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Das neue Dogma der Familienpolitik

04.06.08


Das neue Dogma der Familienpolitik: Betreuung und Förderung nur außerhalb der Familie

Diskriminierung statt Gleichbehandlung

Kurt J. Heinz

(MEDRUM) Eltern, die versuchen, ihre Kinder in den ersten Lebensjahren hauptsächlich in der Familie aufwachsen zu lassen, haben es schwer, Gehör und Unterstützung zu finden. Das wird aus den Erfahrungen, die Maria Steuer vom Familiennetzwerk macht, überdeutlich. Die Plenardebatte im Deutschen Bundestag am 29. Mai hat die Schieflastigkeit der familienpolitischen Entwicklung offengelegt.

Die Vorstellungen der Familienpolitiker konzentrieren sich weitgehend darauf, die Betreuung von Kindern bereits in der frühkindlichen Entwicklungsphase in außerfamiliären Einrichtungen zu gewährleisten. Die Förderung und Unterstützung von Kindern, die in den ersten Lebensjahren in der Familie aufwachsen, wird demgegenüber stiefmütterlich behandelt, obwohl renommierte Experten immer wieder auf die Wichtigkeit der familiären Bindung von Kindern in der Frühphase ihrer Entwicklung hinweisen.

Selbst das Betreuungsgeld, das es Eltern erleichtern soll, sich in der Frühphase selbst um ihre Kinder zu kümmern, wird von großen Teilen der deutschen Parlamentarier abgelehnt. Die einen behaupten, das Betreuungsgeld werde zweckentfremdet, und andere stellen es in Frage, weil die Betreuung bereits durch das Ehegattensplitting gefördert werde. Grundsätzliche Einigkeit besteht hingegen darüber, dass das Kinderförderungsgesetz den großangelegten Ausbau der Kinderbetreuung in außerfamiliären Einrichtungen gewährleisten soll.

Aus der Debatte wurde erneut deutlich, dass man dies für eine ökonomische Notwendigkeit hält. Genannt werden die Steigerung der Frauenerwerbsquote, Erhöhung der Erwerbstätigkeit von Alleinerziehenden, Erhöhung der Erwerbstätigkeit zur Milderung der Kinderarmut, Behebung des Fachkräftemangels und auch die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union.

Es liegt auf der Hand, dass diese Ziele nur erreicht werden können, wenn die Betreuung kleiner Kinder künftig in großem Maßstab in außerfamiliären Einrichtungen und Betreuungsstellen gewährleistet werden kann. Es wurde sogar vom Aufziehen der Kinder als einer öffentlichen Aufgabe gesprochen. Gerade diese Formulierung zeigt zutreffend, das die Maßnahmen der Familienpolitik zu einer Situation führen werden, in der Kinder überwiegend außerhalb der Familie betreut und erzogen werden. Der Ort, an dem sie aufwachsen, wird zu einem großen Teil in Kinderkrippen, bei Tagespflegestellen, Betriebskindergärten, Tagesmüttern oder Tagesvätern sein. Damit wird auch die frühkindliche Erziehung de facto tatsächlich zu einer Aufgabe, die zu maßgeblichen Teilen nicht mehr unmittelbar von den Eltern geleistet wird. Erziehung der Kinder, die nach dem Grundgesetz in der Verantwortung der Eltern liegt, wird damit quasi zu einer öffentlichen oder auch gesellschaftlichen Aufgabe.

Die gegenwärtig verfolgten Konzepte in der Familienpolitik unterstützen genau diesen Prozess einer Vergesellschaftung der Kindererziehung. Konzepte, Ziele und Maßnahmen der Familienpolitik beruhen auf einem Standardmodell, nach dem die Elternteile grundsätzlich einer Erwerbstätigkeit nachgehen und ihre erzieherische Aufgabe für die Dauer ihrer Erwerbstätigkeit an Betreuungs- und Pflegestellen abgeben. Durch eine einseitige Förderung der außerfamiliären Kinderbetreuung wird dieses Standardmodell zur Norm. Die Betreuung und Erziehung der Kinder innerhalb der Familie bekommt zwangsläufig den Status eines Ausnahmefalls, der weder gleichrangig behandelt noch gleichwertig unterstützt wird.

Somit fehlt es Familien, die die Förderung und Erziehung ihrer Kinder noch als ihre vorrangige, ureigene Aufgabe verstehen und diese Rolle auch wahrnehmen wollen, an der notwendigen Unterstützung. Die gegenwärtige Politik bietet ihnen zur außerfamiliären Kinderbetreuung keine Alternative. Es fehlt sowohl ein finanzieller Ausgleich für den Verzicht auf Erwerbstätigkeit wie eine Unterstützung, die Eltern bei der Betreuung und Erziehung von Kindern in der Familie begleitet. Dafür ist weder in den Köpfen noch in der Kasse ausreichend Platz. Betreuung und Förderung von Kindern kann demnach künftig nur noch außerhalb der Familie stattfinden. "Betreuung und Förderung nur außerhalb der Familie", scheint das neue Dogma der Familienpolitik sein. Der Redebeitrag der Parlamentarierin Ekin Deligöz (BÜNDNIS90/Die Grünen macht dies deutlich: „Das Betreuungsgeld hält Frauen von der Erwerbstätigkeit ab, und es hält Kinder von der Kinderförderung fern." Er spiegelt ein Verständnis von Familie und eine Normierung der Entwicklung von Familie und Gesellschaft wieder, aus denen keine faire Gleichbehandlung sondern eine Diskriminierung von Eltern und Familien spricht.


04.06.08 Aus der Plenardebatte des Deutschen Bundestages zum Kinderförderungsgesetz MEDRUM

Entsetzen und Buhrufe für Familienpolitik -> MEDRUM-Artikel 


Erhaltet die Familien -> Gedicht


Weitere Information über die Familie

-> www.Familie-ist-Zukunft.de

-> www.familientrends.de

 

Leserbriefe

Mütter sind für ihre Kinder da

Auch wenn die Politiker das nicht zu sehen scheinen und
missachten mögen: Viele Eltern setzen sich mit sehr großem persönlichen Einsatz
für ihre Kinder ein!

Eltern übernehmen die volle Verantwortung für die Erziehung
ihrer Kinder - und in den meisten, oder in vielen Fällen gelingt das auch. Ich
beobachte das in meinem Umfeld überall; und freue mich darüber.

Bisher ist es einfach selbstverständlich, dass Kinder mit
etwa 3 Jahren in den Kindergarten oder etwas früher in eine Spielgruppe kommen
- und das ist auch gut so.

In dem Alter sind die Kinder so weit, dass man den Eindruck
hat, sie sind zu der zeitweiligen Trennung von zu Hause, von der Mutter reif,
es tut ihnen gut, unter anderen Kindern zu sein - und es ist auch für die
Mutter gut, das Kind zeitweise abgeben zu können.

Jüngere Kinder sind gesundheitlich oft noch instabil und
anfällig (ich habe ein Nachbarskind mit einem Jahr, dass gerade einen Infekt
nach dem anderen durchmacht, was die Eltern sehr schlaucht; die Mutter sagt,
sie wisse nicht, wie sie daneben arbeiten gehen sollte...), die Kleinen
brauchen eine ruhige Atmosphäre und viel individuelle Zuwendung.

Einer Mutter tut es übrigens auch gut, ganz für ihr/e Kind/er
da sein zu können - neben aller
Anstrengung, die die Verantwortung für so ein (oder mehrere) kleine/s Wesen mit
sich bringt.

Es ist ein herrliches Bild, einer Mutter oder Oma mit einem 1-3-jährigen Kind in der Stadt zu
begegnen - das Kind guckt da und probiert dort - es hat total andere zeitliche
Dimensionen als Erwachsene. Und es ist wunderschön und wichtig, dass Kinder auf
ihre Art die Welt entdecken und in sie hineinwachsen können. Für Eltern ist es
ein Geschenk, das begleiten zu können - es hinterfragt die eigene
Geschäftigkeit gewaltig.

Lassen wir unseren Kindern, wo es irgend möglich ist, diese
Zeit der Kindheit!

Und gönnen wir uns Eltern dieses Erleben! Es gibt noch viele
Jahre hinterher, in denen wir außer Haus arbeiten können.

Elternzeit gibt wiederum Berufsanfängern die Möglichkeit zum
Einstieg.

Wo mithilfe von gewaltigen Steuermitteln
"durchgängige" Berufskarrieren produziert und forciert werden, ist
dafür kein Platz mehr. Die Mütter, die bewusst ausgestiegen sind, haben es
schwerer, später wieder in ihren Beruf zurückzukommen (vielleicht finden sie
andere Betätigungsfelder, auf die sie durch die Familienarbeit gestoßen sind -
das ist auch eine Chance!), vor allem aber wird es bei so vielen staatlich
geförderten Doppeltverdienern zunehmend für schlechter Qualifizierte (und auch
die Hauptverdiener einer Familie!) schwierig, überhaupt eine Arbeit zu finden.

Die Arbeitsfelder, die sich dann neu auftun, sind die
Versorgung der Kinder und des Haushalts der nun zusätzlich arbeitenden
Eltern.... .

Meine Kinder sind bald 7 und 9 Jahre alt und ich erlebe,
dass sie zunehmend unabhängiger werden.

Jetzt schaue ich mich nach beruflicher Betätigung um -
bisher habe ich mich ehrenamtlich in der Seniorenarbeit eingebracht. Das geht
natürlich nur, weil der Vater der Kinder dieses Lebensmodell unterstützt .

Eine zusätzliche Unterstützung durch „Papa Staat“ wäre vor
allem bei Familien mit vielen Kindern angebracht, da bei den
Lebenshaltungskosten ein Verdienst kaum ausreichen kann und die Mutter mit
hauswirtschaftlichen und erzieherischen Tätigkeiten doch sehr stark gefordert
ist. Eine Berufstätigkeit daneben ist kaum zumutbar und machbar.

Ich habe das Gefühl, ich werde meinen Kindern gerecht und
nach und nach gelingt es mir auch, wieder etwas Geld zu verdienen. Meine
späteren Rentenansprüche leiden natürlich unter dieser Lebensführung. Aber ich
will es nicht anders tun. Ich kann und will mich nicht zerfetzen (lassen)
zwischen den Anforderungen - und keiner davon wird frau letztendlich gerecht.

Die Kinder haben momentan Priorität - sie sind nur einmal
klein und brauchen ihre Chance...!

 

Almut Rosebrock

Rheinblick 1

53343 Wachtberg

www.initiative-schulkinderbetreuung.de