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Der Deutsche Katholikentag in Osnabrück: Die Kirche ist lebendig


Der Deutsche Katholikentag in Osnabrück: Die Kirche ist lebendig

(MEDRUM) "Die jungen Leute sind nicht müde, sondern mündig", sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Erzbischof Robert Zollitsch, zum Ende des Katholikentages in Osnabrück. Er habe besonders die vielen jungen Leute genossen. So sei für ihn Lebendigkeit der Kirche erfahrbar geworden.

40.000 Menschen zählte der Veranstalter des Katholikentages als Gäste und Besucher. Kirchen und Veranstaltungsräume waren vielfach überfüllt. Das sei ein gutes Zeichen, meinte der Erzbischof und hofft, dass der Katholikentag auch über den Tag hinaus für viele ansteckend wirken wird. Zu strittigen Reformfragen wie z.B. zum Zölibat meinte er, Reformen brauchten Zeit. Es komme bei Reformen darauf an, möglichst viele mitzunehmen und sie nicht liegenzulassen. Die positiven Eindrücke und die vielen Ermutigungen zu sehen, das ist für ihn aber wichtiger als den Blick nur auf die Sorgen zu lenken. Er brachte es treffend auf den Punkt: "Nicht ständig auf die Risiken und Nebenwirkungen schauen, sondern die Herausforderungen der Zukunft in Angriff nehmen".


Zentrale Wegmarke zum ökumenischen Kirchentag

Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Hans-Joachim Meyer, sieht im Osnabrücker Katholikentag eine zentrale Wegmarke auf dem Weg zum ökumenischen Kirchentag 2010 in München. Er hielt fest, dass das Katholikentreffen „kein Kuschelkatholikentag" gewesen sei, sondern auch die strittigen Aspekte vom Zölibat über Frauenpriestertum und sexuellen Missbrauch thematisiert worden seien. Als ein herausragendes Ereignis bezeichnete er die jüdisch-christliche Gemeinschaftsfeier mit der symbolischen Umarmungsgeste von Erzbischof Zollitsch und Rabbiner Henry G. Brandt. Die übergreifende Bedeutung des Katholikentages sei auch durch die Präsenz von Vertretern der orthodoxen Kirche und des Islams sowie zahlreicher hochrangiger Vertreter der evangelischen Kirche unterstrichen worden. Darin sah Meyer ein wichtiges Zeichen für die Ökumene, auch wenn der Ratspräsident der evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, seine Teilnahme aufgrund eines wichtigen Termins absagen musste. Dies sei nicht als negatives Signal zu werten. Man habe ihn gerne als Gast sehen wollen.

Kardinal Karl Lehman bedauerte die Divergenz zwischen katholischer und evangelischer Kirche in bioethischen Fragen, wie sie in der Debatte über die Stammzellforschung deutlich geworden sei. Er tritt weiter für die Ökumene auch in diesen Fragen ein und verwies darauf, dass der Dialog zwischen der Deutschen Bischofskonferenz und der Ev. Kirche Deutschlands (EKD) schon in dieser Woche weiterginge. Im Sinne der Ökumene bot er der EKD auch an, beim Lutherjahr 2017, "500 Jahre Reformation", zu unterstützen. Dass er mehr Gemeinsamkeiten als Trennendes zwischen den Christen beider Kirchen gebe, machte besonders auch der deutsche "Ökumenebischof" Gerhard Ludwig Müller (Regensburg) deutlich, der dem Gerede von einer "Eiszeit" entschieden widersprach.

Moral, Tugenden und Verantwortung

Die herausragende Bedeutung der Veranstaltung wurde auch durch den Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel und des Vorsitzenden der SPD, Kurt Beck, sowie vor allem durch die Teilnahme des Bundespräsidenten Horst Köhler zur Diskussion des Themas "Zukunft der liberalen Demokratie" unterstrichen. Das Staatsoberhaupt bekräftigte dabei seine Kritik, die er erst vor wenigen Tagen am Geschehen auf den Weltfinanzmärkten geäußert hatte. Der Bundespräsident sprach sich erneut für eine stärkere Rolle des Staates und staatliche Regelungen aus. (-> MEDRUM-Artikel v.15.05.08). Auf dem Katholikentag fügte er hinzu: Die Regeln müsste jedoch auch von Moral, Tugend und Verantwortlichkeit getragen werden. Damit stellte er auch einen Bezug zum christlichen Glauben und seinen Werten für das Handeln in Staat und Gesellschaft her. Es sei bedeutend, dass Demokratie an Werten und Tugenden festgemacht werde, sagte der Bundespräsident. Dazu hätten auch die Kirchen viel beigetragen. Horst Köhler hatte sich sichtlich wohlgefühlt auf dem Katholikentag, sicherlich nicht nur, weil er für seine erneute Kandidatur für das Amt des Bundespräsidenten viel Beifall erhielt (MEDRUM-Bericht vom 22.05.08). Zu seinem persönlichen Eindruck vom Katholikentag befragt, sagte er: "Gute Themen, die Menschen sind motiviert und guter Stimmung, ein guter Tag".


Jugend auf dem Katholikentag

Nicht nur Erzbischof Zollitsch war von der Jugend angetan. Auch der gastgebende Bischof von Osnabrück, Franz-Josef Bode, war vom Zuspruch der Jugend und ihrem christliches Engagement beeindruckt. Bischof Bode sah im Jugendkonzert „Osnabrück rockt für 1 Welt" einen besonderen Höhepunkt. Es ginge ein großes Signal der Solidarität hinaus in die Welt, wenn Jugendliche in einem solchen Umfeld ihr Engagement bei caritativen Freiwilligendiensten vorstellen könnten.

Erzbischof Robert Zollitsch betonte, dass besonders die jungen Leute sachlich und kreativ Fragen stellen. Für ihn ist erkennbar geworden, dass Christen in der Gesellschaft, auf dem Fundament der christlichen Botschaft, mitgestalten wollten und nicht das Weite suchen, sondern in die Weite gehen. Er ist überzeugt, dass der Katholikentag seinem Leitwort "Du führst uns hinaus ins Weite" gerecht wurde. Das war für ihn an der Ressonanz und gerade auch am christlichen Engagement der jungen Menschen sichtbar geworden.

Friedliches und lebendiges Zeugnis

Diese Eindrücke der "Offiziellen" scheinen nicht zu trügen. Zwar werden in manchen Medien besonders die strittigen Reformfragen beleuchtet (WeltOnline "Kontroversen bis zum Schluss), aber viele Teilnehmer und Beobachter haben den Katholikentag insgesamt positiv erlebt und gewürdigt. Die Vielfalt der Themen und Veranstaltungen, das Interesse und Engagement von Besuchern und Gästen, und nicht zuletzt auch die Friedlichkeit waren es, die diesem Katholikentag in einer gastfreundlichen Stadt Osnabrück einen besonders positiven Stempel aufgedrückt haben. Eine evangelische Christin, die auch das Christival in Bremen positiv miterlebte, schildert ihren Eindruck so: "Es ist ermutigend zu sehen, dass so viele Menschen mit Gott auf dem Weg sind, dass sie aus seiner Kraft Mut bekommen, auch heiße Eisen anzupacken, für Schwache einzustehen, aktiv in der Gesellschaft zu handeln und sich einzusetzen. Das war auf dem Katholikentag überall zu erkennen."

Die Lebendigkeit der Kirche war es, was Veranstalter wie Teilnehmer eindrucksvoll und ermutigend erlebt haben. Für den Mut zum Bekenntnis, die Fähigkeit zum kritischen Dialog, den Willen zur Solidarität und die Entschiedenheit, ein Glaubenszeugnis durch das Leben abzulegen, legte dieser Katholikentag ein friedliches und sehr lebendiges Zeugnis von Christentum und Kirche ab.