17.07.10
Bischöfin Jepsen wegen Mißbrauchsvorfällen zurückgetreten
(MEDRUM) Die Hamburger Bischöfin Jepsen trat am Freitag von ihrem Bischofsamt zurück. Sie sieht ihre Glaubwürdigkeit wegen des Vorwurfes, sie habe Hinweise auf Mißbrauchsfälle ignoriert, erschüttert.
Der Bischöfin wird vorgeworfen, sie sei mit Mißbrauchsvorfällen nicht in angemessener Weise umgegangen. Jepsen bestreitet zwar diese Vorwürfe, sieht aber ihre Glaubwürdigkeit erschüttert und hat sich deshalb entschlossen, ihr Bischofsamt niederzulegen.
Jepsen: "Meine Glaubwürdigkeit wird angezweifelt."
Vor mehr als zehn Jahren sollen Jepsen Verdachtshinweise auf Fälle sexuellen Mißbrauchs durch Pastoren in Ahrensburg gegeben worden sein, die sich in den in den 70er und 80er Jahren ereignet haben sollen. Sie sei diesen Hinweisen jedoch nicht nachgegangen, lauten die Vorwürfe gegen die medienbekannte Bischöfin. Sie selbst kann sich an solche Hinweise nicht erinnern, hat aber umfassende Aufklärung zugesagt. Dennoch sieht die Bischöfin ihre Autorität in Zweifel gezogen und erklärte am 16. Juli 2010 den Rücktritt vom Bischofsamt; Jepsen: "Fein und lieblich ist augenblicklich fast gar nichts in meinem bischöflichen Amt. Meine Glaubwürdigkeit wird angezweifelt. Von daher sehe ich mich nicht in der Lage, die frohe Botschaft so weiterzusagen, wie ich es bei meiner Ordination und bei meiner Bischofseinführung vor Gott und der Gemeinde versprochen habe."
Präses Schneider lobt Jepsens neue Sicht auf Menschen mit homosexueller Prägung
Der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Nikolaus Schneider, bedauerte den Rücktritt und würdigte ihre Verdienste, insbesondere für ihre Mitarbeit im Rat der EKD von 1997 bis 2003 sowie in der Synode der EKD. Schneider erinnerte besonders an Jepsens intensives Engagement für eine neue Sicht auf Menschen mit homosexueller Prägung: „Du hast zwischen 1994 und 1996 die Orientierungshilfe zum Thema 'Homosexualität und Kirche' vorbereitet, die der Rat unter dem Titel 'Mit Spannungen leben' veröffentlicht hat." Es sei nicht zuletzt ihren Impulsen zu verdanken, daß die evangelischen Kirchen in Deutschland nicht von den Spannungen um die ethische Bewertung der Homosexualität zerrissen werden würden, so Schneider. Jepsen war die erste lutherische Bischöfin überhaupt und auch die erste Frau gewesen, die ein Bischofsamt in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) bekleidet hat. Die Wahl einer Frau in das Bischofsamt, so der Ratsvorsitzende weiter, sei eine folgerichtige Konsequenz der ab der Mitte des 20. Jahrhunderts begonnenen und inzwischen von allen Gliedkirchen der EKD vollzogenen Einführung der Frauenordination gewesen.
Ilse Junkermann einzige Bischöfin
Es ist der zweite Rücktritt einer Bischöfin der Evangelischen Kirche in Deutschland in diesem Jahr. Zuvor war die Landesbischöfin und Ratsvorsitzende der EKD, Margot Käßmann, zurückgetreten, nachdem sie bei einer nächtlichen Alkoholfahrt in der Innenstadt Hannovers bei Rot über eine Ampel fuhr und von der Polizei gestoppt worden war. Mit einem Blutalkoholgehalt von 1,54 Promille fuhr sie im Zustand absoluter Fahruntüchtigkeit. Ihre Strafttat erregte bundesweites Aufsehen. Als einzige derzeitige Bischöfin in der EKD verbleibt die Landesbischöfin der Evangelischen Kirche Mitteldeutschlands, Ilse Junkermann. Junkermann ist noch jung im Bischofsamt. Sie wurde am 29. August 2009 im Dom zu Magdeburg in ihr Amt eingeführt. Ihre Landeskirche geriet dieses Jahr in die Schlagzeilen, als ihr Mitarbeiter in der Kirchenleitung, Oberkirchenrat Christhard Wagner, dem Leiter der evangelischen Nachrichtenagentur "idea" von Bischöfin Junkermann unwidersprochen vorwarf, er ließe die gesamte idea-Redaktion auf einem Grat zum rechtsextremen Milieu balancieren, weil er den Gerhard-Löwenthal-Preis angenommen hatte, der ihm im Dezember 2009 von der Förderstiftung Konservative Bildung und Forschung" verliehen worden war.
Im Gegensatz zur evangelischen Kirche können in der katholischen Kirche Frauen nicht Priester werden. Dem Beispiel von Jesus und seinen Jüngern folgend werden in der katholischen Kirche nur Männer zum Priester geweiht.
Vita von Bischöfin Jepsen
1945 | Geburt in Bad Segeberg |
1964 | Abitur, danach Studium der Altphilologie und Evangelischen Theologie |
1970 | Erstes Theologisches Examen in Kiel |
Vikariat in Lemsahl-Mellingstedt im Raum Hamburg | |
Heirat des Vikars Peter Jepsen. | |
1972 | Zweites Theologisches Examen |
1972 | Gemeindepastorin in Meldorf (Dithmarschen) |
1977 | Pastorin in Leck, |
1991 | Mitglied der EKD-Synode und des Ausschusses Diakonie, Mission, Ökumene, |
1991 | Pröpstin im Kirchenkreis Hamburg-Harburg |
1992 | Wahl zur Bischöfin für den Sprengel Hamburg |
1992 | Vorsitzende des Evangelischen Missionswerkes in Deutschland |
1998 | Vorsitzende des Kuratoriums der Missionsakademie Hamburg |
2002 | Bestätigung im Bischofsamt für weitere zehn Jahre |
2003 | Mitglied im Rat des Lutherischen Weltbundes |
2005 | Vorstandsmitglied der Deutschen Seemannsmission |
2010 | Rücktritt vom Bischofsamt |
16.07.10 | Rheinische Post | Jepsen und der Missbrauch |
16.07.10 | FAZ | Hamburger Bischöfin zurückgetreten |
16.07.10 | idea | Missbrauchsskandal: Bischöfin Jepsen tritt ab |
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Leserbriefe
Rücktritt Jepsen
Wieviel Taktlosigkeit muss sich unsere Kirche von den Leitenden noch gefallen lassen?
1. Frau Jepsen begründet: „Meine Glaubwürigkeit wird angezweifelt". Die anderen sind also schuld! Wenn sie sich ihrer Glaubwürdigkeit gewiss wäre, müsste sie um ihres Amtes willen dafür kämpfen. Stattdessen: beleidigte Reaktion.
2. Der amtierende Ratsvorsitzende schreibt „der lieben Maria" einen Dankesbrief per Du. Das kommt davon. Und wenn: Dann muss er doch jetzt anders schreiben können. Kirche als Kumpanenverein.
3. Schneider rühmt ihr Engagement für die Mission. Aber er verschweigt, dass sie das Kreuz durch die Krippe ersetzen wollte. Man kann Lob und Dank doch dosieren.
4. Schneider dankt ihr für ihr Engagement für homosexuelle Menschen. Sie war in der Kommission, die 1996 „Mit Spannungen leben" erarbeitet hat. Darin war die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften durch die Kirche und deren öffentliche Segnung ausdrücklich ausgeschlossen worden. Genau ein Jahr später hat die Nordelbische Kirche gegen das Votum der Kommission dieses beschlossen. Der Rat der EKD hat sofort, noch im selben Monat, eine harsche Kritik am Vorgehen der Nordelbier veröffentlicht. Schneider scheint von dem allem unberührt zu sein.
Ein ehemaliger Mitarbeiter der EKD.