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Drei Landtagswahlen - Größter Gewinner: Grüne - Größter Verlierer: AfD


07.06.21

Drei Landtagswahlen - Größter Gewinner: Grüne - Größter Verlierer: AfD

Sehr unterschiedliche Signale für die bundespolitische Entwicklung in der Parteienlandschaft

Ein Zwischenruf von Kurt J. Heinz

(MEDRUM) Mit der gestrigen Wahl in Sachsen-Anhalt sind die in drei Bundesländern vor September stattfindenden Wahlen im Superwahljahr 2021 abgeschlossen. Es ist nun nicht nur klar geworden, wer die jeweiligen Landesregierungen in den nächsten Jahren führen wird, sondern auch, in welchem Auf- und Abwind die Parteien im Bundesgebiet stehen.

Wahlsiege der Amtsinhaber setzen kein bundespolitisches Signal

Sowohl in Baden-Württemberg (BW) und Rheinland-Pfalz (RP) als auch in Sachsen-Anhalt (SA) haben die Amtsinhaber und die von ihnen als Spitzenkandidaten geführten Parteien die Wahlen klar gewonnen.  In BW und SA konnten die Parteien der Amtsinhaber sogar deutliche Stimmengewinne verbuchen, bei der gestrigen Wahl sogar ein starker Stimmenzuwachs für die CDU von 7,3 %. Mit 37,1 % ist die CDU nicht mehr weit von der 40-Prozent-Marke entfernt. Doch aus den Siegen der Grünen in BW, der SPD in RP und der CDU in SA  kann logischerweise kein bundespolitischer Trend abgeleitet werden. Auch das Prinzip, der Amtsinhaber siegt, kann nicht auf die Bundestagswahl übertragen werden, da die Bundeskanzlerin nicht mehr als Spitzenkandidatin zur Verfügung steht und ihr Amtsbonus damit nicht mehr zum Tragen kommen kann. 

BildGrüne im klaren Aufwind

Eher können bundespolitische Trends und Schlüsse aus dem Auf- und Abwind der Parteien gezogen werden. Bei Betrachtung aller drei Wahlen und der Addition der auf die Parteien entfallenden Veränderungen der Stimmenanteile (Gewinne/Verluste Bild links) stehen die Grünen als der große Gewinner da. Der Stimmenanteil der Grünen hat sich in den drei Bundesländern insgesamt um 7,0 Prozentpunkte erhöht. Ob dieser Aufwind auch in einen Sieg ihrer Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock im Wettbewerb mit Armin Laschet münden wird, ist offen, zumal deutlich Kritik an der Kanzlerkandidatin der Grünen unter anderem im SPIEGEL kräftigen Niederschlag gefunden und zur Erkenntnis geführt hat, dass ihr Start "zu traumhaft war, um bis ins Ziel zu tragen."

Debakel für die AfD

Mit Abstand größter Verlierer ist mit minus 13,2 Prozentpunkten die AfD. Während die Grünen also auch im Bundesgebiet zumindest mit deutlichen Stimmengewinnen rechnen dürfen, muss die AfD starke Stimmenverluste befürchten. Ein beträchtlicher Teil ihrer Mandatsträger muss sich darauf einstellen, ihr Bundestagsmandat zu verlieren. Denn wie die Bewertung der Landtagswahlergebnisse bisher zeigt, denken die Spitzenpolitiker der AfD nicht an einen Kurswechsel. Für einen Großteil konservativ-bürgerlicher Wähler bleibt diese rechte Partei eine Partei der Abschreckung, die mit Teilen unter Beobachtung des Verfassungsschutzes steht, um rechtsextremistischen Gefährdungen vorzubeugen.

FDP in sicherem Fahrwasser

Ein positives Fazit kann hingegen die FDP ziehen, nicht nur wegen des Wiedereinzuges in den Landtag von Sachsen-Anhalt, sondern auch wegen des auf sie entfallenden, gewachsenen Stimmenanteils von 3 Prozentpunkten. Sie dürfte auch bundespolitisch in sicherem Fahrwasser bleiben. Die FDP wird also mit ziemlicher Sicherheit auch weiterhin im Bundestag vertreten sein und eventuell sogar als Koalitionspartner gefragt sein.

SPD und Linke im Tief

Weniger günstig fällt mit jeweils mehr als minus 4 Prozentpunkten das Fazit für SPD und Linke aus. Die Aussichten der SPD, mit ihrem Kanzlerkandidaten Olaf Scholz einen Wahlsieg im September feiern zu können, erhalten durch die Landtagswahlen keinerlei Auftrieb und rücken eher in weite Ferne. Auch die Linkspartei muss eher mageren Zeiten entgegensehen. Ein Verlust von fast 5 Prozentpunkten setzt keine positiven bundespolitischen Signale, sondern dürfte bei ihren Spitzenvertretern sogar Sorgenfalten auf die Stirn treiben.

Stabile Entwicklung für die Union?

Weniger Anlass zur Sorge hat die Union, da sie mit insgesamt 0,3 Prozentpunkten Zugewinn trotz der Zuwächse bei den Grünen auf eine stabile Entwicklung ihres Stimmenanteils hoffen darf. Die Chance stärkste Partei zu bleiben, wird durch die Landtagswahlergebnisse durchaus unterstützt. Damit ist jedoch noch nicht gesagt, dass es bei ungünstigem Verlauf nicht vielleicht auch eine Regierungskoalition ohne Beteiligung der CDU geben könnte. Aussagen darüber wären zum jetzigen Zeitpunkt jedoch verfrüht. 

Unsicherheit und Unruhe nehmen zu

Insgesamt geben die Landtagswahlen nahezu allen Parteien Grund, ihre Wahlkampfstrategie und ihr Wahlprogramm zu überdenken sowie ihren Wahlkampf zu intensivieren, um ihre Wahlziele zu erreichen. Lediglich die FDP kann derzeit mit begründeter Zuversicht davon ausgehen, dass sie mit ihrem bisherigen Kurs im September auch ihr Wahlziel erreichen wird. Die Unruhe dürfte auf Grund der bisherigen Wahlergebnisse also größer werden, der Schlagabtausch heftiger.


 

Leserbriefe

Hinter die Einschätzungen im Artikel zu den Grünen und zur AfD möchte ich Fragezeichen setzen. Ich sehe es etwas anders als der Autor. Grundsätzlich halte ich es für fragwürdig, die Ergebnisse der drei letzten Landtagswahlen vor der Bundestagswahl hinsichtlich von CDU, Grüne und FDP jeweils einfach zu saldieren. Die Bundestagswahl im Herbst wird unter ganz anderen Vorzeichen laufen als Landtagswahlen. ... Ich schließe mich der Meinung an, die die Tage zu hören und zu lesen war, dass die Bundestagswahlen in den neuen Bundesländern gewonnen und verloren werden. ... Hier ist alles möglich, zum Positiven wie zum Negativen für die Parteien. ... Ich möchte noch einmal eindringlich davor warnen, die Salden in der Grafik als Trend für die Bundespolitik zu sehen. Die Salden sind ab sofort regionale Vergangenheit, jetzt geht es um die Zukunft unseres ganzen Landes am 26. September.

Was ist der Unterschied zwischen einer Melone und den Grünen? Antwort: Es gibt keinen, äußerlich grün und innen rot. Die Grünen, nur im Anfang beseelt vom Gedanken der Naturerhaltung, fanden bald in der 68er Bewegung und der Ideologie der Frankfurter Schule, Max Horkheimer &Co. ihr eigentliches Fundament im Neo-Marxismus. Demgegenüber steht heute der Neo-Nationalismus zur Rechten. Die Parteien der Mitte werden zwischen diesen beiden Polen zerrieben und Deutschland wird hoffentlich davor bewahrt, sich nicht wiederholt zwischen dem einen und anderen Extremismus zu entscheiden. Im Übrigen: Wenn man Rot und Grün mischt, erhält man braun.