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Alice Schwarzer verwirrt


10.11.10

Alice Schwarzer verwirrt

Alt-Feministin kanzelt Bundesministerin Schröder ab und überschätzt ihre Rolle als Heldin der Frauenbewegung

von Kurt J. Heinz

(MEDRUM) Die Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) hat mit einigen kritischen Äußerungen zum Feminismus im Interview mit dem SPIEGEL offensichtlich einen nachhaltigen Eindruck bei der Gallionsfigur der Feministinnen, Alices Schwarzer, hinterlassen. In einem Offenen Brief gesteht Alice Schwarzer, daß sie "verwirrt" sei und fällt ein vernichtendes Urteil über Schröder. Doch Schwarzer scheint ihre heutige Rolle zu überschätzen.

Die nicht nur von den Medien hofierte und vielfach gefeierte Alice Schwarzer kann sich seit Jahrzehnten in der Rolle als Deutschlands Feministin Nummer eins gefallen. Auf diesem Terrain nimmt sie für sich in Anspruch zu sagen, was Frau ist. Ungezählte Male führte sie die Worte "wir Frauen" bei der unnachgiebigen Vertretung feministischer Positionen im Munde, doch wurde häufig übersehen, daß Schwarzer meist nur für sich und einen gewissen Teil von Frauen, nie aber für alle sprechen konnte. Doch das kümmerte sie wenig. Ihr Frauenbild sollte am besten das Frauenbild aller sein.

In dieser Weise trägt Alice Schwarzer auch ihre Vorstellung von der Sexualität der Frau wie eine Monstranz vor sich her. Einen Widerspruch gegen ihre "geheiligten" Postulate nimmt sie nicht hin. Nachdem nun eine Frau wie Kristina Schröder sagte "Sorry, das ist falsch" sah sich Schwarzer unverzüglich herausgefordert. Schwarzer und falsch? Das scheint für die mittlerweile 67-jährige Journalistin nicht zusammen zu gehen. Eine ihrer Thesen lautete: "Sexualität ist zugleich Spiegel und Instrument der Unterdrückung der Frauen in allen Lebensbereichen. Hier fallen die Würfel. Hier liegen Unterwerfung, Schuldbewusstsein und Männerfixierung von Frauen verankert." Sie kann eine abweichende Vorstellung von der Sexualität der Frau, wie sie jetzt von Kristina Schröder formuliert wurde, schwerlich stehen lassen. Schröder wagte es zu äußern, daß etliche Thesen von Alice Schwarzer zu weit gingen, zum Beispiel die These, Geschlechtsverkehr zwischen Mann und Frau sei kaum möglich ohne die Unterwerfung der Frau. Schröder sieht dies anders: „Es ist absurd, wenn etwas, das für die Menschheit und deren Fortbestand grundlegend ist, per se als Unterwerfung definiert wird." Schröder weiter: „Ich glaube, dass zumindest der frühe Feminismus teilweise übersehen hat, dass Partnerschaft und Kinder Glück spenden."

Für Alice Schwarzer sind solche Widersprüche anscheinend derart unerträglich, daß sie die junge Ministerin nun in ihrem Brief von oben herab abzukanzeln und die Ecke zu stellen versucht. Schröder (33) habe zwar die Gnade der späten Geburt, aber nicht das Recht, "Stammtischparolen" zu verbreiten. Übersetzt heißt dies: Was will die junge Schröder? Die kann nicht auf gleicher Augenhöhe mitreden, wenn es um den Feminismus der früheren Jahre geht, sie muß vielmehr dankbar sein, daß sie davon profitiert. Ganz in diesem Sinne vergibt Schwarzer denn auch gleich Zensuren. Schröders Widerspruch in Sachen Frühfeminismus, Sexualität, Partnerschaft und Kinder qualifiziert Schwarzer als Stammtischparolen ab. Ein schweres Geschütz, das Schwarzer da auffährt. Schwarzer ficht hier nicht mit dem Florett, sondern schlägt mit der Axt auf Schröder ein. Sie zeigt sich wenig gelassen, wenn sich eine Ministerin erlaubt, am Feminismus-Denkmal Schwarzer zu kratzen statt es aufzupolieren.

So verliert Schwarzer bereits schon ihre Gelassenheit bei der Entscheidung der Ministerin, nach ihrer Heirat den Namen Schröder anzunehmen. Alice Schwarzer sagt dazu in ihrem Offenen Brief an Schröder: "Ihr Namenswechsel von Köhler auf Schröder - was mich persönlich, ehrlich gesagt, bis heute verwirrt.

" Eine erstaunliche Despektierlichkeit in aller Öffentlichkeit. Was geht es Alice Schwarzer an, wie Kristina Schröder ihr persönliches Namensrecht wahrnimmt? Auch was danach sonst im Brief folgt ist zu einem guten Teil geprägt durch feministische Unduldsamkeit und Polemik.

Schwarzer ist entgangen, dass sie selbst und manche ihrer Thesen in die Jahre gekommen sind. Nicht jede Frau der heutigen Frauengeneration blickt zu Alice Schwarzer auf und ist bereit, ihr willenlos zu folgen. Auch Kristina Schröder nicht. Sie hat Selbstvertrauen und ist verantwortungsbewußt genug, sich ein eigenes Urteil über Frauen, Sexualität, Partnerschaft und Kinder zu bilden. Schröder, die ein anspruchsvolles Ministerium übernommen hat, ist Imagedankenswerter Weise nicht auf Schwarzer und ihre Thesen angewiesen. Vielleicht ist Schwarzer auch darüber verwirrt. Denn sie fällt ein vernichtendes Urteil über Schröder: "Ich halte Sie für einen hoffnungslosen Fall. Schlicht ungeeignet. Zumindest für diesen Posten."

Hoffnungslos scheint eher der Fall Alice Schwarzer zu sein. Die Emma-Gründerin läuft mit ihrer selbstgefälligen Kritik an Schröder Gefahr, ihre Rolle zumindest in der Welt von heute zu überschätzen. Diese Welt blickt über Alice Schwarzer und ihre Thesen hinaus, zumal Schwarzers feministische Glaubensbekenntnisse und Rezepturen nicht frei von Risiken und Nebenwirkungen geblieben sind und dieser Gesellschaft auch geschadet haben. Diese Entwicklung schlägt sich nicht zuletzt auch in einer WELT-Umfrage nieder. 71 Prozent der Teilnehmer antworten, Alice Schwarzer werde "völlig überschätzt". Nur 7 Prozent sehen in ihr eine "Heldin der Frauenbewegung". Vor 30 Jahren wären die Antworten womöglich deutlich anders ausgefallen. Doch viele Sichten von damals sind nicht mehr die Sichten von heute. Es ist Alice Schwarzer zu wünschen, dies zu erkennen und nicht länger verwirrt zu sein, wenn Frauen - auch eine Ministerin - von heute ihre eigenen Vorstellungen haben und nicht bereit sind, sich nur in Alice Schwarzers ausgetretenen Trampelpfaden zu bewegen. Dann wäre Schröder tatsächlich ungeeignet für ihren Posten. Doch Schröder zeigt sich als eine emanzipierte Frau. Und das ist gut so, für den Posten als Familienministerin.


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Leserbriefe

Von Kristina Schröder bin ich angenehm überrascht. Zunächst dachte ich, dass sich unser Bundeschamäleon Angela ein naives Mädchen ins Kabinett geholt hat, mit dem sie nach Belieben verfahren kann, und jetzt erweist sich Kristina Schröder als Frau mit Format und einem Sinn für die Realitäten des Lebens. Das sehe ich als einen Glücksfall an. Was Alice Schwarzer schreibt ist völliger Schwachsinn. Anders kann man das nicht bezeichnen. Sie ist seit jeher in einem weltfremden ideologischen Denken befangen, dem der gesunde Menschenverstand noch nie folgen konnte. Wenn jemand therapiert werden müsste, dann Alice Schwarzer, die unter einem erheblichen Realitätsverlust leidet. Kristine Schröder ist zu wünschen, dass sie nicht auch Opfer einer Rufmordkampagne wird, weil die eine oder andere ihrer Aussagen, von der Inquisition der politisch Korrekten Anstoß erregt.

folgerichtigerweise hätte a.s. ihrer Mutter vorwerfen müssen, sie geboren zu haben statt sie abzutreiben. Die Einstellung von Frau a.s. zum Thema Sexualität zwingt zu Vermutungen, dass sie damit nur Enttäuschendes erlebt hat. Das geht zwar andere absolut nichts an, relativiert aber die Gültigkeit ihrer Aussagen. Meine Eltern (auch meine emanzipierte Mutter!) jedenfalls hatten sich über ihre Kinderschar bis ans Lebensende gefreut. Meine Frau und ich sehen in unserern Kindern unser Glück, obwohl wir noch viele andere Interessen haben und leben. Und meine Töchter und Söhne wünschen sich ebenfalls Kinder. Will Frau a.s. aus ihrer Not der Familienlosigkeit eine Tugend für andere machen, damit sie weniger Anlass findet für ihre Neidgefühle? Was wird von ihr nach ihrem Tode bleiben? Doch nur Schall und Rauch einer modischen und damit eindimensional denkenden intellektuellen Eintagsfliege.

Bibelzitat: Mose 3,16 "Zu dem Weibe sprach er: Ich werde sehr mehren die Mühsal deiner Schwangerschaft, mit Schmerzen sollst du Kinder gebären; und nach deinem Manne wird dein Verlangen sein, er aber wird über dich herrschen. " Mir dünkt, dies hat etwas mit Sexualität zu tun... und jetzt Alice Schwarzer: "Sexualität ist zugleich Spiegel und Instrument der Unterdrückung der Frauen in allen Lebensbereichen. Hier fallen die Würfel. Hier liegen Unterwerfung, Schuldbewusstsein und Männerfixierung von Frauen verankert."

Also, MIR leuchtet das ein, und ich kann Frau Schwarzer nur zustimmen. Und da ist es vollkommen gleichgültig, ob Frau Schwarzer selbst nun Kinder hat oder keine, etc. Das ist ein ganz anderes Thema, und ich empfinde es in diesem Zusammenhang als polemisierend, so vom eigentlichen Thema abzulenken. Haben Sie das Interview mit Frau Schröder gelesen? Ich fand es sehr interessant, gern hätte ich es nicht nur gelesen, sondern auch GESEHEN (insbesondere die beiden interviewenden Herren und deren ?_teilweise_sehr_erstaunten_? Gesichter). Abschliessend: man (und frau) sollte eher bedenken, was Emanzipation bedeutet, bedeuten sollte, bedeuten könnte, statt auf Stammtischniveau herabzusinken.