07.09.15
Deutschland hilft: 10 Milliarden Euro für Hotel Mama
Margot Käßmann zur Aufnahme von Flüchtlingen: "Wenn wir hier ein paar aufnehmen, ist es das Mindeste, was wir tun können." Sigmar Gabriel (SPD): "Klar schaffen wir das, 800.000 aufzunehmen und zu integrieren."
(MEDRUM) Angela Merkel hat eine neue Fan-Gemeinde. Sie wird von Flüchtlingen aus dem arabischen Raum als "Mama Merkel" gefeiert. Das geht aus einer Facebook-Seite hervor, die in arabischer Schrift geführt wird. Mit derart positiven Erwartungen machen sich Hunderttausende von Menschen auf den Weg nach Deutschland. Doch es ist umstritten, in welchem Maße Deutschland hochgesteckten Erwartungen am Ende wirklich gerecht werden kann.
Der Aufenthalt in Deutschland, das sich unter Führung von Angela Merkel als Willkommensland präsentiert, ist das bevorzugte Reiseziel einer großen und schwer überschaubaren Gruppe von Personen, die ihre Heimatländer verlassen haben und noch verlassen werden. An diesem Wochenende waren es 20.000, die über Ungarn und Österreich nach Deutschland einreisten und aufgenommen wurden. Die Willkommenskultur in Deutschland hat ganz offenbar eine hohe Anziehungskraft auf sie. Das haben die vielfachen Reaktionen derjenigen gezeigt, die sich geweigert haben, sich in Ungarn registrieren und dort aufnehmen zu lassen. Nahezu einhellig hatten sie gefordert: "Wir wollen nach Deutschland" oder auch, auf Angela Merkel weisend: "Wir wollen zu Mama". Merkel wird von manchen geradezu euphorisch gefeiert, wie eine in arabischer Schrift geführte Facebookseite zeigt, die den Namen mamamirkl trägt. "Wir lieben Dich", lautet eine Bildaufschrift (Bild oben links).
Diese Euphorie bei den Heimatflüchtigen wird von einer Welle der begeisterten Hilfsbereitschaft in Teilen der Gesellschaft in Deutschland getragen. Die mit Sonderzügen und Bussen von Ungarn aus einreisenden Neuankömmlinge werden umjubelt wie langersehnte Heimkehrer. Jan Fleischhauer spricht in seiner Spiegel-Kolumne unter der Überschrift Die Idealisierung des Fremden sogar von einer Flüchtlingseuphorie in Deutschland, die bedenkliche Ausmaße angenommen habe. Flüchtlinge werden, so Fleischhauer, im denkbar besten Licht präsentiert. Daran beteiligen sich auch die Medien, meint der Journalist. Doch in Wahrheit wüßten wir sehr wenig über die Menschen, die da kommen. Eine Idealisierung hält Fleischhauer für nicht angebracht. Es könne nicht gleich in jedem ein Neubürger gesehen werden. Unter den Asylbewerbern seien nicht nur solche mit lauteren Absichten. In Wahrheit sei die große Wanderung nach Europa ein Beweis für die Anziehungskraft des westlichen Systems.
Sehr gelassen sieht Margot Käßmann den Zustrom nach Deutschland. Sie sprach sich in der Fernsehsendung von Maischberger "Wir sind das Pack - rückt Deutschland nach rechts?" vehement dagegen aus, von einer "unkontrollierten Masseneinwanderung" zu sprechen. Die ehemalige Ratsvorsitzende der EKD, die wegen einer Trunkenheitsfahrt im Zustand der absoluten Fahruntüchtigkeit ihr Amt niederlegte, warf dem AfD-Politiker Gauland vor, mit solchen Begriffen wie "unkontrollierter Masseneinwanderung" Ängste zu schüren. Käßmann: "Wir sind ein reiches Land, in dem wir hier leben. Es sind 60 Millionen Menschen auf der ganzen Welt auf der Flucht. Und wenn wir hier ein paar in unserem reichen Land aufnehmen, ist das nicht viel und ich finde, es ist das Mindeste, was wir tun können. Was ist denn da Masseneinwanderung?" Käßmann rechnete vor, 400.000 würden wahrscheinlich nur aufgenommen, das seien 0,5 Prozent der Bevölkerung in Deutschland. Sie vertrat die Meinung, die deutsche Gesellschaft habe sehr wohl die Kraft, die kommenden Menschen zu integrieren.
Recht besorgt äußerte sich hingegen der Berliner Ex-Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky im Gespräch mit Alfred Schier in der Sendereihe "Im Dialog" des Fernsehsenders Phoenix. Niemand verkrafte es im Vorbeigehen, wenn Millionen Menschen in ein Land strömen. Er meint, Deutschland stehe erst am Anfang einer solchen Entwicklung. Es sei nicht im Schlafwagen zu schaffen, wenn derart viele Menschen in ein Land kämen, die zum Teil nicht einmal alphabetisiert seien. Für Buschkowsky ist es völlig logisch, dass Menschen, die in ihren Heimatländern wie in Südosteuropa aus schlechten Wirtschaftsbedingungen und Arbeitslosigkeit kommen, sagen, sie möchten eine Scheibe mehr vom Wohlstand. In Bulgarien oder Rumänien gebe es Durchschnittslöhne von 180 Euro. Wenn eine Familie fünf Kinder habe, gebe es in Deutschland 1.000 Euro Kindergeld. Und die Kinder könnten sogar zu Hause bleiben, sie müssten gar nicht mitkommen. Wer sich da nicht sagen würde, da gehe ich auch hin, das Geld hole ich mir auch ab, der sei doch mit dem Klammerbeutel gepudert. Zugleich verweist Buschkowsky aber auch auf die Probleme, die in Deutschland deswegen gelöst werden müssten. Deutschland habe nicht einmal genug Integrationskurse für die, die bereits hier seien, geschweige denn für die, die jetzt kämen. Wir reden, so Buschkowsky, von 3 bis 4 Millionen Menschen, denn hinter vielen Flüchtlingen stecke eine Familie die nachkommen werde. Buschkowsky stellte damit die gewaltige Dimension des Kraftaktes heraus, vor dem Deutschland steht. Das Gespräch mit Buschkowsky ist auf der Internetseite von Phoenix abrufbar: Im Dialog: Alfred Schier mit Heinz Buschkowsky (Dauer: 30 min).
Dass der Massenansturm für Deutschland höchste Anstrengung bedeutet, hat auch finanzielle Folgen. Nach neuesten Schätzungen entstehen dafür Kosten in Höhe von 10 Milliarden Euro, wie die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung berichtet. Demnach werden die Gesamtkosten für die Betreuung der Flüchtlinge in Deutschland in diesem Jahr bei rund zehn Milliarden Euro liegen. Im Sommer sei bei einer Zahl von 450.000 Flüchtlingen noch von Kosten in Höhe von 5,6 Milliarden Euro ausgegangen worden. Die Jahreskosten würden pro Flüchtling ca. 12.000 bis 13.000 Euro betragen. Die Einreise potentieller Neubürger in das Land von Mama Merkel ist für Deutschland also keinesfalls zum Nulltarif zu haben. Die Bundesregierung will für diesen Zweck zusätzlich 6 Milliarden Euro bereitstellen, davon 3 Milliarden zur Unterstützung der Länder und Kommunen und 3 Milliarden für Aufgaben auf Bundesebene. 2014 betrugen die Kosten nach Angaben des Statistischen Bundesamtes nur etwa 2 Milliarden. Allerdings war die Zahl der Unterstützungsempfänger mit 204.000 Personen wesentlich geringer als im laufenden Jahr.
Die Bundesregierung einigte sich auf ein zusätzliches Finanzpaket von 6 Millarden Euro für den Bund und die Länder, das der Aufnahme und Versorgung von Flüchtlingen dienen soll. Der Parteivorsitzende der SPD und Vizekanzler der Bundesregierung, Sigmar Gabriel, erklärte heute nach dem Treffen der Regierungskoalition zur Unterstützung von Flüchtlingen: "Na klar schaffen wir in diesem Jahr, 800.000 Flüchtlinge aufzunehmen, unterzubringen, auch zu integrieren." Die Fraktion der Grünen übte allerdings Kritik und wollte mehr Geld als die Bundesregierung bereitstellen. Es seien unnötige Schikanen dabei, meinte die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Simone Peter, die beispielsweise die Absicht kritisierte, den Flüchtlingen mehr Sachleistungen und weniger Geldleistungen zur Verfügung zu stellen.
Auch heute werden wieder etwa 10.000 Einreisende in München erwartet, nachdem am Wochenende etwa 20.000 Personen in Deutschland aufgenommen wurden. Der Zustrom hält also offenbar an, obwohl die Bundeskanzlerin erklärte, dass die Dublin-Vereinbarungen unverändert gelten. Demnach müsste Ungarn die in die EU einreisenden Flüchtlinge registrieren und in eigene Aufnahmeeinrichtungen bringen. Doch wie die letzten Tage immer wieder gezeigt haben, scheitert dies schon an dem Unwillen der Flüchtigen, diese von der EU gesetzten Regeln zu respektieren, auch wenn Angela Merkel dies wirklich wünschen sollte. Der unbedingte Wille, nach Deutschland zu gehen, hat sich als stärker erwiesen.
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Leserbriefe
Nüchternheit und Sachlichkeit statt Euphorie
Die Länder des Nahen und Mittleren Ostens befinden sich in Auflösung. Die Folgen werden uns aufgebürdet. Dringend notwendig sind deshalb Nüchternheit und Sachlichkeit und keine Polemik weder in die eine oder andere Richtung.
Durch die ständige Berichterstattung wird durch das “Herzlich willkommen” und die ständigen Berichte über die Versorgung der Flüchtlinge, denen es an nichts fehlen soll und wie man sich um diese bemüht, der Eindruck erweckt, dass Deutschland über grenzenlose Ressourcen verfügt und nur darauf wartet, endlich alle Mühseligen und Beladenen der Welt aufnehmen zu dürfen. Davon geht eine weltweite Sogwirkung aus, die Scharen von Trittbrettfahrern aller Art anlockt. Besonders wenn dann noch betont wird, dass wir ein reiches Land sind, das sich das ohne weiteres leisten kann.
Sollte es sich hier um eine neue Form deutschen Größenwahns handeln? Der jährliche Armutsbericht der Bundesregierung und die Staatsverschuldung in Billionenhöhe sagen eigentlich etwas anderes aus. In Sachen der Flüchtlings- und Asylantenunterbringung wurde auf logistischer Ebene bislang Großartiges geleistet. Aber es wäre besser mehr im Stillen als lauthals zu wirken. Und noch etwas sollte das Helfersyndrom und die Willkommenseuphorie dämpfen: Warum nehmen die superreichen Golfstaaten keine Flüchtlinge auf? Angeblich gefährden diese die innere Stabilität dieser Staaten. Trifft das für uns demnach nicht zu?
Es ist ein erklärtes Ziel, Europa für den Islam zu erobern. Seitens des IS wurde bereits verkündet, dass im Jahr 2016 der Krieg gegen Europa beginnt. Die Frage "Flüchtlinge oder Invasoren?" ist zwar nicht opportun, darf aber nicht ausgeklammert werden. Wir tun gut daran, wenn wir uns warm anziehen, auf krisenhafte Entwicklungen einstellen und uns als Teil der Nahostkonflikte verstehen. Inwieweit die Gefahren erkannt werden und man zur Verteidigung unserer Werteordnung bereit und in der Lage ist, darf angesichts der Naivität und Blauäugigkeit gegenüber dem Islam bezweifelt werden. Wenn es zum Erwachen kommt, dürfte es zu spät sein.
Ob das auf die Dauer gut geht?
Frau Käßmann sagte: "Wenn wir hier ein paar aufnehmen ..."
Was sind in den Augen von dieser Frau "ein paar". Ich hoffe, sie nimmt auch Flüchtlinge bei sich auf, da sie mit Sicherheit genug Platz hat. Herr Gabriel natürlich auch, und unser BP in seinem großen Schloss.
Ich komme aus den neuen Bundesländern. Dort hat unser damaliger Herzog im Krieg viele Flüchtlinge aus dem Osten, die dann schon kamen, in seinem Schloss aufgenommen. Und er hatte selbst sechs Kinder. Unsere Regierenden verlangen nur, geben selbst aber nichts. Das gilt leider auch für die Kirchenführer.
Für Bedürftige, die schon immer hier wohnen, gibt es nichts. Anträge abgewiesen, weil kein Geld da ist. Ob das nun auf die Dauer gut geht? Jan Fleischhauer ist wohl einer der wenigen Journalisten, die nicht nur jubeln, sondern noch denken.
Willkommen im geistigen Niemandsland
Verehrte Frau Merkel, verehrte Frau Käßmann,
als Christen sind wir berufen und befähigt, die Gute Nachricht unter die Leute zu bringen. Viele der Flüchtlinge sind vom Islam zu tiefst verunsichert und würde gerne mehr vom Evangelium des Herrn Jesus Christus erfahren. Es heisst doch von ihm, er sei der Wunderrat, Ewigvater, Gottheld und der Friedefürst. Schaut man sich im Überflussland um, dann scheint sich dies in der europäischen und amerikanischen Geschichte bestätigt zu haben.
Werden Sie, Frau Käßmann, den Suchenden und Fragenden eine Antwort geben? Vermutlich sind Sie nicht in der Lage den Dürstenden und Hungernden (Luther) geistige Speise zu geben. Denn Ihre Kirche ist, was dies betrifft, genau so wüst, wie die zerbombten Moscheen des Orients. Und so sind es die Salafisten, die jenen Raum ausfüllen, den die Kirchen ihnen hier überlassen. Wie schon in den Nachrichten gehört.