30.12.09
35 evangelische Pfarrer gegen Terrorismusbekämpfung durch Soldaten
(MEDRUM) Wie die unabhängie Evangelische Nachrichtenagentur "idea" am Dienstag meldete, haben sich 35 Pfarrer der EKD durch Unterzeichnung eines Aufrufes des Bremer Friedensforums für den Abzug deutscher Streitkräfte in Afghanistan ausgesprochen.
Für einen Abzug deutscher Soldaten plädierte in ihrer Weihnachtspredigt auch die Ratsvorsitzende der EKD, Margot Käßmann. Die gleiche Forderung vertreten 35 Geistliche der EKD, die sich zuvor bereits dem Aufruf des Bremer Friedensforums "Bundeswehr raus aus Afghanistan!" angeschlossen hatten, wie das Friedensforum am 20.12.09 mitteilte. Die Bombardierung der beiden Tanklastzüge bei Kundus Anfang Dezember wird im Friedensforum als das größte Kriegsverbrechen der deutschen Streitkräfte seit 1945 bezeichnet. Ein zusätzlicher Skandal sei es, daß Professor Michael Wolfssohn von der Bundeswehr-Universität München geäußert habe, daß zivile Opfer in einem Partisanenkrieg wie dem in Afghanistan nicht zu vermeiden seien und in Kauf genommen werden müssten, ist im Forum zu lesen.
Zu den 35 Pfarrerinnen und Pfarreren gehören Pastor Martin Warnecke, Friedensbeauftragter der Bremischen Evangelischen Kirche und Pastor Friedrich Scherrer von der Bremer St.-Michaelis-St.-Stephani-Gemeinde. Scherrer geht noch einen Schritt weiter als die Ratsvorsitzende. Während sich Käßmann noch dafür aussprach, den Soldaten nicht die seelsorgerische Betreuung zu versagen, ist Pastor Scherrer dafür, den deutschen Soldaten auch die seelsorgerische Betreuung durch die evangelischen Seelsorger im Auslandseinsatz zu entziehen. Über seine Vorstellungen gab er der Zeitung "Junge Welt" ein Interview, das auch von der Bremer Linken abgedruckt wurde.
In welcher Weise der Terrorisierung der Bevölkerung in Afghanistan und der terroristischen Bedrohung in anderen Teilen der Welt begegnet werden soll, geht aus dem Aufruf des Friedensforums nicht hervor (Aufruf ist im Anhang beigefügt) In einem Flyer der Kampagne "Truppen raus aus Afghanistan" von der Initiative "Kooperation für den Frieden", die vom Bremer Friedensforum unterstützt wird, wurde erklärt: "In der Zeit vom 20. bis 28. November wird die Friedensbewegung im ganzen Land Abstimmungen durchführen, bei denen der Bevölkerung die Frage vorgelegt wird, ob der Bundeswehreinsatz in Afghanistan verlängert werden soll oder nicht." Die Frage, ob die terroristische Bedrohung bekämpft oder ihr tatenlos zugesehen werden soll, wurde der Bevölkerung nicht vorgelegt. Mit einer alternativlosen Forderung nach dem Abzug deutscher Soldaten sprechen sich die Befürworter letztlich gegen eine Bekämpfung des Terrorismus aus, der die Bevölkerung in Afghanistan und in anderen Teilen der Welt ausgesetzt ist. Alleine bei den Terroranschlägen in New York und Madrid sind dieser Bedrohung fast 3000 unschuldige Zivilisten zum Opfer gefallen.
Bremer Linke -> Pastor Friedrich Scherrer: "Kirche sollte mehr gegen den Afghanistan-Krieg tun"
MEDRUM -> Käßmann: "Nichts ist gut in Afghanistan"
Anhang | Größe |
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aufruf_afghanistan_2009.pdf | 81.78 KB |
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Leserbriefe
Das Problem ist, dass es
Das Problem ist, dass es auch den Befürwortern eines Militäreinsatzes in Afghanistan an einer Strategie fehlt... Was hat man denn in den letzten 8 Jahren, seit Beginn der US-Invasion 2001, eigentlich am Hindukusch erreicht?
Fehlende Strategie?
Na, Ihre Antwort geht leider ein wenig an den Realitäten vorbei. Woher haben Sie Ihre Kenntnisse? Wenn Sie behaupten, es gebe keine Strategie, steht das nicht annähernd im Einklang mit den Tatsachen.
Man kann vieles kritisieren, zum Beispiel dass die Strategien vieleicht Fehleinschätzungen enthalten mögen, man kann aber keinesfalls behaupten, es fehle eine Strategie. Dies ist blanker Unsinn. Diese Feststellung ist genauso unsinnig wie wenn man behaupten würde, die Menschen sündigen, weil sie die Gebote Gottes nicht kennen würden.
Selbstverständlich gibt es sowohl in der NATO und der Europäischen Union als auch eine nationale deutsche Strategie. Und diese setzt bei weitem richtiger Weise nicht auf militärische Stabilisierung allein, so nötig sie ist. Lesen Sie beispielsweise nur einmal das Papier der EU-Kommission "Country Strategy Paper". Dann wissen Sie ein wenig besser, worüber hier nachzudenken und zu reden ist. Auch den 35 Pfarrern und Frau Käßmann würde die Lektüre nicht schaden.
Viele Probleme (sicher nicht alle) haben ihre Ursache ganz woanders, nämlich darin, dass bei der Implementierung von Strategien halbherzig verfahren wurde. Beispielsweise wurden durch die westlichen Staaten nur in geringem Umfang die Kräfte und Mittel bereitstellt, die für den Aufbau und ein Nationbuilding wirklich erforderlich gewesen wären. Das eigene Schicksal am Beispiel des Aufbaus der neuen Bundesländer hat deutlich gemacht, welche enormen Kraftanstrengungen und Investitionen erforderlich sind, um selbst nur einen verhältnismäßig kleinen Teil unseres Landes, das nicht den Gesetzmäßigkeiten von Warlords und Terror ausgeliefert ist, wirtschaftlich und sozial aufzubauen. Im Vergleich dazu ist alles, was die westlichen Regierungen in Afghanistan getan haben, geradzu ein lächerlicher Tropfen auf den heißen Stein. Weniger als 100 Mio. Euro pro Jahr war der Bundesregierung der zivile Aufbau in Afghanistan über viele Jahre hinweg nur wert. Sie wissen hoffentlich selbst, was im Verhältnis dazu in den Aufbau Ost seit 20 Jahren investiert wird. Und das scheint immer noch nicht genug. Gleichermaßen war man nicht einmal in der Lage, in einem auch nur annähernd angemessenen Umfang Polizisten zur Ausbildung der afghanischen Polizei zu entsenden.
Dies alles ist übrigens keine neue Erkenntnis, sondern seit Jahren bekannt. Aber wäre unsere Bevölkerung zum Verzicht bereit, um Afghanistan wirklich auf die Beine zu helfen? Wären unsere Polizisten bereit, sich auch gegen ihren Willen nach Afghanistan schicken zu lassen? Man braucht nicht viel Fantasie, um diese Fragen beantworten zu können. Es fehlt nicht an Strategie, es fehlt auch nicht an Fantasie, wie Käßmann meinte, sondern schlicht an der Bereitschaft, das wirklich Nötige zu tun. Die Realität lässt sich nicht durch Fantasie ersetzen. Man muß den nackten Tatsachen ins Auge blicken und nicht herumschwafeln, wie es viele mit ihren dilettantischen Ratschlägen tun. Leider gehören auch Käßmann und die 35 Pastoren dazu. Aber das Schwafeln ist ja besonders in der EKD zur Methode geworden. Geistliche, bleibt an Euren Leisten oder macht Euch wirklich sachkundig, bevor Ihr bei Dingen mitredet, die auch Kompetenz verlangen. Aber diese ist der EKD ja selbst in theologischen Fragen bei vielen abhanden gekommen. Der Schwachsinn ist auch dort zur Methode geworden, indem die unliebsame biblische Botschaft durch Fantasie ersetzt wurde. Man wundert sich über nahezu nichts mehr.