwielichtig verurteilt wie der Oberkirchenrat der Evangelischen Kirche zieht auch den Namensgeber des Preises mit in den Schmutz. Vergessen werden darf doch hier nicht die besondere Konstellation, dass es die Frau von Gerhard Löwenthal war, auf deren Initiative der Preis von der „Förderstiftung Konservative Bildung und Forschung“, von der Zeitung Junge Freiheit und eben von der Witwe Löwenthal selbst gestiftet wird (die Analogien treffen daher nicht ins Schwarze). Ein intellektuelles Armutszeugnis liefert, wer so tut, als gebe es keinerlei inneren Zusammenhang zwischen Löwenthal, Löwenthal-Preis, Junger Freiheit und dem Vorwurf des Rechtsextremismus. Nach dieser seichten Methode arbeiten der Oberkirchenrat und der Autor des Leserbriefes. Unrühmliche Vorbilder haben sie - in- und außerhalb der EKD, vor allem auch unter den Journalisten - dafür genug.

Anders arbeitet Helmut Matthies. Was er geschrieben hat, liefert alles anderes als ein Armutszeugnis. Matthies tut das einzig Richtige. Er demaskiert die absurden Eingebungen des Oberkirchenrates, indem er die relevanten Zusammenhänge aufzeigt und die maßgeblichen Fakten zutreffend darstellt. Die Angaben der Stiftung zum Preis sprechen eine eindeutige Sprache. Deshalb übertrifft Matthies in puncto Klarheit und Schlüssigkeit den Oberkirchenrat, in puntco intellektuelles Niveau und Überzeugungskraft den Autor des Leserbriefes, und was die Präzision der Faktendarstellung angeht, auch die Junge Freiheit. Es ist ermutigend, dass sich Matthies vom politbeflissenen Geschwätz mainstreamdeformierter Zeitgeister nicht beirren lässt. Auch deshalb ist er ein wirklich würdiger Preisträger für den Löwenthal-Preis.