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Betrachten kinderpornographischer Internet-Seiten strafbar


18.02.10

Betrachten kinderpornographischer Internet-Seiten strafbar

Hanseatisches Oberlandesgericht: Aufrufen und Betrachten kinderpornographischen Materials im Internet ist wie Besitz

(MEDRUM) Der 2. Strafsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg hat am Montag mit unanfechtbarem Revisionsurteil entschieden, daß schon alleine das Betrachten kinderpornographischer Internet-Seiten strafbar ist. Dies geht aus der Pressemitteilung des Gerichtes vom 16.02.10 hervor.

Das Hamburger Oberlandesgericht hat ein Urteil des Amtsgerichtes Hamburg-Harburg aufgehoben, das von einer Veurteilung eines Angeklagten abgesehen hatte, weil ihm nicht nachzuweisen war, daß er sich in den Besitz von Dateien mit kinderpornographischen Inhalten gebracht hatte, sondern lediglich in 16 Fällen kinderpornographische Seiten in Internet aufgerufen und diese betrachtet hatte.

Das Oberlandesgericht entschied nun, daß schon derjenige Internet-Nutzer es in nach § 184 b Abs. 4 StGB strafbarer Weise unternimmt, sich den Besitz an Dateien mit kinderpornographischem Inhalt zu verschaffen, der bewusst und gewollt eine Internetseite mit solchem Inhalt aufruft und auf seinem Computerbildschirm betrachtet. Die Strafbarkeit setze nicht voraus, dass der Nutzer - wie in der Praxis nur erschwert beweisbar - die Datei manuell auf seinem Computer abspeichern will oder Kenntnis von einer automatischen Abspeicherung im so genannten Internet-Cache seines Computers hat. Der 2. Strafsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts hat das Urteil des Amtsgerichts aufgehoben und die Sache an das Amtsgericht zu neuer Verhandlung zurückverwiesen.

In den Urteilsgründen führte das Gericht aus:

  • Der zu körperlichen Gegenständen wie Videokassetten und Schriften entwickelte Besitzbegriff des § 184b Abs. 4 StGB bedürfe einer erweiternden Auslegung, um dem Gesetzeszweck und dem Willen des Gesetzgebers auch bei unkörperlichen Gegenständen wie einer Internet- oder Computerdatei zu genügen.
  • Bekämpft werden soll unter weit nach vorn verlagerter Strafbewehrung der schon im Aufrufen einer einschlägigen Internetseite liegende Konsum kinderpornographischer Darstellungen, weil schon dieser einen Anreiz für die kommerziellen Anbieter schaffe, bei der Produktion derartiger Bilder und Videofilme Kinder zu missbrauchen.
  • Die dem Besitz eigentümliche Herrschaftsmacht habe der Nutzer bereits dadurch, dass es in seinem Belieben stünde, nach Aufruf die Dateien zu speichern, zu kopieren und zu verbreiten. Dass diese Herrschaftsmacht nach Aufruf zum bloßen Betrachten regelmäßig nur kurz sei, ergebe sich aus der dem Medium Internet typischen Schnelligkeit. In Anpassung daran den Besitzbegriff zu modifizieren, überschreite nicht die Grenze des Wortsinns, die der Auslegung des Gesetzes durch das im Grundgesetz verankerte Gebot zur Bestimmtheit eines Straftatbestandes gezogen sei.
  • Mit der 1997 geschaffenen gesetzlichen Gleichstellung von „Datenspeichern" mit Schriften in § 11 Abs. 3 StGB, auf den § 184 b Abs. 4 StGB ausdrücklich verweise, sei dem Bürger hinreichend erkennbar geworden, dass der Besitzbegriff des § 184 b Abs. 4 StGB in einer auch unkörperlichen, aus dem Internet heruntergeladene Dateien erfassenden Weise zu verstehen sei.

In § 184 b Abs. (4) heißt es: "Wer es unternimmt, sich den Besitz von kinderpornographischen Schriften zu verschaffen, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Ebenso wird bestraft, wer die in Satz 1 bezeichneten Schriften besitzt."


-> Revisionsurteil des OLG Hamburg vom 15.02.2010

Leserbriefe

Im Zusammenhang mit diesem Thema sei dem Leser besonders empfohlen, einen Artikel als "Tagesthema" von heute, 18.02.2010, in dem Familienforum "family fair", herbeizuholen, welches Frau Christa Meves in großer Klarheit und Weisheit dazu verfassen konnte.