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Bosbach: Überschuldung mit immer neuen Schulden bekämpfen - das geht nicht gut!


07.07.12

Bosbach: Überschuldung mit immer neuen Schulden bekämpfen - das geht nicht gut!

CDU-Politiker erläutert bei Maybrit Illner, weshalb er die Euro-Rettungspolitik nicht mitverantworten kann

(MEDRUM) Der CDU-Politiker und Vorsitzende des Innenausschusses des Deutschen Bundestages, Wolfgang Bosbach,  gehörte zu den 15 Abgeordneten, die bei der Abstimmung über die Zustimmungsgesetze zum ESM-Vertrag und Fiskalpakt mit Nein zum ESM-Vertrag stimmten. In der Talkrunde von Maybrit Illner am Donnerstagabend, in der er als "Euro-Rebell" bezeichnet wurde, erläuterte er, weshalb er nicht mit Ja stimmte.

MEDRUM dokumentiert, was Bosbach zu einigen Fragen sagte, die ihm Maybrit Illner stellte.

Bosbach zu seiner Linie und Zuverlässigkeit der Politik:

"Frau Illner, es ist ja interessant, wann man heute zum Rebell wird. Früher war ein Rebell jemand, der eine revolutionäre Bewegung anführte. Heute wirst du Rebell, wenn du nur bei dem bleibst, was die eigene Partei und ich selber jahrelang bei der Einführung des Euro gesagt haben. Es gab große Bedenken bei der Einführung des Euro. Wir haben den Menschen gesagt: Es geht nur um eine Währungsunion. Diese Währungsunion wird eine Stabilitätsunion sein. Es gibt keine Haftungsunion, keine Vergemeinschaftung von Schulden, keine Transferunion, und diesen Weg gehe ich auch nicht mit. Dabei bleibe ich. Hier muss die Politik zuverlässig sein: keine Risiken eingehen, die wir nie verantworten können."

Bosbach zu seiner Verantwortung als Abgeordneter:

"Ich habe einen enormen Respekt vor der Arbeit und Leistung von Angela Merkel. Das bedeutet aber im Umkehrschluss nicht, dass wir Parlamentarier uns immer sagen lassen müssen: Es ist alles alternativlos, es gibt keine Alternative, ihr müsst zustimmen. Wir müssen in eigener Verantwortung eine Entscheidung treffen, und die muss jeder für sich individuell wahrnehmen, auch vertreten können gegenüber dem Wähler."

Bosbach zur Euro-Politik und Staatsverschuldung:

"Vor der Einführung des Euro hat es einen flammenden Appell von 150 Volkswirtschaftlern gegeben: Führt den Euro unter diesen Bedingungen nicht ein. Erst die politische Union und dann eine Währungsunion. Ihr verabredet Stabilitätskriterien und wenn es soweit ist, werden sie aus politischen Opportunitätsgründen nicht beachtet und dann wird aus der Währungsunion eine Transferunion.

Stand heute haben die Experten damals doch gar nicht so falsch gelegen in ihrer Diagnose. Und wenn heute gesagt wird: Immer größere Rettungsschirme, immer höhere Haftung, es gibt keine Alternative. Eine Alternative wäre ja vielleicht mal: Zurück zu dem, was man selber einmal als richtig erkannt hat, nämlich strikte Haushaltsdisziplin in allen Ländern. Wir haben 8,2 Billionen Euro Schulden in der Eurozone, 8,2 Billionen! Davon sind 4,1 Billionen entstanden in den ersten 50 Jahren und die zweiten 4,1 Billionen in den letzten 10 Jahren! Ohne den Euro und die niedrigen Zinsen für die südliche Europeriperipherie, haben die Länder nie gekannt, wäre es niemals zu dieser rasanten Ausweitung der Staatsverschuldung gekommen und eine Überschuldung können Sie nicht mit immer neuen Schulden bekämpfen. Das geht nicht gut!"

Bosbach zu den Auswirkungen der Europolitik und zum Haushalten:

"Der Euro ist mehr als eine Währungseinheit. Er ist ein politisches Projekt. Es soll die Einheit Europas gefestigt werden. Im Moment, Herr Schulz (Präsident Europaparlament), hat er mehr Sprengkraft als Bindewirkung. Ich habe nicht das Gefühl, dass wir Deutschen, bei allen Haftungen, die wir übernehmen, jetzt besonders populär werden, in Griechenland und Italien. Die Richtung ist eher eine andere. Es ist auch richtig: Wir sind ein exportstarkes Land. Wir liegen geographisch im Herzen Europas. Wir haben neun Nachbarländer. Kein Land hat in Mitteleuropa mehr Nachbarn als wir.

Richtig ist aber auch, das die Exporte, Herr Keitel (Präsident BDI), in die Nicht-Eurozone stärker gestiegen sind als in die Eurozone. Das liegt an intelligenten Produkten. Exportüberschüsse führen doch nicht zu Haushaltsüberschüssen. Wir haben immer noch eine dramatische Verschuldung von über 2 Billionen. Bei uns hieß früher sparen, bei Bosbachs zuhause, man gibt weniger Geld aus als man einnimmt. Heute ist ja schon ein Sparhaushalt, wenn man weniger Kredite aufnimmt als man eigentlich aufnehmen könnte. Das erinnert mich ein bißchen an die Logik: Mama, ich hab zwei Euro gespart. Ich bin hinterm Bus hergelaufen. Sagt die Mutter: Wärst Du hinter dem Taxi hergelaufen, hättest Du zwanzig Euro gespart."