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Antikatholischer Grundton in deutschen Schulbüchern

Bildung

Antikatholische Desinformation in deutschen Schulbüchern
Geschichtsbuchautoren unbelehrbar
von Hubert Hecker

(MEDRUM) Die in deutschen Schulbüchern verbreitete Geschichtsdoktrin über die frühe Neuzeit ist weithin antikatholisch ausgerichtet.


Antikatholischer Grundton

In einem deutschen Oberstufen- Geschichtsbuch des Buchner-Verlags wird der Priester und Kanzler des ermländischen Domkapitels, Nikolaus Kopernikus
(† 1543), wahrheitswidrig als polnischer Astronom bezeichnet. Seine kirchliche Bedeutung wird verschwiegen. Auch die Förderung seiner Schrift über die heliozentrischen Planetenbewegungen durch zwei Bischöfe sowie die Widmung eines seiner Bücher an Papst Paul III. († 1549) unterschlägt dieses Schulbuch. Ebenso paßt die Kalenderreform von 1582 des Papstes Gregor XIII., die auf dem heliozentrischen Weltbild beruhte, nicht in die offenbar kirchenfeindlichen Vorurteile der Autoren. In keinem Schulbuch wird man finden, daß das kopernikanische Weltbild an den katholischen Universitäten Spaniens zum Ende des 16. Jahrhunderts gelehrt wurde. In jedem Geschichtsschulbuch dagegen sind Darstellungen von Ketzergerichten der spanischen Inquisition erwähnt, die in der Mitte des 16. Jahrhunderts in ganz Spanien einigen Dutzend Ketzern den Prozeß machten.

Blindheit auf protestantischem Auge

Der antikatholische Grundton dieser Auswahl wird daran deutlich, daß kein Schulbuch die protestantischen Ketzerprozesse erwähnt. In der reformierten Stadt Genf wurden zur gleichen Zeit auf Betreiben des protestantischen Reformators Johannes Calvin († 1564) innerhalb von fünf Jahren 56 Todesurteile wegen Glaubens- und Sittenfragen vollstreckt. Ein Verurteilter war der Arzt Michael Servet, den man wegen Leugnung der Dreifaltigkeit öffentlich auf dem Scheiterhaufen verbrannte. Auch in den nordamerikanischen Kolonien behandelten die Calvinisten Ketzer mit äußerster Härte. Häretiker brandmarkte man mit einem „H“ auf die Hand, bevor sie bei weiterer Unbußfertigkeit an den Galgen gebracht wurden. Für Hexenverdächtige während der Verfolgungswelle des Jahres 1690 dachten sich die protestantischen Gemeinden um Boston eine besondere Foltermethode aus. Auf die gefesselten Denunzierten wurden solange Felsbrocken aufgetürmt, bis sie ihre teuflischen Pakte gestanden – oder der Brustkorb einbrach.

Kirchliche Inquisition gegen Prozeß- und Foltermethoden der staatlichen Gerichte

Der zentrale protestantische Beitrag an der europäischen Hexenverfolgung wird in den Schulbüchern sorgfältig ausgespart, obwohl Martin Luther, Philipp Melanchthon und die protestantische Hexen-Predigtliteratur einen wesentlichen Anteil am Ausbruch der frühneuzeitlichen Hexenverfolgung im Deutschen Reich und den skandinavischen Ländern hatten. Daß es in den katholischen Kernländern wie Irland und Spanien keine, in Italien nur ganz marginale Hexenverfolgungen gab, erfahren deutsche Schüler nicht. Die spanische Inquisition stellte sich ausdrücklich gegen das Buch „Hexenhammer“ von Heinrich Kramer und erkannte die Hexen-Denuntiationen als ein soziales Problem von Neid und Mißgunst. Vielfach sprach sich die Inquisition gegen Prozeß- und Foltermethoden der staatlichen Gerichte im Deutschen Reich aus.

Unbelehrbare Schulbuchautoren

In den schulisch verwendeten Geschichtsbüchern dagegen wird immer noch die historische Unwahrheit im Dreischritt „Mittelalter – Hexenverfolgung – kirchliche Inquisition“ vermittelt. Ein neueres Geschichtsbuch aus dem Westermann-Verlag spekuliert völlig faktenfrei: „Das Hexenwesen galt als nichts anderes als die Verschwörung einer kirchenfeindlichen Sekte.“ Anschließend schwärzt das Schulbuch die kirchliche Inquisition als Hexenketzergerichte an. Es müßte den Schulbuchmachern eigentlich auffallen, daß in zeitgenössischen Bildern von Hexenprozessen ausschließlich weltliche Richter und Folterer zu sehen sind.

Aber haben nicht die sogenannte Hexenbulle von Papst Innozenz VIII. und der „Hexenhammer“, beides von dem Dominikanermönch Heinrich Kramer Ende des 15. Jahrhunderts verfaßt, den Startschuß für die europäische Hexenhatz gegeben? Mitnichten. Schon der Papst beklagte in seiner Hexenbulle, daß die meisten Kirchenleute den verrückten Dominikaner nicht ernst nähmen und tatsächlich verwiesen manche Bischöfe den Hexenhämmerer aus ihren Diözesen. Weil die Schulbücher die Hexenverfolgung in protestantischen Ländern unterschlagen, brauchen sie sich auch nicht der Frage stellen, wieso Luther und seine Mitreformatoren ausgerechnet bei der Hexenlehre dem Papst und Dominikanermönch gefolgt sein sollten. Die große Hexenverfolgungswelle in Mitteleuropa begann achtzig Jahre nach dem „Hexenhammer“ als frühbürgerliche Erscheinung. Darüber herrscht inzwischen in der Geschichtswissenschaft ein Konsens.

Doch bei den Schulbuchautoren hat sich diese Erkenntnis leider noch nicht herumgesprochen. So werden deutsche Schüler weiterhin durch Geschichtsbücher antikatholisch desinformiert.


Der Autor des Artikels ist Fachlehrer für den gymnasialen Geschichtsunterricht.