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Betreuung von Kindern und parallele Erwerbstätigkeit darf nicht zur Überforderung führen

Betreuung von Kindern und parallele Erwerbstätigkeit darf nicht zur Überforderung führen


Der Bundesgerichtshof setzt dem neuen Unterhaltsrecht Grenzen

(MEDRUM) Wer als Alleinerziehender Kinder zu betreuen hat, kann nicht gleichzeitig stets auch noch einer Vollzeittätigkeit nachgehen, hat der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Urteil vom 16. Juli entschieden.

Die Betreuung von Kindern sei eine ständige Aufgabe, daran ändere auch ein Ganztagesplatz in einer Kindertagesstätte nichts, sagten die Karlsruher Richter. Von Alleinerziehenden, die Kinder zu betreuen und zu erziehen haben, kann deswegen auch nach dem dritten Lebensjahr ihrer Kindern nicht unbedingt erwartet werden, einer Vollzeittätigkeit nachzugehen. Dies kann zur Überforderung führen und stößt an Grenzen der Zumutbarkeit. Unterhaltsansprüche können deswegen auch dann noch bestehen, wenn Kinder das dritte Lebensjahr vollendet haben und tagsüber ganztägig in einer Kindertagesstätte betreut werden.

Damit werden dem neuen Unterhaltsrecht, das seit Jahresanfang in Kraft getreten ist, Grenzen gesetzt. Nach dem neuen Unterhaltsrecht kann ein Alleinerziehender in der Regel keinen Betreuungsunterhalt geltend machen, wenn Kinder das dritte Lebensjahr überschritten haben und in einem Ganztagesplatz tagsüber betreut werden. Die gesetzlichen Regelungen des Unterhaltsrechtes gehen davon aus, dass dem Alleinerziehenden dann eine Vollzeittätigkeit zugemutet werden kann. Mit der BGH-Entscheidung ist dies relativiert worden.

Die Richter haben mit ihrem Urteil erkannt, dass die Erziehung und Betreuung von Kindern eine beanspruchende Aufgabe ist, die sich nicht so nebenbei erledigen lässt und oft auch dann nur einen Teilzeiterwerb ermöglicht, wenn Kinder das Lebensalter von drei Jahren überschritten haben. Sie haben damit die Stellung Alleinerziehender aber auch die der Kinder und ihres Anspruches auf elterliche Betreuung gestärkt. Daher sind die Vorstellungen mancher Politiker zumindes in Teilen auf den Boden der Tatsachen zurückgeführt worden, nach deren Anschauung eine ganztägige Fremdunterbringung von Kindern in Kindertagesstätten die Alleinerziehenden für uneingeschränkte Erwerbstätigkeiten verfügbar macht.

Der BGH hat mit seiner Entscheidung zwar die Bedeutung der Altersgrenze von drei Jahren relativiert, aber seinerseits keine Festlegung von Altersgrenzen getroffen. Er hat sich jedoch dafür ausgesprochen, dass sich die Gerichte in ihrer Rechtsprechung an den Altersphasen der Kinder und den jeweiligen Lebensumständen orientieren. Der BGH hat damit den Fall einer alleinerziehenden Mutter von zwei Kindern im Lebensalter von sieben und zehn Jahren zur erneuten Verhandlung an das Oberlandesgericht Düsseldorf zurückverwiesen. Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hatte - der seit 2008 geltenden gesetzlichen Regelung folgend - die Unterhaltsansprüche der Mutter zeitlich begrenzt mit der Begründung, dass ihr bei Unterbringung der Kinder in einer Kindertagesstätte zugemutet werden können, durch eine Erwerbstätigkeit selbst für ihren Lebensunterhalt aufzukommen. Ihre Forderungen nach "Betreuungsunterhalt" lehnte das OLG daher ab. Nach der Entscheidung des BHG muss das OLG nun prüfen, ob der Umfang, in dem die Mutter selbst für ihren
Unterhalt sorgen muss, nach dem Alter der Kinder gestaffelt werden kann.

Die Überlegungen, die die Karlsruher Richter bei Ihrer Entscheidung angestellt haben, sind in einer Pressemitteilung des BGH veröffentlicht, die im Anhang beigefügt ist. Das Urteil selbst (Aktenzeichen XII ZR 109/05) ist noch nicht in schriftlicher Form veröffentlicht, da es noch nicht gedruckt vorliegt. Wann die Entscheidung des BGH genau fertig gestellt sein wird, lässt sich leider noch nicht genau sagen.