19.11.14
Sexuelle Vielfalt als Leitbild für Erziehung untauglich
Internationale Expertengruppe hat Prinzipien für eine neue, menschengerechte Sexualpädagogik entwickelt und will zu neuen Ufern aufbrechen: Erziehung zur Liebe
(MEDRUM) Die gegenwärtige Sexualpädagogik wird den tieferen Bedürfnissen des Menschen nicht gerecht. Die Menschen müssen andere Wege gehen, wenn ihre wichtigsten Wünsche in Erfüllung gehen sollen. Dieser Zielsetzung will eine Gruppe von einschlägigen Experten dienen. Sie haben am Freitag in Wien Prinzipien für eine neue Sexualpädagogik vorgestellt, die den Weg zu einem gelingenden Leben weisen soll.
Grundbedürfnis des Menschen: Nicht Triebbefriedigung, sondern Liebe
In einem Expertenkreis rund um die Philosophin Prof. Dr. Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz wurden "Prinzipien Sexualpädagogik" erarbeitet, die am 14. November in Wien von Gerl-Falkovitz, der Pädagogin Helga Sebernik und dem Facharzt für Psychiatrie Christian Spaemann vorgestellt wurden (Bild unten). Die Prinzipien dieser Experten sind am Grundbedürfnis des Menschen ausgerichtet, zu lieben und geliebt zu werden. Zu den vordringlichsten Wünschen junger Männer und Frauen, so die Expertengruppe, gehört ein gelingendes Leben, eine gelingende Ehe und Familie.
Zu viel Leid und Brüche bei sexueller Vielfalt
Doch genau diese Leitvorstellung kann die gegenwärtige, sogenannte moderne Sexualpädagogik und die damit einhergehende und vielfach propagierte sexuelle Vielfalt nicht erfüllen. Christian Spaemann, Facharzt für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin, erläuterte die Gründe: "Die sogenannte sexuelle Vielfalt kann kein Leitbild abgeben – da stecken zu viel Leid und zu viele Brüche dahinter!“
Vielfalt der Lebensformen für Erziehung untauglich
Es ist der ernüchternde Blick auf die Realität, der Fragen aufwirft und nicht nur die Experten alarmieren muss: Können die mit sexueller Vielfalt und der heutigen Sexualpädagogik einhergehenden Lebensverhältnisse als nacheifernswert gelten? Ist es erstrebenswert, Kinder als Alleinerziehende groß zu ziehen? Ist es erstrebenswert, wenn Kinder statt in ihrer angestammten Familie, gemeinsam mit Mutter und Vater, bei Erwachsenen aufwachsen, die auseinander gerissene Teile gescheiterter Beziehungen zum Patchwork zusammenflicken? Dies ist nur eine Auswahl von Fragen, die - schon um des Kindeswohls willen - fachlich fundierte Antworten verlangen.
Auf diese Fragen können die um Gerl-Falkovitz versammelten Experten mit einer klaren Erkenntnis antworten: "Die propagierte „Vielfalt der Lebensformen“ ist ein Euphemismus und taugt nicht für die Erziehung von Kindern." Hinter Patchwork-Situationen stehe vielfach ein Leid, das auch in Sprache gefasst werden müsse.
Für junge Menschen das Beste: Sexualpädagogik als Erziehung zur Liebe
Staat und Gesellschaft hätten indes das als Leitbild zu fördern, was "für Kinder das Beste" ist, so der Expertenkreis. Für die Pädagogin Helga Sebernik gehört auch das Erlernen der Freundschaft dazu. Sie empfahl, nicht zu rasch selbst Antworten zu geben, sondern Kinder und Jugendliche die Fähigkeit entwickeln zu lassen, ihre eigenen Wünsche und Vorstellungen verstehen und formulieren zu können. Als pädagogische Kernforderung formulieren die Experten: "Sexualpädagogik muss mehr sein als Aufklärung, muss Erziehung zur Liebe sein."
Einläuten einer Gegenbewegung
Die Expertenrunde will sich nicht mit einer Analyse begnügen, sondern will zum Handeln aufrütteln. „Wir wollen eine Gegenbewegung einläuten," so Prof. Gerl-Falkovitz. „Sexualität braucht Orientierung. Statt Hedonismus sucht sie einen Bezug zu Sinn und Glück, zu gesellschaftlichem und persönlichem Gestalten des Humanen." Die Professorin sieht wichtige Anstöße in der Debatte, die zurzeit in deutschsprachigen Leitmedien stattfindet. Bei ihrer Präsentation verwies sie auf Beiträge zur "Sexualpädagogik der Vielfalt" in der Süddeutschen Zeitung, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, im Spiegel und im Focus, in denen auch über die Nähe von sexueller Revolution und Pädophilie und schädlicher Frühsexualisierung bereits ab dem Kindergarten intensiv diskutiert werde. Der Psychiater Spaemann zeigt genau an dieser Stelle auf verhängnisvoll falsche Aufklärungsmuster. Spaemann: "Kinder könnten nur dann vor Missbrauch geschützt werden, wenn sie objektive Kriterien und damit Grenzen erlernen, anstatt vermittelt zu bekommen, wie in Lehrmaterialien gängig: ‚was sich angenehm anfühlt, ist ok.’ " Sexualpädagogik müsse das Schamgefühl der Kinder und Jugendlichen respektieren. Außerdem sei eine positive Sicht von Fruchtbarkeit und Schwangerschaft unerlässlich, um nicht einer kontextlosen und letztlich banalen Sexualität Vorschub zu leisten, so Spaemann weiter. Er rief zu einer zu einer „beziehungsorientierten Sicht der Sexualität“ auf.
Sexualpädagogik in Antithese zum Mainstream
Nach eigenen Angaben hat das Expertenteam nach "intensiver Vorarbeit" ein Memorandum zur Sexualpädagogik veröffentlicht, das teilweise in "Antitehese zum Mainstream stehende Prinzipien" für Sexualpädagogik definiert. Es ist in fünf Abschnitte untergliedert: Grundsätzliches, Ziele, Qualitätsstandards in Pädagogik und Ausbildung, Inhalte und Rahmenbedingungen. Vorweg werden die Prinzipien in einem vorangestellten Teil "Über die Prinzipen" erläutert. Alle Texte sind im Internet unter der URL www.prinzipien-sexualpaedagogik.org in den fünf Sprachen Deutsch, Englisch, Französisch, Tschechisch und Ungarisch veröffentlicht.
→ 2. Ziele der Sexualpädagogik
→ 3. Qualitätsstandards der Sexualpädagogik
→ 4. Inhalte der Sexualpädagogik
Das Expertenmemorandum wurde von 20 Experten aus fünf Ländern unterzeichnet. Als Unterzeichner werden die Vertreter einschlägiger Fachgebiete auf der eigens eingerichteten Internetseite namentlich aufgelistet: → Liste der Unterzeichner.
Expertenmemorandum von großer Bedeutung für Bildungspläne
Die Vorstellungen zu einer neuen Sexualpädagogik sind von großer Relevanz für die Debatte um die umstrittenen Bildungspläne in den Bundesländern, die nach Vorstellungen der Grünen und SPD dazu dienen sollen - wie in Baden-Württemberg - Schülerinnen und Schüler im Sinne der sexuellen Vielfalt zu erziehen. Unter den Geboten von Toleranz und Akzeptanz sollen sie dazu erzogen werden, gegenüber unterschiedlichen Lebensentwürfen und verschiedenen sexuellen Ausrichtungen von Lebensstilen auf eine persönliche Wertung zu verzichten und stattdessen der Lehre von ihrer Gleichwertigkeit Folge leisten.
Ein solches, für das staatliche Bildungswesen von der Politik verordnetes Erziehungsziel stößt nach Auffassung vieler Kritiker, darunter auch die baden-württembergische CDU, auf verfassungsrechtliche Bedenken und hat bei zahlreichen Bürgern starken Protest ausgelöst, wie die Petitionsinitiative "Kein Bildungsplan 2015 unter der Ideologie des Regenbogens" eindrucksvoll belegt hat. Sie wurde von fast 200.000 Personen unterstützt. Diese Initiative forderte insbesondere von der Bildungsplankommission, ein "klares Zeichen" zu einer "verantwortungsbewussten Sexualpädagogik" zu setzen (Bild links). Doch diese Forderung stieß aufgrund der politischen Mehrheitsverhältnisse bei der grün-rot geführten Landesregierung auf taube Ohren. Das zeigte die Entscheidung des Landtages, der mit grün-roter Mehrheit gegen die Stimmen der CDU beschloss, der Petition nicht abzuhelfen (MEDRUM berichtete: die Union hatte vorgeschlagen, die Petition an die Regierung zu überweisen, um sie bei der Erarbeitung des Bildungsplanes zu berücksichtigen).
Entwicklungssensibler Umgang statt Grenzüberschreitung
Dieser Entscheidung zufolge hält die Landesregierung offenbar nichts von einem Dialog über eine verantwortungsbewusste Sexualpädagogik. In diesen Dialog hat sich kürzlich auch der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Röhrig, eingeschaltet. Im Interview mit der Katholischen Nachrichtenagentur warnte er vor dem Hintergrund der Entwicklungen in Baden-Württemberg und Niedersachsen vor Grenzüberschreitungen und plädierte für einen "entwicklungssensiblen" Umgang mit der Sexualität, bei dem Schamgrenzen nicht verletzt werden dürften. Röhrig betonte dabei: "Die Vermittlung des positiven Werts der Sexualität sollte im Vordergrund stehen. Dazu gehört auch das Thema eines verantwortungsvollen Umgangs mit der eigenen Sexualität, Respekt vor dem anderen, Vertrauen und Beziehungsfähigkeit."
Fazit
Dass ein Vorgehen wie es gegenwärtig von der baden-württembergischen Landesregierung praktiziert wird nicht nur massiv den Bürgerwillen ignoriert, sondern auch in der Sache selbst aus fachlicher Sicht vieler Experten höchst bedenklich ist, zeigen nicht zuletzt gerade die jetzt von Gerl-Falkovitz vorgestellten Prinzipien für eine neue Sexualpädagogik. Wenn Politiker nicht die Befindlichkeiten sexueller Minderheiten zum Maßstab machen würden, sondern eine verantwortungsbewusste Bildung in Fragen der Sexualität gewährleisten wollen, müssten sie innehalten und andere Wege gehen.
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