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Claudia Roth: Betreuungsgeld so falsch und so wenig verfassungskonform, dass ...


06.11.12

Claudia Roth: Betreuungsgeld so falsch und so wenig verfassungskonform, dass ...

Parteivorsitzende der Grünen will das Betreuungsgeld durch den Gang zum Bundesverfassungsgericht zu Fall bringen

(MEDRUM) Die Parteivorsitzende der Grünen, Claudia Roth, will ihren Kampf gegen das Betreuungsgeld vor dem Bundesverfassungsgericht fortsetzen. Dies hat sie am Montag in der Tagesschau erklärt.

Nach der Einigung im Koalitionsausschuss der Regierungsparteien CDU/CSU und FDP über die Einführung eines Betreuungsgeldes sagte die Vorsitzende der Partei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Claudia Roth, in einem Beitrag in der Tagessschau am 5.11.12: "Ich halte das Betreuungsgeld für so falsch und so wenig verfassungskonform, dass ich empfehlen werde, dass auch wir vor das Bundesverfassungsgericht gehen."

ImageRoth will damit ihren Kampf gegen das Betreuungsgeld fortsetzen, für den sie auch Teile der CDU gewinnen wollte, wie ein Plakat auf ihrer Internetseite dokumentiert: "Gemeinsam gegen das Betreuungsgeld. Unterstütze Frauen und Männer in der CDU". Das Plakat zeigt auch eine Abbildung der Justitia. Wer das Plakat auf Roths Internetseite anklickt, erhält eine Fehlermeldung. Sie lautet: "Oops, an error ocurred." Übersetzt: "Ups, ein Fehler trat auf" ( http://meinekampagne.gruene.de/404.html )

Zum Betreuungsgeld äußerte sich Claudia Roth schon 2007 ablehnend: "Mit dem Betreuungsgeld verabschiedet sich die CDU vom Versuch einer Modernisierungsstrategie in der Familienpolitik. Sie fällt zurück in die muffige Zeit des Patriarchen Kohl. Das Betreuungsgeld ist eine Herdprämie für daheim bleibende Frauen.“ Roth hatte im Mai 2012 als Mitunterzeichnerin dazu aufgerufen, eine Petition gegen das Betreuungsgeld zu unterstützen.

Zum Thema Familie sagt Roth auf ihrer Internetseite unter der Rubrik "Soziales, Gesundheit, Kinder und Familie": "Wir Bündnisgrünen setzen uns für die gesellschaftliche Teilhabe aller Menschen ein: Vorrangiges Ziel unserer Politik ist es, Armut und soziale Ausgrenzung zu vermeiden und die soziale Lage der am schlechtesten Gestellten zu verbessern. Dafür braucht es eine verlässliche und eigenständige soziale Sicherung, eine umfassende Daseinsvorsorge und ein Gesundheitssystem für alle."

Nicht nur Claudia Roth, sondern auch die SPD hat Verfassungsklage angekündigt. Andrea Nahles hatte dies damit begründet, dass der Staat in die Wahlfreiheit der Familien eingreife, weil er Kinder durch ein Betreuungsgeld von der Krippe fernhalte. Der Verband für Familienarbeit e.V. sieht darin eine "verquere Logik". Würde ihr gefolgt, dann wäre die staatliche Krippenförderung mit 1000 € pro Monat und Kind, also mit dem im Vergleich zum Betreuungsgeld etwa siebenfachen Betrag, weit mehr verfassungswidrig. Denn damit subventiere der Staat die Abgabe eines Kindes in der Krippe einseitig finanziell und verletze somit die für ihn gebotene Neutralität". Dadurch würde er die Freiheitsrechte der Eltern missachten, so der Familienverband.

Das Betreuungsgeld soll nach Verlautbarung aus den Reihen der Regierungsparteien noch in dieser Woche vom Bundestag beschlossen und zum August 2013 eingeführt werden. Beabsichtigt ist: Ein Jahr lang sollen 100 Euro pro Monat, ab 1. August 2014 150 Euro gezahlt werden. Das Geld ist für Eltern gedacht, die ihre Kleinkinder nicht in eine staatlich geförderte Kinderbetreuung geben. Eltern, die das Geld in einen Riester-Rentenvertrag für die Mutter oder einen Bildungssparvertrag für das Kind einzahlen, sollen dafür monatlich 15 Euro Zuschuss bekommen.

Bei der Anhörung von Experten im Familienausschuss des Deutschen Bundestages hatten die von der SPD und den Grünen geladenen Rechtswissenschaftler Joachim Wieland aus Speyer und Ute Sacksofsky aus Frankfurt/Main die Zahlung eines Betreuungsgeldes als verfassungswidrig bezeichnet. Wieland erklärte, man könne Bürgern nicht für die Nicht-Inanspruchnahme einer staatlichen Leistung eine Geldprämie zahlen.

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Claudia Roth ist Mitglied des Deutschen Bundestages und Bundesvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Aus ihrer Biographie und politischen Tätigkeit ist nicht zu erkennen, welches inhaltliche Gewicht ihren verfassungsjuristischen und familienpolitischen Aussagen zum Streitthema Betreuungsgeld beigemessen werden kann. Vor ihrer parteipolitischen Karriere bei den Grünen, begann Claudia Roth Mitte der 70er Jahre ein Studium der Theaterwissenschaften, das sie nach zwei Semestern abbrach. Danach war sie nach eigenen Angaben zunächst als Dramaturgin und später als Managerin der Band "Ton, Steine, Scherben" (bekannt geworden unter anderem durch den Titel "Macht kaputt, was euch kaputt macht", 1970) tätig, bis sich die Band wegen hoher Schulden 1985 auflöste. Im selben Jahr trat Roth in die Partei der Grünen ein und begann dort ihre Parteikarriere mit der Übernahme der Aufgabe einer Pressesprecherin. 1989 konnte sie über die Liste der Grünen für die Wahl des Europaparlamentes ein Abgeordnetenmandat in Brüssel übernehmen. Besonderen Einfluss nahm sie dort 1994 als Berichterstatterin mit dem Bericht "über die Gleichberechtigung von Schwulen und Lesben in der EG". Dieser Bericht bildet, so Claudia Roth, "bis heute die Grundlage für die Politik zur Gleichberechtigung von Lesben und Schwulen in der Europäischen Union". 1998 konnte Roth über die Landesliste der bayerischen Grünen in den Bundestag einziehen und wurde 2001 erstmals zur Parteivorsitzenden der Grünen gewählt. Sie gehört zum Kreis der Kandidatinnen und Kandidaten, die sich für das Spitzen-Duo der Grünen in Hinblick auf die Bundestagswahl 2013 beworben haben. Die Türkei betrachtet sie, wie sie selbst sagte, als ihre zweite Heimat.


07.11.12 "Karlsruhe wird das Betreuungsgeld kippen" WELT

Leserbriefe

Mit dieser Sichtweise zeigt Frau Roth jedoch, wie sehr sie die Freiheitsrechte der Eltern, selber über die Art der Kindererziehung zu entscheiden, so wie es das Grundgesetz hergibt, missachtet. Die Voraussetzungen für seelische und körperliche Gesundheit wird den Eltern abgesprochen bzw. als "muffige rückständige Betreuung" verunglimpft. Roths Äußerungen dienen lediglich der Wirtschaftslobby, aber nicht dem Kindeswohl. Die "preiswerte" Verfügbarkeit möglichst aller Eltern, und vor allem der Frauen auf dem Erwerbsarbeitsmarkt, soll die wahren ideologischen Motive vertuschen, nämlich die Legende, Kinderkrippen hätten eine besonders günstige Auswirkung auf die kindliche Entwicklung. Hier betreiben die Parteien, und hier sind DIE GRÜNEN Vorreiter, eine unverantwortliche Familienzerstörung, indem Kinder als Störfaktor in Betreuungseinrichtungen entsorgt werden. An dieser politischen Entwicklung hätte Margot Honecker ihre wahre Freude. Die am Kind orientierte Forschung zeigt dagegen, dass die "Bindung zu Bezugspersonen" für Kleinstkinder (unter 3 Jahren) erst "Bildung im schulischen Sinne" möglich macht. Hier sind Kindergärten ab 3 Jahren der richtige Weg, um auf die Schule vorzubereiten.