10.12.09
EU-Zentrum in enteignetem Gebäude der Kirche in Türkei
(MEDRUM) Der türkische Staat enteignete 1999 ein Gebäude, das einer griechisch-orthodoxen Kirchenstiftung gehörte. Jetzt haben die türkische Staatsregierung und die Gemeinde Istanbul in diesem Gebäude ein EU-Zentrum eingerichtet.
"Das Zentrum nutzt ausgerechnet ein Gebäude, das ursprünglich einer griechisch-orthodoxen Kirchenstiftung gehörte und 1999 widerrechtlich durch den türkischen Staat enteignet worden war. Die Erklärung, das Zentrum solle die Bestrebungen des EU-Beitritts unterstreichen und unterstützen, gerät damit zur Farce", erklärte die EU-Abgeordnete Renate Sommer (CDU/CSU-Gruppe).
Die "Umnutzung" eines Gebäudes, das die türkischen Behörden einer religiösen Minderheit widerrechtlich weggenommen haben, ausgerechnet zu einem EU-Zentrum, sein an Frechheit kaum zu überbieten. Dies zeige einmal mehr, dass die türkische Regierung nicht nur keinerlei Verständnis für die Grundwerte der Europäischen Union habe, sondern diese im Gegenteil noch verhöhne. Sommer sieht darin eine gezielte Provokation der EU.
Die Abgeordnete unterstreicht, daß Angehörige religiöser Minderheiten in der Türkei alltäglich Diskriminierungen ausgesetzt sind. "Religionsfreiheit gilt nur für die sunnitischen Muslime. Durch das Verbot, ausländisches oder im Ausland ausgebildetes Personal zu beschäftigen, fehlt vielen christlichen Gemeinden der Nachwuchs. Neubauten kirchlicher Gemeinden werden von den Behörden mit fadenscheinigen Begründungen verweigert. Und obwohl das neue Stiftungsgesetz vom Februar 2008 die Eigentumsrechte religiöser Minderheiten verbessern sollte, gibt es insbesondere bei der Rückgabe beschlagnahmter und enteigneter Besitztümer keine Fortschritte", kritisiert Sommer.
Vor diesem Hintergrund hält es Sommer für umso zynischer, dass der türkische Staatspräsident Gül lautstark den Schweizer Volksentscheid zum Minarettverbot kritisiert. Probleme mit der Religionsfreiheit habe die Schweiz jedenfalls nicht. Es sei endgültig an der Zeit, der Türkei klarzumachen, dass der Schutz religiöser Minderheiten ein Lackmustest für die Europatauglichkeit eines Landes sei.CDU-Landesverband Nordrhein-Westfalen
Dr. Renate Sommer gehört seit 1999 dem Europaparlament an. Sie gilt als Türkei-Expertin und kommt aus dem CDU-Landesverband NRW. Sie wirkt mit im Gemischten parlamentarischen Ausschuß EU - Türkei, im Ausschuß für Verkehr und Fremdenverkehr und im Ausschuß für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres.