21.12.10
Bundestag: „Religionsfreiheit weltweit schützen"
Mehrheit des Bundestages stimmt dem Antrag der Regierungsfraktionen zum Schutz der Religionsfreiheit zu
(MEDRUM) In den vergangenen Monaten hat sich die Lage der Christen im Irak weiter zugespitzt. In Europa bleibt die Verwirklichung der Religionsfreiheit in der Türkei unbefriedigend. Vor diesem Hintergrund hat der Deutsche Bundestag am Freitag, dem 17. Dezember 2010, dem Antrag der Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und FDP „Religionsfreiheit weltweit schützen" nach abschließender Debatte zugestimmt.
Auf Einladung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion nahmen an der Debatte bedeutende geistliche Würdenträger - auch aus den betroffenen Staaten - verfolgen. An der Spitze der Gästeliste steht der Bischof der Chaldäisch-Katholische Kirche in Bagdad, Shlemon Warduni, dessen Kirche besonders bedrängt wird. Aus der Türkei wird der Patriarchalvikar der dortigen Chaldäisch-Katholischen Kirche, François Yakan, erwartet. Die Kirchen in Deutschland werden unter anderem durch den Bischof von Trier und Vorsitzenden der Deutschen Kommission "Justitia et Pax", Stephan Ackermann, und den Bevollmächtigten des Rats der EKD, Prälat Bernhard Felmberg, vertreten sein. Wolfgang Baake hat als Beauftragter der Deutschen Evangelischen Allianz am Sitz des Deutschen Bundestages und der Bundesregierung ebenfalls sein Kommen angekündigt. Ferner werden Vertreter von Hilfsorganisationen, die sich für verfolgte Christen einsetzen, die Debatte verfolgen. Von Seiten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sprach insbesondere der Fraktionsvorsitzende Volker Kauder (→ Es kann nicht bei Worten bleiben).
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion erklärte zuvor zur Situation von Christen in der Welt:
Die christlich-liberale Koalition sieht den Einsatz für Religionsfreiheit als festen Bestandteil ihrer wertegeleiteten Außenpolitik an. Religionsfreiheit zählt zum völkerrechtlich vereinbarten Katalog der elementaren Menschenrechte. Heute ist die Religionsfreiheit in 64 Ländern der Erde, in denen zusammen fast 70 Prozent der Weltbevölkerung leben, sehr stark eingeschränkt oder gar nicht existent. Aufgrund der Verbreitung des Christentums in der nichtwestlichen Welt, leben heute 200 Millionen Christen in Ländern ohne Religionsfreiheit. Sie sind somit die größte verfolgte religiöse Minderheit und häufig betroffen von konkreter Gewalt. Besonders dramatisch ist die Lage derzeit im Irak. Jüngste Ergebnisse wie die blutige Geiselnahme in einer Kirche in Bagdad zeigen, dass Christen im Irak massiver Gewalt religiöser Extremisten ausgesetzt sind.
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion setzt sich für die Christen im Irak ein, die in ihrer Heimat auf eine 2000-jährige Geschichte zurückblicken können. Die Fraktion wirbt dafür, dass Religionsfreiheit weltweit umfassend verwirklicht wird. Mit dem Antrag der Koalitionsfraktionen "Religionsfreiheit weltweit schützen" wird der Fokus auf drei Bereiche gelegt, die im Kampf für umfassende Religionsfreiheit zentral sind:
- Zur Religionsfreiheit gehört das Recht, seinen Glauben öffentlich zu bekennen. Insbesondere in zahlreichen muslimischen Staaten werden dieses Recht und die Möglichkeit, für die eigenen Glaubensüberzeugungen zu werben, stark eingeschränkt. Dies gilt beispielsweise für die Türkei.
- Zur Religionsfreiheit gehört das Recht, den eigenen Glauben zu wechseln, oder auch gar keine Religion zu haben. Zahlreiche Staaten insbesondere mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit bestreiten dieses Recht. Der Abfall vom Islam (Apostasie) wird in vielen dieser Staaten strafrechtlich verfolgt. Dies gilt beispielsweise für den Iran.
- Eng verbunden mit der Religionsfreiheit ist die Meinungsfreiheit.
Der Antrag der CDU/CSU- und FDP-Bundestagsfraktion kritisiert islamische Staaten, die mit der Begründung, den Islam vor Diffamierung zu schützen, die Meinungsfreiheit massiv einschränken. Gegen diese und andere Fälle haben die Abgeordneten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion wiederholt protestiert und haben durch Reisen ihre Solidarität mit den verfolgten Christen zum Ausdruck gebracht.
Mit dem Antrag fordern die Parlamentarier nun die volle Verwirklichung des universellen Rechts auf freie Religionsausübung. In ihrem Antrag sind elf Forderungen formuliert. Wörtlich heißt es:
Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
1. sich auf bi- und multilateraler Ebene weiterhin mit Nachdruck für Gewissens- und Religionsfreiheit einzusetzen und dabei insbesondere den Be- schluss des Deutschen Bundestages (Drucksache 16/3608) zu berücksichtigen;
2. dabei weiterhin darauf hinzuwirken, dass Staaten, die bislang noch nicht Partei des Internationalen Paktes für bürgerliche und politische Rechte sind, möglichst bald den Pakt zeichnen und ratifizieren;
3. auf bi- und multilateraler Ebene weiterhin dafür zu werben, dass sowohl durch die Rechtslage als auch die Rechtspraxis das Recht auf ungehinderten Glaubenswechsel gewährleistet wird;
4. sich auf bi- und multilateraler Ebene weiterhin mit Nachdruck dafür ein- zusetzen, dass sowohl durch die Rechtslage als auch die Rechtspraxis das Recht auf öffentliches Bekennen und Werben für die eigene Religion gewährleistet wird;
5. ihre Anstrengungen für eine kohärente Außen- und Entwicklungspolitik zu verstärken, die das Ziel unterstützt, weltweit Glaubensfreiheit, die über die formale Anerkennung der Menschenrechte hinausgeht, durchzusetzen;
6. sich auf bi- und multilateraler Ebene weiterhin verstärkt gegen den Versuch zu wenden, unter dem Schlagwort „Diffamierung von Religion" die völker- rechtlich verankerte Religions- und Meinungsfreiheit außer Kraft zu setzen;7. regelmäßig - auch durch den Beauftragten der Bundesregierung für Menschenrechte - zur Lage der Religionsfreiheit Stellung zu nehmen und die Botschaften weiterhin darin zu bestärken, zur Informationsgewinnung vor Ort den Kontakt zu Religionsgemeinschaften, den jeweiligen Minderheiten und zu Menschenrechtsorganisationen zu suchen;8. Regierungen, die Defizite hinsichtlich der Beachtung der Menschenrechte aufweisen, Hilfe beim Ausbau ihres Verwaltungs- und Justizwesens oder bei Reformen auf diesen Gebieten anzubieten;
9. Staaten, die Defizite hinsichtlich der Menschenrechte aufweisen, anzubie- ten, bessere Ausbildungsmöglichkeiten zu schaffen. Diese Hilfe soll gemeinsam mit geeigneten Akteuren der Zivilgesellschaft und den europäischen Partnern geleistet werden, um auch bei künftigen politischen Entscheidungsträgern das Bewusstsein für den Schutz der Menschenrechte und insbesondere der Religionsfreiheit herauszubilden;
10. mit den EU-Partnern als Teil der gemeinsamen Außen- und Sicherheits- politik eine koordinierte Strategie zum Schutz der Religionsfreiheit zu entwickeln;
11. weiterhin umgehend und angemessen, möglichst in Partnerschaft, mit den anderen EU-Staaten auf Berichte über Verletzungen der Religionsfreiheit zu reagieren.
Der Bundestag stimmte diesem Antrag mehrheitlich zu.
MEDRUM → Volker Kauder: Es kann nicht bei Worten bleiben
Anhang | Größe |
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DS 17-082 (Abstimmung Religionsfreiheit).pdf | 156.28 KB |
Nein-Stimmen zu DS 17-2334.pdf | 52.38 KB |
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Leserbriefe
Wer hat wohl dagegen gestimmt?
Es wäre doch auch einmal interessant zu wissen, wer wohl gegen so einen Antrag gestimmt hat. Ich vermute einmal die Kandidaten der Linken.
Linke dagegen
Richtig. Und SPD und Grüne enthielten sich der Stimme.
Richtigstellung
Obiges Statement bezog sich irrigerweise auf die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe (http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/041/1704122.pdf). Im Plenum – danke an die Redaktion für die Korrektur – stimmten die Linke geschlossen und zwei SPD-Leute gegen den Antrag, für ihn stimmten neben CDU/CSU und FDP auch die Grünen und ein SPD-Mann; der große Rest der SPD enthielt sich der Stimme (http://www.bundestag.de/bundestag/plenum/abstimmung/20101217_1.pdf).
Abstimmungsergebnis
Ein Auszug aus dem Plenarprotokoll über die Abstimmung und eine Zusammenstellung über die Nein-Stimmen wurden im Anhang als pdf-Dateien beigefügt.
→ Nein-Stimmen zu DS 17-2334.pdf
Resolution im BT
Würde auch mich interessieren, wer dagegen - also gegen echte Religonsfreiheit - gestimmt hat, um jeder Vermutung/Verdächtigung vorzubeugen.