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Mit oder ohne politischem Effet?


12.07.09

Mit oder ohne politischem Effet?

Zur Informationspolitik des Statistischen Bundesamtes über Geburtenzahlen

(MEDRUM) Angaben des Statistischen Bundesamtes über die Geburtenentwicklung in Deutschland werden nur zögerlich gemacht und mit einem politischen Effet kommentiert. Das zeigt ein Blick in die Angaben und Kommentare des Amtes.

Wer sich beim Statistischen Bundesamt über die Geburtenentwicklung informieren will, liest auch noch Mitte 2009 im Internetportal des Amtes:

"In Deutschland lag die durchschnittliche Kinderzahl je Frau im Jahr 2007 bei 1,37 nach 1,33 im Jahr 2006. Sie nahm damit 2007 erstmals seit 2004 wieder zu. Einen höheren Wert hatte die durchschnittliche Kinderzahl je Frau zuletzt 2000 erreicht (1,38). 2007 waren rund 685 000 Kinder geboren worden, etwa 12 000 mehr als 2006. 2008 war die Zahl der Geburten nach den bisher vorliegenden vorläufigen Ergebnissen etwas niedriger als im Jahr 2007."

Die Zahlen des Jahres 2007 sind mittlerweile anderthalb Jahre alt. Im letzten Jahr fiel die Zahl der Geburten wieder fast auf das Niveau von 2006 zürück (Nachkriegstiefststand). Der Rückgang betrug nach den Zahlen des Statistischen Bundesamtes im Jahr 2008 fast 10.000 Geburten, die Gesamtzahl nur noch ca. 675.000. Das sind die nackten Tatsachen. Dennoch stellt das Bundesamt auch jetzt noch den geringfügigen Anstieg von 12.000 im Jahr 2007 durch den Vergleich der Zahl von Kindern pro Frau im Jahr 2007 mit dem Jahr 2000 positiv heraus, während der Abfall des Folgejahres in fast gleicher Höhe lediglich als im Vergleich zu 2007 als "etwas niedriger" beschrieben wird.

Die Darstellung des Bundesamtes klingt weder wissenschaftlich kritisch noch objektiv. Durch diese Art der Präsentation wird verschleiert, dass die Zahl der Geburten im Jahr 2008 auf den zweitniedrigsten Stand seit dem Zweiten Weltkrieg zurückgefallen sind. Bezogen auf die Zahl der Einwohner in Deutschland liegen die vorläufigen Geburtenzahlen in 2008 mit 8,2 Geburten pro 1000 Einwohner sogar auf gleich niedrigem Niveau wie in 2006 und damit niedriger als in allen Vorjahren der Nachkriegszeit. Der politische Wunscheffekt, dass die Familienpolitik einer Ministerin von der Leyen auch in höheren Geburtenzahlen sichtbar sei, entbehrt beim Blick auf die nackten Zahlen jeder Grundlage. Gegen Ende der Amtszeit dieser Ministerin kann keineswegs vermeldet werden, dass die Deutschen wieder mehr Kinder bekommen. Es bleibt ein Wunsch, doch die Realität spiegelt das Gegenteil wider. Der Eindruck ist daher nicht von der Hand zu weisen, dass über diese Realität lieber geschwiegen wird, als sie in das öffentliche Bewußtsein zu bringen.

Auch wer sich über die Geburtenentwicklung in den Anfangsmonaten des Jahres 2009 informieren will, kann den Eindruck gewinnen, dass die Informationspolitik des Statistischen Bundesamtes darauf angelegt sein könnte, negative Entwicklungen eher zu kaschieren. Seit zweit Monaten werden die vorläufigen Angaben über die monatlichen Geburten im Jahr 2009 nicht mehr fortgeschrieben. Seit Mai sind lediglich Angaben über die Monate Januar und Februar enthalten. Für Monat März werden immer noch keine Angaben gemacht, obwohl seitdem vier Monate vergangen sind. Werden dazu keine Angaben veröffentlicht, weil sie vor den Bundestagswahlen nicht mehr willkommen sind? Das Statistische Bundesamt gab eine andere Erklärung. Es hinge an den Bundesländern. Erst wenn die Bundesländer ihre Angaben geliefert haben, können Angaben auf Bundesebene gemacht werden, so das Statistische Bundesamt. Diese Abhängigkeit ist nicht von der Hand zu weisen. Daher fragt sich, welche Bundesländer haben ihre Zahlen aus welchen Gründen noch nicht geliefert? Ein Schelm, wer da an Absicht denkt. Man darf gespannt sein, ob und wie weit vor den Wahlen überhaupt noch Zahlen geliefert werden.  Bis zur Widerlegung darf die These aufgestellt werden: Sollten sich die Zahlen im März positiv entwickelt haben, werden sie sicher noch vor der Wahl mit positivem Begleitwerk veröffentlicht, zumindest aber nicht länger zurückgehalten.