Sie sind hier

Die Deutschen und der deutsche Papst


17.09.11

Die Deutschen und der deutsche Papst

Das Wort von Papst Benedikt XVI. zum Sonntag oder: Wer zeigt Stil, Anstand und Würde?

(MEDRUM) Ein Deutscher hat in der Katholischen Kirche die höchste Anerkennung und Achtung gefunden, die einem römisch-katholischen Priester und Kardinal zuteil werden kann: Joseph Ratzinger wurde 2005 zum Papst und damit zum Oberhaupt einer Weltkirche gewählt, der mehr als 1 Milliarde Menschen angehören. Welt-Online fragt nun unter der Überschrift "Von früherer Papst-Euphorie ist wenig geblieben", ob sich die Deutschen freuen, dass dieser Mann als Papst Benedikt XVI. in wenigen Tagen zu Besuch kommt. Das Ergebnis dieser Umfrage wirft weniger ein Licht auf den Papst, der erst beim Weltjugendtag in Spanien begeistert empfangen wurde, sondern vor allem ein Licht auf die Deutschen selbst. Erweisen sie sich (vor den Augen der Weltöffentlichkeit) der Ehre als würdig, wenn dieser Papst sein Heimatland besucht, ein Land, das im letzten Jahrhundert schier grenzenloses Unheil über die Menschheit gebracht hat? In seinem Wort zum Sonntag hat sich jedenfalls Papst Benedikt erneut als Deutscher gezeigt, der nicht vergessen hat, aus welchem Land er stammt, und der auch vor den Augen der Weltöffentlichkeit besteht.

Image

Contra Freude: 58 Prozent - Pro 42 Prozent

Die Frage "Freuen Sie sich, dass der Papst Deutschland besucht?" fand unter den ersten 901 Umfrageteilnehmern ein negatives Echo. 58 Prozent antworteten mit "Nein", nur 42 Prozent sagten "Ja" (Grafik links). Sollte es bei diesem Ergebnis bleiben und wäre es repräsentativ, könnte es außerhalb Deutschlands erneut Grund geben, den Kopf über "diese Deutschen" und ihre Sonderwege zu schütteln. Dass von früherer Euphorie wenig geblieben ist, wie die Tageszeitung Die Welt vorab meint, scheint auch diese Umfrage zu belegen, die ein Stimmungsbild widerspiegelt.

Deutsche Parlamentarier sind der Beantwortung einer solchen Umfrage bereits reihenweise mit schlechtem Vorbild vorangegangen. Stillos, taktlos, ganz einfach in hemdsärmeliger Manier meinen nicht nur vereinzelt Abgeordnete, sich über eine Person erheben zu können, der sie schon intellektuell nicht das Wasser reichen können. Darüber dürfte nach so mancher provinziellen Erklärung aus dem Munde einiger Abgeordneter kaum ein Zweifel bestehen. Es wird damit gerechnet, dass von 622 bis zu 100 Parlamentarier aus den Fraktionen der SPD, der Linken und von den Grünen der Rede von Benedikt XVI. im Deutschen Bundestag fernbleiben wollen. Einige ziehen es sogar vor, stattdessen vor dem Bundestag zu protestieren.

Wie gut würde es jedem Abgeordneten des Deutschen Bundestages zu Gesicht stehen, sich einem deutschen Papst gegenüber als ein Gastgeber zu erweisen, der weiß, was Stil, Anstand und Würde eines Amtes bedeuten. Doch diese Eigenschaften sind nicht allen Politikern in die Wiege gelegt und erworben haben diese viele auf ihrem Lebensweg offenbar ebenfalls nirgendwo, weder im Elternhaus noch in der Kindertagesstätte noch in der Schule, trotz aller Bemühungen im zur Bildungsrepublik ausgerufenen Deutschland. Selbst die einfachsten Benimmregeln sind manchen ebenso fremd wie profunde Kenntnisse des Grundgesetzes, wie eine Äußerung von Volker Beck zur ARD am heutigen Abend in den Tagesthemen zeigte, als er meinte, der Papst entspreche in Sachen Menschenrechte und Sexualpolitik nicht dem, was das Grundgesetz von der Politik verlange. Doch Defizite von Bundestagsabgeordneten beim Verständnis des Grundgesetzes lassen sich auch bei einem Politiker wie Volker Beck (Bündnis 90 / Die Grünen) durch Bildungsmaßnahmen beheben, sofern er das will. Anders dagegen verhält es sich mit Stil, Anstand und Würde. Sie sind vor allem eine Frage der Persönlichkeitsentwicklung und ihres Charakters. Und letzterer ist bei vielen Menschen unveränderbar, da hift nicht einmal eine reparative Therapie.

Das Wort zum Sonntag von Papst Benedikt

Eines ist bei allen unterschiedlichen Meinungen sicher und wird sich auch beim Besuch von Papst Benedikt XVI. in Deutschland erweisen: Es kommt ein Mann von edlem Charakter in seine Heimat, der zeigen wird, was Stil, Anstand und Würde bedeuten. Dies gab er bereits am Sonntagabend in der ARD zu erkennen, als er das Wort zum Sonntag sprach. Er sagte:

"Verehrte Damen und Herren,

liebe Landsleute!

In wenigen Tagen werde ich zu meiner Reise nach Deutschland aufbrechen, und ich freue mich schon darauf. Ich freue mich besonders auf Berlin, wo es viele Begegnungen geben wird, und freue mich besonders natürlich auf die Rede im Bundestag und auf den großen Gottesdienst, den wir im Olympiastadion feiern dürfen.

Ein Höhepunkt der Reise wird Erfurt sein: Im Augustinerkloster, in der Augustinerkirche, in der Luther seinen Weg begonnen hat, darf ich mich mit Vertretern der Evangelischen Kirche Deutschlands treffen. Wir werden dort miteinander beten, auf das Wort Gottes hören, miteinander denken und noch sprechen. Wir erwarten keine Sensationen. Das eigentlich Grosse daran ist eben dies, dass wir miteinander an diesem Ort denken, das Wort Gottes hören und beten, und so inwendig beieinander sind und sich wahrhaft Ökumene ereignet.

Etwas Besonderes ist für mich die Begegnung mit dem Eichsfeld, diesem kleinen Landstrich, der durch alle Verwirrungen der Geschichte hindurch katholisch geblieben ist; und dann der Südwesten Deutschlands, mit Freiburg, der großen Stadt, mit vielen Begegnungen, die dort sein werden, besonders mit einer Vigil für die Jugend, mit dem großen Gottesdienst, der die Reise abschließt.

All dies ist nicht religiöser Tourismus, und noch weniger eine Show. Worum es geht, sagt das Leitwort dieser Tage: „Wo Gott ist, da ist Zukunft". Es soll darum gehen, dass Gott wieder in unser Blickfeld tritt, der so oft ganz abwesende Gott, dessen wir doch so sehr bedürfen.

Sie werden mich vielleicht fragen: „Gibt es Gott überhaupt? Und wenn es ihn gibt, befasst er sich überhaupt mit uns? Können wir bis zu ihm vordringen?". Nun, es ist wahr: Wir können Gott nicht auf den Tisch legen, wir können nicht wie ein Gerät ihn anrühren oder wie irgendeine Sache in die Hand nehmen. Wir müssen die Wahrnehmungsfähigkeit für Gott, die in uns da ist, wieder neu entwickeln. In der Größe des Kosmos können wir etwas ahnen von der Größe Gottes. Wir können die Welt technisch nützen, weil sie rational gebaut ist. In dieser großen Rationalität der Welt ahnen wir etwas von dem Schöpfergeist, von dem sie kommt, und wir können in der Schönheit der Schöpfung doch etwas von der Schönheit, Größe und auch von der Güte Gottes sehen. Wir können im Wort der Heiligen Schrift Worte ewigen Lebens hören, die nicht einfach nur von Menschen kommen, sondern die von Ihm herkommen, in denen wir Seine Stimme hören. Und endlich, in der Begegnung mit Menschen, die von Gott angerührt worden sind, sehen wir gleichsam Gott. Ich denke nicht nur an die Grossen: von Paulus über Franz von Assisi bis zu Mutter Theresa; sondern an die vielen einfachen Menschen, von denen niemand spricht. Und doch, wenn wir ihnen begegnen, geht von ihnen etwas von Güte, von Lauterkeit, von Freude aus, dass wir wissen, da ist Gott, und dass er uns anrührt. Darum wollen wir uns in diesen Tagen mühen, dass wir Gott wieder zu Gesicht bekommen, dass wir selber Menschen werden, von denen ein Licht der Hoffnung in die Welt herein tritt, das Licht von Gott her ist und uns leben hilft.

Von Johann Wolfgang Goethe stammt das Wort: "Edel sei der Mensch, hilfreich und gut." Wer wollte das diesem Papst, der sich vor allem für die einfachen Menschen einsetzt, "von denen niemand spricht", die aber "von Ihm kommen", und "in denen wir Seine Stimme hören", wie Benedikt XVI. sagt. Hören wir deshalb auch seine Stimme, die Stimme von Papst Benedikt. Hören wir Seine Stimme nicht auch in ihm, einem Menschen mit festem Glauben, von großem Geist, von liebevoller Güte und großer Bescheidenheit?

Von Kurt J. Heinz


Zur Teilnahme an der Umfrage in Welt-Online:

Von-frueherer-Papst-Euphorie-ist-wenig-geblieben


Mediathek der ARD: →Papst Benedikt XVI. spricht das Wort zum Sonntag


Zum Papst-Besuch:


18.09.11 FOCUS Papstbesuch ist kein „religiöser Tourismus“
27.08.11 MEDRUM Klaus Wowereit für Protest gegen Papst Benedikt XVI.
10.08.11 MEDRUM Protestbündnis "Der Papst kommt" gegen Benedikt XVI.

Leserbriefe

Danke für den wunderbaren Bericht von Herrn Kurt J. Heinz, er spricht mir aus der Seele und da gibt es auch nichts hinzuzufügen. Ich bin katholisch, gehe aber in die evangelische Gemeinde zur Bibelstunde. Das ist mein Beitrag zur Ökumene, der Beitrag eines der vielen "einfachen" Menschen! Danke und lieben Gruß, Ihre Ernesta Ich wünsche auch Ihnen ein bestimmt interessantes Wochenende mit "unserem" Papst, wo auch immer!